Verschlimmerungsantrag für höheren Grad der Behinderung (GdB): Chancen, Risiken und Tipps für den Widerspruch

Der Grad der Behinderung (GdB) spielt eine zentrale Rolle bei der Gewährung von Nachteilsausgleichen für Menschen mit Behinderungen. Ein GdB von 50 oder mehr führt zur Anerkennung des Schwerbehindertenstatus und ermöglicht den Zugang zu verschiedenen Leistungen und Schutzrechten. Doch was passiert, wenn sich der Gesundheitszustand verändert? Wann ist ein Neufeststellungsantrag sinnvoll, und welche Risiken birgt er? Und wie sollte man vorgehen, wenn ein Antrag abgelehnt wird?

Autor:  Redaktion DAHAG Rechtsservices AG.

Das Wichtigste in Kürze

Was ist ein GdB-Verschlechterungsantrag?

Ein "Verschlimmerungsantrag" oder „Verschlechterungsantrag“, offiziell Neufeststellungsantrag genannt, dient dazu, den aktuellen GdB an veränderte gesundheitliche Bedingungen anzupassen. Wenn sich der Gesundheitszustand einer Person verschlechtert oder neue Beeinträchtigungen hinzukommen, kann ein solcher Antrag gestellt werden, um einen höheren GdB und damit verbundene zusätzliche Nachteilsausgleiche zu erhalten. 

Der Verschlimmerungsantrag kann formlos gestellt werden, sollte aber bestimmte Mindestangaben enthalten:

  • Angaben zur Person, Kontaktdaten und Krankenkasse
  • Früheres Geschäftszeichen / Aktenzeichen
  • Angaben zur Behinderung oder Gesundheitsstörung, die sich verschlimmert hat oder hinzugekommen ist
  • Angaben und Kontaktdaten der behandelnden Ärzte

Richten Sie den Antrag an die jeweils zuständige Behörde. In einigen Bundesländern ist das Versorgungsamt zuständig, in anderen die Landesämter für Soziales, Jugend und Familie. Am besten nutzen Sie die Online-Anträge der jeweiligen Ämter oder laden Sie den Verschlimmerungsantrag als pdf von deren Website herunter. Dort sehen Sie im Detail, welche Angaben nötig sind.  

Das Verfahren ähnelt der Erstfeststellung und es wird der gesamte Gesundheitszustand der Betroffenen überprüft, damit der GdB den tatsächlichen Beeinträchtigungen entspricht. Meist sind dazu neue ärztliche Gutachten nötig. Reichen Sie daher bei der Antragsstellung alle relevanten medizinischen Unterlagen ein. Der Antrag kann weitreichende Auswirkungen auf spezifische Schutzrechte betroffener Personen und Ihre Möglichkeit der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben haben. Deshalb sollten Sie die damit verbundenen Risiken, insbesondere die Möglichkeit einer Herabsetzung des GdB, sorgfältig abwägen.

Bedeutung und Vorteile eines Verschlechterungsantrags

  • Erweiterte Nachteilsausgleiche: Ein höherer GdB von 50 oder mehr kann zu zusätzlichen Vorteilen führen, wie der Möglichkeit eines früheren Rentenbeginns, einem erhöhten Kündigungsschutz, steuerlichen Erleichterungen oder zusätzlichen Urlaubstagen.
  • Schwerbehindertenausweis: Ein Grad der Behinderung von 50 oder mehr berechtigt zum Erhalt eines Schwerbehindertenausweises, der als Beleg für die Inanspruchnahme verschiedener Vergünstigungen dient.

Risiken und Nachteile eines Neufeststellungsantrags

  • Möglichkeit der Herabsetzung des GdB: Bei der Neufeststellung wird der gesamte Gesundheitszustand überprüft. Dabei kann es passieren, dass der GdB nicht erhöht, sondern herabgesetzt wird, wenn die Behörde zu dem Schluss kommt, dass die Beeinträchtigungen geringer sind als zuvor angenommen.
  • Verlust von Nachteilsausgleichen: Eine Herabsetzung des GdB kann den Verlust bestimmter Vergünstigungen bedeuten, beispielsweise den Wegfall des Schwerbehindertenstatus. 

Wann ist Vorsicht geboten?

Personen, die kurz vor dem Eintritt in die Altersrente für Schwerbehinderte stehen, sollten mit einem Neufeststellungsantrag vorsichtig sein. Es wird empfohlen, den Antrag erst nach Beginn des Ruhestands zu stellen, um mögliche Nachteile zu vermeiden. 

