Betreuungsunterhalt (2024): Anspruch, Berechnung, Rechtsberatung
Schluss, aus, vorbei! Die Beziehung funktioniert nicht mehr. Nach Monaten voller Streit gehen die Partner getrennte Wege. Doch wer kümmert sich nun um die gemeinsamen Kinder und wie soll derjenige sein Leben finanzieren, wenn die Kinder noch zu klein für eine Fremdbetreuung sind? Genau dafür gibt es den Betreuungsunterhalt. Wer darauf Anspruch hat, wer wie lange zahlen muss und um wie viel Geld es dabei geht, lesen Sie in diesem Beitrag.
- Betreuungsunterhalt: Was Eltern nach einer Trennung wissen müssen
- Was ist Betreuungsunterhalt?
- Wer hat Anspruch auf Betreuungsunterhalt?
- Wie lange kann ich Betreuungsunterhalt beziehen?
- Betreuungsunterhalt berechnen: Wie viel steht mir zu?
- Was, wenn mein Ex-Partner den Betreuungsunterhalt nicht zahlen will?
- Sonderregeln für unverheiratete Eltern
Betreuungsunterhalt: Was Eltern nach einer Trennung wissen müssen
Orna und Matti haben einen gemeinsamen Sohn. Der Kleine ist noch nicht geboren, als seine Eltern entscheiden, sich zu trennen. Verheiratet waren die beiden nie. Anders als Ornas älterer Bruder, Otto. Otto hat zwei Kinder mit seiner Frau, mit der er fünf Jahre verheiratet war. Die Trennung ist jetzt ein gutes Jahr her, die Scheidung gerade abgeschlossen, die beiden zweijährigen Zwillinge bleiben bei Otto. Orna und Otto haben nach der Trennung die Betreuung der Kinder übernommen. Ihre Partner*innen sehen ihren Nachwuchs zwar regelmäßig, aber die Kleinen leben nicht bei ihnen. Das hat zur Folge, dass weder Orna noch Otto derzeit arbeiten können. Stattdessen bekommen sie Betreuungsunterhalt von ihren Ex-Partner*innen.
Was ist Betreuungsunterhalt?
Der Betreuungsunterhalt steht dem Elternteil zu, das sich nach einer Trennung hauptsächlich um die gemeinsamen Kinder kümmert. Er wird vom anderen Elternteil gezahlt und soll dafür sorgen, dass der Betreuer der Kinder für sich und den Nachwuchs einen angemessenen Lebensstandard halten kann – auch wenn er gerade nicht arbeiten gehen kann, weil die Kinder noch zu klein sind.
Ganz wichtig: Betreuungsunterhalt ist nicht dasselbe wie Kindesunterhalt. Der Kindesunterhalt ist Geld, dass Vater oder Mutter an den Ex-Partner zahlen, bei dem das Kind lebt. Der soll damit aber die Bedürfnisse des Kindes wie Nahrung oder Kleidung erfüllen. Der Betreuungsunterhalt kommt dem betreuenden Elternteil selbst zu Gute. Er kann damit seinen Lebensunterhalt bestreiten, für den er nicht selbst aufkommen kann, solange er (kleine) Kinder allein betreuen muss.
Wer hat Anspruch auf Betreuungsunterhalt?
Anspruch haben Mütter und Väter gleichermaßen. Es kommt nur darauf an, wer die Kinder hauptsächlich betreut. Außerdem ausschlaggebend: Das Alter der Kinder und ob, beziehungsweise wie viel, der betreuende Elternteil arbeiten kann – ob er also (auch) selbst für seinen Lebensunterhalt aufkommen kann.
Gut zu wissen: Betreuungsunterhalt kommt in der Regel nur in Betracht, wenn Eltern sich für ein eher traditionelles Modell der Kinderbetreuung nach einer Trennung entscheiden. Ein Modell also, bei dem die Kinder die meiste Zeit bei einem Elternteil leben und dort ihren Lebensmittelpunkt haben, während sie den anderen nur zum Beispiel an den Wochenenden sehen. Bei anderen Modellen (Wechselmodell), bei dem sich die Eltern die Betreuung der Kinder auch nach der Trennung gleichberechtigt aufteilen, wird in der Regel kein Betreuungsunterhalt gezahlt, weil beide ausreichende Zeit haben, zumindest in Teilzeit zu arbeiten.
Wie lange kann ich Betreuungsunterhalt beziehen?
Dazu heißt es in § 1570 Bürgerliches Gesetzbuch: „Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes für mindestens drei Jahre nach der Geburt Unterhalt verlangen.“ Der Gesetzgeber geht davon aus, dass ältere Kinder in einer Kindertagesstätte betreut werden können und der betreuende Elternteil ab diesem Zeitpunkt allmählich wieder arbeiten gehen kann.
