Unterlassungsanspruch durchsetzen: Abmahnung, Unterlassungserklärung oder Unterlassungsklage?
Sie wurden im Internet beleidigt? Oder der Nachbar lässt regelmäßig die Drohne über Ihr Grundstück fliegen während Sie sich sonnen? In solchen Fällen werden Ihre Rechte verletzt und Sie haben einen Anspruch darauf, dass so ein Verhalten anderer Ihnen gegenüber aufhört. Wie Sie Ihren Anspruch auf Unterlassung durchsetzen und wann Sie einen Anwalt brauchen, erfahren Sie in diesem Ratgeber.
Wann besteht ein Unterlassungsanspruch?
Ein Unterlassungsanspruch setzt immer eine rechtswidrige Handlung voraus. Also einen Verstoß gegen das Recht. Der Begriff Recht ist dabei sehr weit gefasst, denn nicht nur der Verstoß gegen Gesetze ist rechtswidrig, auch die Missachtung Ihrer Persönlichkeits- oder Grundrechte kann rechtswidrig sein. So darf beispielsweise niemand Ihre Ehre verletzten, Ihr Namensrecht sowie Ihr Recht am eigenen Bild missachten.
Nutzt der Betreiber eines Onlineshops eine Fotografie von Ihnen für Werbezwecke, ohne Sie vorher gefragt zu haben? Oder hat Ihr Nachbar eine Kamera auf Ihr Grundstück gerichtet und filmt Sie beim Sonnen? Dann stellt das ein rechtswidriges Verhalten dar und Sie haben einen Anspruch auf Unterlassung dieses Verhaltens.
Unterlassungsansprüche gibt es aber nicht nur im Rahmen des Persönlichkeitsrechts, sondern vor allem auch im Urheber-, Marken-, Wettbewerbs- oder Medizinrecht. Verbreiten Sie ein fremdes Video online oder streamen Sie illegal einen Film, hat der Rechteinhaber Ihnen gegenüber ebenfalls einen Anspruch auf Unterlassung.
Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) regelt den Unterlassungsanspruch in § 1004. Ursprünglich wurde die Vorschrift nur auf Eigentum bezogen, sie wurde mittlerweile aber auf alle sogenannten absoluten Rechte ausgedehnt:
„Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtig, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlass und klagen.“
Mit „weitere Beeinträchtigungen“ ist die Gefahr der Wiederholung der rechtswidrigen Handlung gemeint. Denn werden Sie im Internet beleidigt, möchten Sie ja nicht nur, dass die aktuelle Beleidigung gelöscht wird, sondern auch, dass keine weiteren Beleidigungen ihren Weg ins Netz finden. Auch beim Beispiel des zu neugierigen Nachbarn, reicht es Ihnen vermutlich nicht, dass er die aktuell auf Sie gerichtete Kamera entfernt. Er soll zu keinem Zeitpunkt in der Zukunft wieder eine Kamera unerlaubt auf Ihr Grundstück richten.
Unterlassungsanspruch mit Abmahnung durchsetzen
In vielen Fällen bietet es sich an, den Unterlassungsanspruch zuerst mit einer Abmahnung durchzusetzen, bevor es zur Unterlassungsklage kommt. Bei einer Abmahnung handelt es sich um eine außergerichtliche Streitbeilegung. Sie und derjenige, den Sie abmahnen lassen; einigen sich hierbei also ohne Klage und ohne Gericht. Die Abmahnung ist mit weniger Aufwand und geringeren Kosten verbunden als eine Unterlassungsklage und führt oft schon zum gewünschten Erfolg.
Den Begriff Abmahnung kennen viele hauptsächlich aus dem Arbeitsrecht. Hier kann zum Beispiel der oder die Arbeitgeber*in das Fehlverhalten eines oder einer Arbeitnehmer*in beanstanden und mit negativen Folgen drohen, sollte der/die Arbeitnehmer*in dieses Verhalten zukünftig nicht unterlassen. In der Regel fallen für die arbeitsrechtliche Abmahnung aber keine Kosten für die abgemahnte Person an.
Möchten Sie als Privatperson jemanden abmahnen, ist das aber anders. Denn eine Abmahnung ausstellen oder aussprechen können in solchen Fällen nur Anwält*innen. Um den Gang in die Anwaltskanzlei kommen Sie in diesem Fall also leider nicht herum.
Was enthält eine Abmahnung?
Eine Abmahnung macht den Empfänger darauf aufmerksam, dass dieser sich rechtswidrig verhalten hat. Zusätzlich enthält die Abmahnung eine Unterlassungserklärung. Dabei handelt es sich um eine Aufforderung, das rechtswidrige Verhalten künftig zu unterlassen.
