Abschichtungsvereinbarung: So verlassen Sie die Erbengemeinschaft

Alleinerben haben es einfach: Sie kommen nach einem Todesfall in den Besitz des gesamten Nachlasses und können frei darüber verfügen. Wer jedoch mit anderen zusammen erbt, der wird automatisch Teil einer Erbengemeinschaft – und dies geht häufig mit Konflikten einher. Die Erben müssen dann gemeinsam über den Nachlass verfügen und diesen untereinander aufteilen, was gerade bei einem umfangreichen Nachlass durchaus mehrere Jahre dauern kann. Doch es gibt einen Ausweg: Mit der Abschichtungsvereinbarung können Sie die Erbengemeinschaft freiwillig verlassen.

Autor:  Redaktion DAHAG Rechtsservices AG.

Abschichtungsvereinbarung: Das Wichtigste in Kürze

Wozu dient eine Abschichtungsvereinbarung?

Wer gemeinsam mit anderen erbt, der wird automatisch Teil einer Erbengemeinschaft. In dieser gilt der Grundsatz: „Alles gehört zunächst allen.“ Damit jeder einzelne Erbe über seinen Erbteil verfügen kann, muss die Erbengemeinschaft diesen im Rahmen einer Erbauseinandersetzungaufteilen. Umfasst der Nachlass nur Geld, ist die Sache meist schnell erledigt: Gibt es etwa drei gleichberechtigte Erben, dann erhält jeder ein Drittel der Summe.

Wesentlich schwieriger wird es hingegen, wenn Vermögenswerte wie Unternehmensanteile oder Immobilien zum Nachlass gehören. Oft will dann etwa ein Erbe verkaufen, der andere hätte das Familienheim gerne für sich selbst und wieder ein anderer möchte zunächst vermieten, um später von einer potenziellen Wertsteigerung zu profitieren. Bis sich die Erben geeinigt haben, können gut und gerne mehrere Jahre vergehen. Kommt es zu keiner Einigung, muss im schlimmsten Fall ein Gericht eingreifen. Bei Immobilien kommt es dann häufig zur sogenannten Teilungsversteigerung, bei welcher oft nur ein Bruchteil des eigentlichen Immobilienwertes erzielt werden kann – unterm Strich ein Verlustgeschäft für alle Beteiligten.

Wenn absehbar ist, dass Sie sich in Ihrer Erbengemeinschaft nicht einigen können und wenn Sie sich den Ärger ersparen wollen, können Sie die Gemeinschaft im Rahmen der Abschichtung freiwillig verlassen.

Was ist eine Abschichtungsvereinbarung?

Wenn Sie mit Ihren Miterben eine Abschichtungsvereinbarung schließen, dann verzichten Sie freiwillig auf Ihren Erbanteil und es folgt die sogenannte Anwachsung: Ihr Erbanteil geht daraufhin automatisch auf Ihre Miterben über. Da Sie den Erbteil genau genommen nicht aktiv übertragen, ist für eine derartige Vereinbarung – anders als etwa beim Verkauf eines Erbteils – meist keine notarielle Beurkundung nötig.

Da kaum jemand freiwillig und ohne Ausgleich auf seinen Erbteil verzichtet, geht die Abschichtung in der Regel mit einer Abfindung einher. Wie hoch diese ausfällt, ist jedoch nicht gesetzlich geregelt: Häufig geht eine Abschichtung darauf zurück, dass einer der Erben in finanziellen Schwierigkeiten steckt und das Geld aus dem Nachlass möglichst zeitnah haben will. Diese prekäre Lage ist den Miterben häufig bewusst, weshalb die Abfindung meist deutlich unter dem Wert des eigentlichen Erbanteils liegt.

Wann ist eine Abschichtung sinnvoll?

Der große Vorteil der Abschichtungsvereinbarung liegt auf der Hand: Tritt ein Erbe aus der Erbengemeinschaft aus, erhöht das meist die Chancen für die Miterben, doch noch einen Kompromiss zu finden. Jahrelange Konflikte können so vermieden werden, was häufig auch dem Familiensegen zugutekommt.

Beispiel für sinnvolle Abschichtungsvereinbarung

Frau Keller hat gemeinsam mit Ihren beiden Brüdern ein Haus geerbt. Aufgrund ihrer hohen Schulden könnte sie Ihren Anteil am Verkaufserlös gut gebrauchen, weshalb Sie für einen zügigen Verkauf plädiert. Ihre eher gut situierten Brüder sehen das jedoch anders und wollen das Haus zunächst aufwendig und kostenintensiv renovieren, um es später idealerweise zu einem höheren Preis verkaufen zu können. Es bahnt sich eine langwierige Erbauseinandersetzung an, die für alle Beteiligten eine emotionale Belastung darstellt. Frau Keller entscheidet sich daher dafür, Ihren Erbteil im Rahmen der Abschichtung gegen eine angemessene Abfindung aufzugeben.

