Anlieger frei: Was bedeutet das?

"Anlieger frei" steht auf der Zusatztafel unter so manchem Verkehrsschild, dass dem Verkehrsteilnehmer verbietet, die Straße zu befahren. Wer in der Fahrschule nicht immer aufgepasst hat oder sich einfach nicht mehr so richtig erinnern kann, fragt sich, ob er denn überhaupt ein Anlieger ist. Mit etwas Pech wird mit der Durchfahrt ein Bußgeld fällig. Doch wer ist nach der Straßenverkehrsordnung (StVO) nun Anlieger? Es handelt sich beim Anlieger nämlich nicht um jemanden, der ein Anliegen hat.

Autor:  Redaktion DAHAG Rechtsservices AG.

Definition: Wer ist ein Anlieger?

Anlieger sind Bewohner (Anwohner) und Nutzungsberechtigte von Grundstücken an einer Verkehrsfläche, die Zugang oder -fahrt zu den Grundstücken ermöglicht. Im Verkehrsrecht gibt es dazu z. B. für das Zeichen Nr. 250 der StVO - Straßenverkehrsordnung (Verbot für Fahrzeuge aller Art) den Zusatz "Anlieger frei". Anlieger sind in diesem Zusammenhang alle Personen, die mit Grundstückseigentümern oder Bewohnern in Beziehung treten wollen. Diese sind somit auch zur Durchfahrt berechtigt.

Ganz falsch ist der Gedanke mit dem Anliegen dann aber doch nicht. Auch Patienten von Arztpraxen oder Kunden von Geschäften oder Kanzleien gelten als Anlieger. Ebenso wie private Besucher eines Bewohners der Straße. Dabei spielt es auch keine Rolle, ob der Autofahrer den Bewohner auch angetroffen hat. Wer also vorhat, jemanden in einer Anliegerstraße zu besuchen oder abzuholen, der darf unbesorgt einfahren.

Möchte ein Autofahrer die Anliegerstraße aber nur für eine Abkürzung verwenden oder sucht in den generell verkehrsruhigeren Straßen nach einem Parkplatz, so begeht er nach dem Straßenverkehrsrecht eine Ordnungswidrigkeit und muss mit einem Bußgeld (siehe Tabelle) rechnen.

Im öffentlichen Recht ist mit der Eigenschaft als Anlieger die Pflicht verbunden, sich an den Kosten der Erschließung des Grundstücks, also z.B. den Ausbau einer Straße, anteilig zu beteiligen (sog. Erschließungsbeitrag). Nach §129 Abs. I Satz 3 des Baugesetzbuches (BauGB) hat die zuständige Gemeinde lediglich mindestens 10 Prozent der Kosten selbst zu tragen. Es kann aber zulässig sein, wenn die Gemeinde den Eigenanteil höher ansetzt. Der genaue Verteilungsmaßstab und das Verfahren hierzu sind in der Regel in kommunalen Satzungen geregelt. Hierbei können für die Anlieger oft immense Kosten entstehen.

Zusatztafel "Anlieger frei": Welche Sonderregelungen gibt es?

Verkehrsschilder mit Zusatztafeln regeln das Durchfahrtsverbot unterschiedlicher Kraftfahrzeuge:

![Anlieger frei Motorrad](http://www.deutsche-anwaltshotline.de/contentbilder/anlieger-frei-motorrad.png)Hier dürfen alle Fahrradfahrer passieren. Mit dem Motorrad, Auto oder dem Lkw dürfen nur Anlieger hineinfahren.
![ Anlieger frei Auto](http://www.deutsche-anwaltshotline.de/contentbilder/anlieger-frei-auto.png)Hier dürfen alle Fahrrad- und Motorradfahrer passieren. Mit Auto oder Lkw dürfen nur Anlieger hineinfahren.
![Anlieger frei LKW](http://www.deutsche-anwaltshotline.de/contentbilder/anlieger-frei-lkw.png)Hier dürfen alle Kfz bis 3,5 Tonnen passieren. Nur Anlieger dürfen mit dem Lkw über 3,5 Tonnen hineinfahren. Das kann z. B. in Industriebieten der Fall sein.
![Anlieger frei land- und forstwirtschaftlicher Verkehr](http://www.deutsche-anwaltshotline.de/contentbilder/anlieger-frei-landwirtschft2.png)Hier dürfen nur Verkehrsteilnehmer die Anliegerstraße passieren, die gewerblich mit der Land- oder Forstwirtschaft zu tun haben. Es geht dabei also nicht darum, dass Mähdrescher und Traktoren diese Straße nutzen dürfen, sondern berechtigt nur Verkehrsteilnehmer als Anlieger, die an dieser Straße ihren land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb haben.
![Anlieger frei bis Baustelle](http://www.deutsche-anwaltshotline.de/contentbilder/anlieger-frei-baustelle.png)Hierbei dürfen Anlieger eine ansonsten wegen Baustelle gesperrte Straße befahren.