Beispiel: Sie möchten Ihren Nachbar abmahnen, weil dieser eine Kamera auf Ihr Grundstück gerichtet hat und Sie filmt. Ein Anwalt oder eine Anwältin prüft, ob Sie einen Anspruch auf Unterlassung haben – also ob der Nachbar diese Kamera entfernen muss oder nicht. In diesem Fall haben Sie einen Unterlassungsanspruch, denn der Nachbar darf keine Aufnahmen von Ihrem Grundstück machen. Also sendet der Anwalt eine sogenannte strafbewehrte Abmahnung an den Nachbar und weist ihn auf sein rechtswidriges Verhalten hin. In der Unterlassungserklärung fordert er außerdem vom Nachbar sämtliche Kosten, die für die Abmahnung angefallen sind. Das bedeutet: Einigen Sie sich mit dem Nachbarn und unterzeichnet er die Unterlassungserklärung, muss er nicht nur die Kamera entfernen, sondern auch Ihre Anwaltskosten tragen.
Gut zu wissen: Die Bedingungen einer Unterlassungserklärung sind ein ganzes Leben lang gültig und haben kein Ablaufdatum. Sieht der Nachbar sein rechtswidriges Verhalten also ein und unterschreibt die Unterlassungserklärung, darf er nie wieder eine Kamera auf Ihr Grundstück richten. Anderenfalls kommt eine hohe Strafzahlung auf ihn zu.
Die strafbewehrte Unterlassung enthält also folgende wichtigen Punkte:
- Benennung des Rechtsverstoßes
- Verpflichtung, das benannte Verhalten zukünftig zu unterlassen
- Höhe der Kosten für die Abmahnung
- Vereinbarung einer Vertragsstrafe bei Zuwiderhandlung
In der Unterlassungserklärung wird auch eine Frist genannt, innerhalb welcher der Abgemahnte auf die Abmahnung antworten muss. Verpasst er diese Frist, muss er mit einem gerichtlichen Verfahren (Unterlassungsklage) rechnen, das ihn weitaus teurer zu stehen kommen kann.
Achtung: Der Abgemahnte muss nicht die vorgefertigte Unterlassungserklärung unterschreiben, sondern kann diese anpassen und verändern. In einem solchen Fall spricht man von einer modifizierten Unterlassungserklärung. Das wird häufig gemacht, um die Vertragsstrafe anzupassen oder wenn die Kosten vom Anwalt deutlich zu hoch angesetzt wurden.
Lesen Sie zum Thema Abmahnung auch unseren Ratgeber: Onlinebewertung: Was tun bei Abmahnung? Dieser erklärt, wie sich verhalten sollten, wenn Sie eine Abmahnung erhalten. Abmahnungen werden nicht nur wegen negativer Onlinebewertungen ausgesprochen, sondern sind vor allem auch im Bereich des Urheberrechts (unerlaubtes Streaming oder Filesharing) oder Markenrecht geläufig.
Unterlassungsklage ohne Abmahnung
Sie sind übrigens nicht dazu verpflichtet, Ihrem Nachbar zuerst eine Abmahnung zu schicken. Theoretisch können Sie auch gleich eine Klage vor Gericht anstreben. Aber beachten Sie, dass die Klage mit weitaus mehr Aufwand und höheren Kosten verbunden ist, sollten Sie diese verlieren. Und selbst wenn Sie gewinnen: Hätte die Klage durch eine Unterlassungsklärung verhindert werden können, müssen Sie unter Umständen einen Teil der Prozesskosten mittragen.
Unterlassungsanspruch mit Unterlassungsklage durchsetzen
Eine Einigung mit dem Nachbarn war außergerichtlich nicht möglich? Er hat sich geweigert die Unterlassungserklärung zu unterschreiben und die Kamera filmt immer noch unerlässlich Ihr Grundstück? Dann können Sie gegen Ihren Nachbarn eine Unterlassungsklage erheben. Bei einer Unterlassungsklage handelt es sich um eine sogenannte Leistungsklage. Sie zielt darauf ab, dass der Beklagte – im Beispielfall Ihr Nachbar – ein bestimmtes Verhalten tun, dulden oder unterlassen soll. Der Kläger – in diesem Fall Sie – möchte erreichen, dass seine Rechte nicht länger beeinträchtigt werden.