Vorsicht: Erbe haftet nach Abschichtungsvereinbarung weiter

Wenn Sie eine Abschichtung ins Auge fassen, dann sollten Sie eines wissen: Zwar verzichten Sie auf Ihren Erbanteil, doch haften Sie gegenüber Dritten bei Nachlassverbindlichkeiten weiter. Das liegt daran, dass die Vereinbarung nur im sogenannten Innenverhältnis – also zwischen Ihnen und Ihren Miterben – greift. Hatte der Erblasser etwa Schulden bei der Bank, kann diese auch weiterhin Sie belangen.

Sie haben zwei Möglichkeiten, dies zu verhindern:

  • Sie vereinbaren mit allen Gläubigern eine Haftungsfreistellung.
  • Sie vereinbaren mit Ihren Miterben eine Haftungsfreistellung, die auch gegenüber Dritten greift. Diese kann direkt als Klausel in die Abschichtungsvereinbarung aufgenommen werden.

Form und Inhalt: Wie muss eine Abschichtungsvereinbarung aussehen?

In den meisten Fällen genügt für Ihre Abschichtungsvereinbarung ein formloses Schreiben. Nichtsdestotrotz gilt: Schon aus Eigeninteresse sollten Sie die Konditionen möglichst detailliert festhalten (zum Beispiel Höhe und Zahlungsmodalitäten der Abfindung). So vermeiden Sie, dass es später doch noch zu Streitigkeiten mit Ihren Miterben kommt.

Wenn Sie auf Ihren Erbanteil verzichten, dann sollten Sie sich durch die sogenannte „aufschiebende Bedingung“ absichern: Hierbei handelt es sich um eine Klausel, mit der Sie festlegen, dass Ihr Erbanteil erst dann auf Ihre Miterben übergeht, wenn Sie die Abfindung erhalten haben.

Die notarielle Beurkundung der Vereinbarung ist nur nötig, wenn der Nachlass auch Immobilien, Grundstücke oder GmbH-Anteile umfasst. Insgesamt halten sich die Kosten für die Abschichtungsvereinbarung so im Rahmen: Wenn es sich um einen Nachlass von eher geringem Wert handelt und Sie auf einen Notar und auf rechtlichen Rat verzichten, können Sie den Vertrag sogar gänzlich kostenlos schließen.

Gibt es Alternativen zur Abschichtung?

Eine Abschichtung ist schnell, unkompliziert und effizient, weshalb sie verhältnismäßig häufig zum Einsatz kommt. Nichtsdestotrotz sollten Sie sich auch mit den Alternativen auseinandersetzen.

Erbteilsverkauf

Gemäß § 2033 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) steht es grundsätzlich jedem Erben frei, seinen Erbanteil an Dritte zu verkaufen. Wichtig: Sie verkaufen dabei nicht etwa einzelne Vermögensgüter, sondern Ihren Anspruch auf Ihren Erbteil. Denn bis zur Erbauseinandersetzung gehört in der Erbengemeinschaft zunächst alles allen. Ihre Miterben können Sie nicht am Verkauf hindern und Sie müssen diese nicht einmal darüber in Kenntnis setzen. Allerdings haben sie gemäß § 2034 BGB ein Vorkaufsrecht und können anstatt des Käufers in den Kaufvertrag eintreten. Die Miterben müssen dann allerdings die Konditionen akzeptieren, die Sie dem unbeteiligten Käufer gemacht haben. Es gibt allerdings Einschränkungen: So kommt der Erbteilsverkauf nicht infrage, wenn Immobilien im Spiel sind.

Schenkung des Erbteils an Dritte

Beim Erbteilsverkauf haben Ihre Miterben ein Vorkaufsrecht. Wenn Sie auf Biegen und Brechen verhindern wollen, dass Ihre Miterben an Ihren Erbteil gelangen, dann können Sie diesen an eine dritte Person verschenken. Bedenken Sie jedoch, dass der oder die Beschenkte unter Umständen Schenkungssteuer zahlen muss.

Erbauseinandersetzungsklage

Mitunter sind die Fronten in Erbengemeinschaften so verhärtet, dass eine gütliche Einigung nicht mehr realistisch ist. In diesem Fall hat jeder der Erben das Recht, eine Erbauseinandersetzungsklage einzureichen. Ein Gericht sieht sich den Nachlass dann an und teilt diesen gemäß der Erbteilsansprüche unter den Erben auf. Damit dies möglich ist, muss der Nachlass jedoch zunächst zu Geld gemacht werden: Das bedeutet, dass liebgewonnene Erbstücke und auch Immobilien zwangsversteigert werden. Die Erbauseinandersetzungsklage sollte daher immer das letzte Mittel sein.


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