Wer darf parken bei "Anlieger frei"?

Häufig sind Anliegerstraßen nicht so zugeparkt wie normale Durchfahrtstraßen. Verlockend also, sich dort einen Parkplatz zu schnappen. Aber das kann teuer werden, denn das Straßenverkehrsrecht legt ganz klar fest, wann dort geparkt werden darf und wann nicht. Parken darf dort jeder, der jemanden besucht – egal ob er ihn antrifft oder nicht – oder wer in der Anliegerstraße arbeitet oder einkaufen möchte.

Wer allerdings in einer solchen Straße parkt, ohne eine der oben genannten Voraussetzungen zu erfüllen, der muss mit einem Bußgeld rechnen. Also beispielsweise wenn sich der Supermarkt in einer anderen Straße befindet, die nicht zum Anliegerbereich gehört.

Auch die Dauer der Parkzeit muss nachvollziehbar und angemessen sein. Ausreden müssen wohl überlegt sein. Denn niemand kann plausibel erklären, warum er länger als fünf Minuten parkt, nur um den Zigarettenautomaten zu benutzen oder warum es den ganzen Tag dauert, im Supermarkt einzukaufen.

Welche Bußgelder drohen bei "Anlieger frei"?

Eine Anliegerstraße als Abkürzung zu nutzen oder um einen ersehnten Parkplatz zu ergattern, hat auf Autofahrer natürlich einen verführerischen Reiz. Doch wer sich erwischen lässt, muss mit einem Bußgeldbescheid rechnen. Das übersteigt meist die Benzinkosten bei Weitem, die für den längeren Weg oder die Parkplatzsuche notwendig gewesen wären.

Art des KfzHöhe des Bußgelds
Fahrrad - mit Verkehrsbehinderung - mit Gefährdung - mit Sachbeschädigung10 Euro 15 Euro 20 Euro 25 Euro
Pkw unter 3,5 Tonnen15 Euro
Motorrad15 Euro
Wohnmobil20 Euro
Pkw mit Anhänger20 Euro
Kfz über 3,5 t20 Euro

Auch wer sich beim Parken in einer Anliegerstraße erwischen lässt, ohne als Anlieger zu gelten, muss zahlen. Dabei schwankt die Höhe des Bußgeldes und ist im Einzelfall von der Stadt oder der Gemeinde abhängig. Aber auch hier kommt ein Parkhaus oder ein kostenpflichtiger Parkplatz häufig günstiger daher, als ein Knöllchen wegen Parkens in einem Anliegergebiet.

In seltenen Fällen dürfen ordnungswidrig geparkte Fahrzeuge auch abgeschleppt werden. Etwa wenn der Parksünder trotz Verbot eine private Einfahrt oder gar einen gemieteten Parkplatz blockiert. In solchen Fällen dürfen Privatpersonen, wie etwa tatsächliche Anlieger, einen Abschleppdienst in Anspruch nehmen. Die Kosten dafür muss man allerdings vorstrecken und danach vom Falschparker einfordern.

Wer bei Anliegerverkehr unrechtmäßig gar auf einem Radweg oder auf Behindertenparkplätzen parkt, der macht wird ebenso abgeschleppt. Die Kosten für den Abgeschleppten variieren von Region zu Region – teuer wird es aber allemal.


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