Beispiele für Unterlassungsklagen
Unterlassungsklagen können in sehr vielen Bereichen vorkommen: Immer dann, wenn Rechte missachtet oder verletzt werden. Im privaten Bereich sind sie besonders häufig bei:
- Stalking
- Beleidigung
- unerwünschter Werbung
- Rufschädigung
- Ruhestörung
- Urheberrechtsverletzung
Voraussetzungen für eine Unterlassungsklage
Damit Sie eine Klage auf Unterlassung vor Gericht durchsetzen können, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
- ein Unterlassungsanspruch muss vorliegen
- Sie müssen beweisen können, dass Ihr Unterlassungsanspruch gerechtfertigt ist
- bei der Rechtsverletzung muss Gefahr auf Wiederholung bestehen
Gut zu wissen: Meist besteht automatisch eine Gefahr zur Wiederholung. Denn das nötige Wissen sowie die Möglichkeit zur Verletzung Ihrer Rechte bestehen bereits nach einem einmaligen Verstoß.
Sind alle Voraussetzungen erfüllt, müssen Sie einen schriftlichen Antrag bei Gericht einreichen. In der Regel ist hierfür das Amtsgericht am Wohnort der beschuldigten Person zuständig. Klage können Sie selbst als Privatperson einreichen. Aber auch Unternehmen können eine Unterlassungsklage erheben. Liegt der Streitwert bei über 5.000 Euro, ist das Landgericht zuständig.
Ablauf einer Unterlassungsklage
Der Antrag, den Sie beim zuständigen Gericht einreichen, ist der erste Schritt der Unterlassungsklage. In diesem beschreiben Sie zuerst die konkrete Rechtsverletzung: Wieso haben Sie Anspruch auf Unterlassung? Welche Beweise haben Sie für die Rechtsverletzung und den Unterlassungsanspruch?
Außerdem müssen Sie den Streitwert festlegen. Das kann ein geforderter Schadensersatz sein oder aber eine Strafzahlung, die fällig wird, wenn der Beklagte das rechtswidrige Verhalten doch noch einmal wiederholt.
Das Gericht prüft im eigentlichen Prozess schließlich, ob Ihre Anschuldigungen und Forderungen gerechtfertigt sind. Bestätigt das Gericht schließlich Ihren Unterlassungsanspruch, ist dieser 30 Jahre lang gültig. Kommt es dann innerhalb dieser 30 Jahre zu einem erneuten Rechtsverstoß des Beklagten Ihnen gegenüber, muss dieser die festgelegte Strafsumme an Sie zahlen.
Wer trägt die Kosten für die Unterlassungsklage?
Die Kosten für eine Unterlassungsklage sind immer vom Einzelfall abhängig, denn sie richten sich nach dem Streitwert. Also nach dem Betrag, um den sie sich vor Gericht streiten. In der Regel wird bei einer Unterlassungsklage über einen möglichen Schadensersatz oder eine Vertragsstrafe verhandelt. Aus diesem Grund sind die Kosten für eine private Unterlassungsklage auch deutlich niedriger als die für eine gewerbliche Klage, bei der es um weitaus höhere Beträge geht.
Bei der Unterlassungsklage fallen folgende Kosten an:
- Kosten für den Anwalt des Klägers
- Kosten für den Anwalt des Beklagten
- Kosten für das Gericht (Prozesskosten)
- Streitwert (möglicherweise Schadensersatz)
Die Rechtsanwaltskosten sowie die Prozesskosten werden nach dem Streitwert – auch Verfahrenswert genannt – berechnet.
Sämtliche Kosten muss dann in der Regel derjenige zahlen, der den Prozess verliert. Gibt das Gericht Ihnen also Recht, muss Ihr Nachbar sämtliche Kosten für Ihren Anwalt, seinen Anwalt, das Gericht und gegebenenfalls Schadensersatz tragen.
Verlieren Sie als Kläger vor Gericht, bleiben Sie auf den Kosten für Ihren Anwalt, den der Gegenseite sowie den Kosten für das Gericht sitzen.
Kann ich eine Unterlassungsklage auch ohne Anwalt erheben?
Ist der Streitwert ihrer Unterlassungsklage niedriger als 5.000 Euro, können Sie beim Amtsgericht eine Unterlassungsklage auch ohne Anwalt einreichen. Eine anwaltliche Vertretung ist im Bereich des Zivilrechts erst bei Streitwerten von über 5.000 Euro nötig. Hier landet die Klage dann vor dem Landgericht oder einer höheren Instanz.
Dennoch sollten Sie sich auch bei einem geringen Streitwert dringend von einem Anwalt beraten lassen, bevor Sie Klage erheben. Dieser kann bereits im Vorfeld einschätzen, wie hoch Ihre Erfolgschancen vor Gericht sind und den Klageantrag fehlerfrei formulieren.