Allerdings können Mutter oder Vater eine Verlängerung der Zahlungen beantragen. Dieser Antrag wird aber in jedem Einzelfall vom Gericht geprüft und der Antragsteller muss gute Gründe vorlegen (und nachweisen), aus denen er länger auf den Betreuungsunterhalt angewiesen ist. Mögliche Gründe können sein:
- Dem Kind kann eine Fremdbetreuung (noch) nicht zugemutet werden – zum Beispiel, weil es in seiner Entwicklung noch nicht so weit, krank oder behindert ist.
- Es gibt keine zumutbare Kinderbetreuung. Wenn es in Wohnortnähe keine freien Plätze in einer Kinderbetreuungseinrichtung gibt, kann das ein Grund für einen längeren Bezug von Betreuungsunterhalt sein.
- Es greift der Grundsatz der nachehelichen Solidarität. Das meint: Absprachen zur Kinderbetreuung, die beide Partner in der Ehe getroffen haben, dürfen nach der Scheidung nicht einem von beiden auf die Füße fallen. Ein Beispiel: Die Eltern haben in der Ehe gemeinsam entschieden, dass einer von beiden seinen Beruf aufgeben soll, um die Kinder zu betreuen, bis sie in die Schule kommen. Derjenige steht nach der Trennung nun also ohne Job da. In diesem Fall muss der andere einspringen und aushelfen. Je nachdem, wie das Gericht die Vereinbarung beurteilt, muss er unter Umständen auch länger als nur bis zum dritten Lebensjahr des Kindes Betreuungsunterhalt zahlen.
Gut zu wissen: Die Regeln gelten übrigens genauso auch für Eltern, die nie verheiratet waren. Die Rechtsgrundlage ist allerdings eine andere und einige Besonderheiten gibt es in den Details. Welche das sind, können Sie im Abschnitt „Sonderregeln für unverheiratete Eltern“ nachlesen.
Betreuungsunterhalt berechnen: Wie viel steht mir zu?
Pauschal lässt sich die Höhe des Betreuungsunterhalts nicht festlegen. Hier empfiehlt es sich, einen Experten für Familienrecht hinzuzuziehen. Wichtig für die Berechnung des Betreuungsunterhalts sind nämlich nicht nur die bereinigten Nettoeinkünfte der Ex-Partner, sondern auch die Frage nach vorrangigen Verpflichtungen.
Im Grundsatz gilt aber bei der Berechnung des Betreuungsunterhalts in den meisten Fällen die 3/7-Regel. Das bedeutet: Dem betreuenden Elternteil stehen 3/7 der Einkommensdifferenz zu. Klingt kompliziert, ist es aber nur bedingt.
Ein Beispiel: Otto aus unserem Eingangsbeispiel verdient zum Zeitpunkt der Trennung von seiner Ex-Frau 1.200 Euro im Monat. Seine Frau hat ein Monatseinkommen von 3.500 Euro. Die Differenz zwischen ihrem und seinem Einkommen beträgt also 2.300 Euro. Davon stehen Otto 3/7 als Betreuungsunterhalt zu. Das wären also 985,71 Euro im Monat. Gut zu wissen: In der Praxis wird er weniger Betreuungsunterhalt bekommen, denn je nach Bundesland werden sogenannte berufsbedingt Aufwendungen und Zahlungsverpflichtungen seiner Ex-Frau etwa für eine Lebensversicherung oder Kreditraten noch von dieser Summe abgezogen.
Aber Vorsicht: Betreuungsunterhalt müssen Geschiedene nur zahlen, wenn ihnen selbst danach genug zum Leben bleibt. Um das zu beurteilen, gibt es den sogenannten Selbstbehalt, der in der Düsseldorfer Tabelle festgelegt wird. Für 2024 liegt der bei 1.450 Euro für Unterhaltspflichtige, die erwerbstätig sind. Wer keinen Job hat, aber Unterhalt zahlen müsste, kann sich auf einen Selbstbehalt von 1.200 Euro im Monat berufen. Dieser Betrag ist geschützt. Würde etwa der Ex-Frau von Otto nach Abzug des Unterhalts weniger Geld als diese 1.450 Euro zur Verfügung stehen, wird der Betreuungsunterhalt gekürzt. Otto bekäme dann weniger Geld.
Ein Beispiel: Nehmen wir an, die Einkommenssituation von Otto und seiner Partnerin hätte zum Zeitpunkt der Trennung anders ausgesehen – er hätte 500 Euro verdient, die Partnerin nur 1.500 Euro monatlich. Die Einkommensdifferenz hätte 1.000 Euro betragen. 3/7 davon, also 428,57 Euro, stünden Otto rein theoretisch als Betreuungsunterhalt zu. Damit blieben seiner Ex-Frau aber nur noch 1.071,43 Euro, also weniger als der Selbstbehalt. Da das nicht erlaubt ist, bekommt Otto nur 50 Euro Betreuungsunterhalt.
Gut zu wissen: In der Praxis würde Otto in diesem Fall sogar noch weniger oder gar kein Betreuungsunterhalt zustehen, denn seine Ex-Partnerin muss ja auch Kindesunterhalt zahlen und der wird immer vorrangig behandelt.