Auch wenn sich Ihr Gesundheitszustand nicht wesentlich verändert hat, sollten Sie von einem Verschlechterungsantrag absehen, um das Risiko einer Herabsetzung zu minimieren. Vorübergehende gesundheitliche Verschlechterungen werden in der Regel nicht berücksichtigt. Konsultieren Sie am besten Ihren behandelnden Arzt, um eine Einschätzung über die Erfolgsaussichten eines höheren GdB zu erhalten.

Gründe für eine Herabsetzung des GdB

Der GdB kann herabgesetzt werden, wenn sich Ihr Gesundheitszustand stabilisiert oder gebessert hat, beispielsweise durch eine Operation, oder wenn nach einer Behandlung bestimmte Erkrankungen oder Beeinträchtigungen nicht mehr bestehen.

Ein häufiger Anlass für die Herabsetzung des GdB ist die sogenannte Heilungsbewährung. Dabei handelt es sich um den Zeitraum von 5 Jahren nach der Behandlung einer schweren Krankheit, in dem der langfristige Erfolg einer Therapie noch nicht sicher bewertet werden kann. Nur 2 Jahre dauert die Heilungsbewährung in bestimmten Fällen, zum Beispiel nach Organtransplantationen oder der Entfernung eines Tumors in einem frühen Stadium.

Auch gesetzliche Änderungen können eine Neubewertung erforderlich machen. 

Wichtig:

Eine Herabsetzung des GdB darf nicht rückwirkend erfolgen. Allerdings kann sie auch Jahre nach einer Verbesserung der gesundheitlichen Beeinträchtigungen für die Zukunft wirksam werden – selbst, wenn ein unbefristeter Schwerbehindertenausweis vorliegt.

Vorgehen bei Ablehnung des Antrags: Das Widerspruchsverfahren

Wenn Sie ein Anhörungsschreiben erhalten, in dem die jeweils zuständige Behörde (in einigen Bundesländern das Versorgungsamt) eine Nachprüfung und Herabsetzung des GbB ankündigt, sollten Sie schnell reagieren und die Möglichkeit zum Widerspruch nutzen. Dieses Verfahren dient dazu, die Entscheidung der Behörde nochmals überprüfen zu lassen, bevor der Antrag auf Feststellung oder Erhöhung des Gdb abgelehnt wird und Sie gegebenenfalls den Klageweg bestreiten müssen.

Fristen und Form des Widerspruchs

Den Widerspruch müssen Sie innerhalb eines Monats nach Erhalt des Bescheids schriftlich bei der zuständigen Behörde einlegen oder dort persönlich zur Niederschrift erklären. 

Zunächst genügt ein Schreiben, in dem Sie Ihren Widerspruch gegen den Bescheid erklären. Eine ausführliche Begründung können Sie (möglichst zeitnah) nachreichen, sollten dies aber ankündigen. Geben Sie außerdem das Aktenzeichen an, das Sie von der zuständigen Behörde erhalten haben.

Tipps für einen erfolgreichen Widerspruch

  • Akteneinsicht beantragen: Es ist ratsam, Einsicht in die Akten der Behörde zu nehmen, um die Entscheidungsgrundlage zu verstehen und mögliche Fehler zu identifizieren.
  • Ausführliche Begründung: Eine detaillierte Begründung des Widerspruchs, die medizinische Gutachten und Befunde einbezieht, erhöht die Erfolgsaussichten.
  • Rechtliche Unterstützung: Bei Ablehnung eines GdB-Antrags ist es hilfreich, frühzeitig rechtlichen Rat einzuholen, um den Widerspruch professionell zu gestalten. Falls Sie eine Rechtsschutzversicherung haben, prüfen Sie die Versicherungsbedingungen. So können Sie sicherstellen, dass auch Kosten der Rechtsberatung für außergerichtliche Verfahren, wie das Widerspruchsverfahren im Sozialrecht, abdeckt sind. 

Wird Ihr Einspruch nach erneuter Prüfung durch einen Widerspruchsschuss endgültig abgelehnt wird, können Sie beim zuständigen Sozialgericht Klage einreichen. Dabei ist es wichtig, die Frist von einem Monat einzuhalten und hilfreich, rechtliche Unterstützung in Anspruch nehmen.


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