Was, wenn mein Ex-Partner den Betreuungsunterhalt nicht zahlen will?
Weigert sich der Ex-Partner Betreuungsunterhalt zu zahlen, obwohl er dazu verpflichtet wäre und finanziell dazu in der Lage ist, bleibt Ihnen nur noch der Gang zum Anwalt. Der wird Ihren Ex-Partner in Zahlungsverzug setzen. Das bedeutet: Er erhält ein Schreiben mit der Aufforderung, den Betreuungsunterhalt umgehend zu leisten. Dabei setzt der Anwalt eine Frist, bis zu der die erste Zahlung spätestens erfolgt sein muss. Verstreicht diese Frist, ohne dass Sie das Geld erhalten haben, befindet sich ihr Ex-Partner in Zahlungsverzug.
Auf den ersten Blick scheint das unnötiger, bürokratischer Aufwand. Doch juristisch betrachtet ist dieses Schreiben sehr wichtig. Nur wenn Sie Ihren Ex-Partner in Zahlungsverzug gesetzt haben, können Sie den Betreuungsunterhalt auch nachträglich geltend machen. Sie haben dann ein Jahr Zeit, Ihren Ex-Partner zur Zahlung zu zwingen – zum Beispiel durch eine Anordnung des Familiengerichts. Entscheidet das zu Ihren Gunsten, muss Ihr Ex den Betreuungsunterhalt nicht nur ab dem Zeitpunkt der Gerichtsentscheidung leisten, sondern auch rückwirkend für die Monate ab Eintritt des Zahlungsverzugs.
Sonderregeln für unverheiratete Eltern
Grundsätzlich steht nicht nur verheirateten Partnern nach einer Scheidung Betreuungsunterhalt zu. Auch, wenn Sie mit Ihrem Ex nie verheiratet waren, haben Sie Anspruch auf Unterstützung, wenn Sie nach der Trennung wegen der Kinderbetreuung nicht arbeiten können. Der Rechtsanspruch ist in diesem Fall allerdings in §1615l Bürgerliches Gesetzbuch geregelt. Im Wesentlichen besteht der gleiche Anspruch wie für Verheiratete:
- Betreuungsunterhalt steht dem Elternteil zu, das die Kinder nach der Trennung betreut und deshalb nicht arbeiten kann.
- Betreuungsunterhalt wird bis zum dritten Geburtstag des Kindes gezahlt. Es kann im Einzelfall aber auch verlängert werden, wenn wichtige Gründe dagegen sprechen, das Kind fremdbetreuen zu lassen.
- Auch der Vater kann nach diesen Regelungen Anspruch auf Betreuungsunterhalt haben.
Darüber hinaus gelten für unverheiratete Paare oder vielmehr für unverheiratete Mütter aber einige Sonderregeln:
- Der Vater muss schon in den sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt Betreuungsunterhalt leisten. Das ist die Zeit des gesetzlichen Mutterschutzes. Hier soll und kann die werdende Mutter nicht mehr arbeiten, hat also unter Umständen Einkommenseinbußen. Dass der Vater nun einspringen und Unterhalt zahlen muss, soll verhindern, dass ledige Mütter schlechter gestellt sind als verheiratete. In einer Ehe sind die Ehepartner sich gegenseitig zur finanziellen Unterstützung verpflichtet. Das heißt, einer muss den Lebensunterhalt des anderen mitfinanzieren, wenn der nicht arbeiten kann. Für unverheiratete Paare gibt es eine solche Pflicht nicht. Doch da an einer Schwangerschaft beide „mitgewirkt“ haben, verhindert der Gesetzgeber mit diesem Paragrafen, dass nur die ledige Mutter die finanziellen Folgen tragen muss.
- Der Vater muss auch für die Kosten aufkommen, die infolge der Schwangerschaft oder der Geburt entstehen, wenn die Krankenkasse dafür nicht zahlt. Laut §1615m BGB muss der Vater auch für die Beerdigungskosten aufkommen, wenn die Mutter infolge der Schwangerschaft oder Geburt stirbt und keine Erben da sind, die die Beerdigung zahlen können.
- Unter Umständen muss der Vater schon vier Monate vor der Geburt Unterhalt leisten – nämlich dann, wenn die Mutter durch die Schwangerschaft krank wird beziehungsweise ein Beschäftigungsverbot erhält und folglich nicht mehr selbst für ihren Unterhalt aufkommen kann.
In unserem Eingangsbeispiel sind Orna und Matti von diesen Regelungen betroffen. Sie haben sich noch vor der Geburt ihres gemeinsamen Sohnes getrennt. Orna ging es in der Schwangerschaft allerdings gut. Matti muss für Sie also erst mit dem Mutterschutz – also sechs Wochen vor der Geburt – Unterhalt zahlen. Danach leistet er Kindesunterhalt und zahlt bis zum dritten Geburtstag des Kleinen zusätzlich Betreuungsunterhalt für Orna.