Ist es möglich in zwei EU-Ländern gleichzeitig gesetzlich krankenversichert zu sein?
Ich bin ungarischer Staatsbürger. Mein Sohn wohnt und arbeitet in Deutschland. Ich möchte zu ihm ziehen weil meiner Meinung nach die Behandlungsmöglichkeiten für meine Krebserkrankung in Deutschland besser sind als in Ungarn. Ich bin in Ungarn krankenkassenversichert (OEP). Die ungarische Krankenkasse meint aber ich kann gut in Ungarn behandelt werden und sie würden für meine Behandlung in Deutschland nicht bezahlen.
Meine Fragen:
Darf ich zusätzlich auch in Deutschland bei einer Krankenversicherung versichert sein, oder würde ich, dadurch dass ich zur gleichen Zeit bei zwei Versicherungen versichert wäre, straffällig werden?
Verschafft mir der § 12 Abs. 1a und 1b Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) und § 5 Abs. 1 Ziff. 13 SGB V. Rechtsgrundlagen um mich im Basistarif privat krankenversichern zu lassen wenn ich in Deutschland ansässig wäre?
Was wären die Bedingungen dafür, dass ich eine Aufenthaltserlaubnis in Deutschland bekomme?
Sie sind ungarischer Staatsbürger. Ihr Sohn wohnt und arbeitet in Deutschland. Sie möchten zu Ihrem Sohn ziehen, weil Ihrer Meinung nach die Behandlungsmöglichkeiten für Ihre Krebserkrankung in Deutschland besser sind als in Ungarn. Sie sind in Ungarn in der Krankenkasse krankenversichert (OEP). Die ungarische Krankenkasse ist der Auffassung, Sie könnten gut in Ungarn behandelt werden und lehnt die Übernahme der Behandlungskosten in Deutschland ab.
Sie möchten nun wissen, ob Sie zusätzlich auch in Deutschland eine Krankenversicherung abschließen können bzw. ob es Probleme geben könnte, insbesondere strafrechtlicher Natur, wenn Sie zwei Versicherungen hätten.
Sie möchten wissen, ob Ihnen § 12 Abs. 1a und 1b Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) und § 5 Abs.1 Ziff. 13 SGB V eine Rechtsgrundlage verschafft, eine private Krankenversicherung im Basistarif abzuschließen, wenn Sie in Deutschland wohnhaft wären.
Zudem möchten Sie wissen, welche Bedingungen existieren würden, so dass Sie eine Aufenthaltserlaubnis für Deutschland erhalten könnten.
Unter Berücksichtigung des von Ihnen geschilderten Sachverhaltes kann ich Ihre Rechtsfragen wie folgt beantworten:
Können Sie zwei Krankenversicherungen abschließen oder gibt es hierzu juristische Probleme, insbesondere strafrechtlicher Natur?
Soweit ich Ihre Situation einschätzen kann, sind Sie in Ungarn durch die OEP gesetzlich krankenversichert. Meiner Kenntnis nach ist die OEP die ungarische Grundversorgung, die aus Beiträgen und durch einen Gesundheitsfond finanziert werden. Ich unterstelle dabei, dass dies im Verhältnis der verschiedenen Krankenversicherungssysteme der deutschen gesetzlichen Krankenkasse entspricht. Daher wäre grundsätzlich ihr Ansprechpartner in Deutschland die gesetzliche Krankenkasse.Dies bedeutet, dass Sie für den Fall des Umzugs nach Deutschland einen Antrag bei der gesetzlichen Krankenkasse stellen müssten (z. B. AOK o. ä.), um in die dortige Krankenkasse aufgenommen werden zu können. Der Wechsel in eine private Krankenkasse wäre nur dann möglich, wenn Sie bereits zuvor in Ungarn privat versichert gewesen wären und ihnen daher der Zugang in Deutschland zur gesetzlichen Krankenkasse verwehrt wäre.
Sollten Sie in Deutschland eine versicherungspflichtige Tätigkeit aufnehmen, wären Sie aber aufgrund der Versicherungspflicht ohnehin in der gesetzlichen Krankenkasse versichert. Hierzu muss ich der Vollständigkeit halber darauf hinweisen, dass in Deutschland Krankenversicherungspflicht herrscht. Es gibt also nicht die Möglichkeit, sich ohne eine ausreichende Krankenversicherung in Deutschland aufzuhalten.
Die Tatsache, dass die Krankenkasse in Ihrem Heimatland die Kosten für eine medizinische Behandlung in Deutschland nicht übernimmt, führt letztlich dazu, dass bei einem Daueraufenthalt in Deutschland der Abschluss einer weiteren Krankenversicherung notwendig wird.
Rechtliche Probleme sehe ich in dieser Konstellation mit zwei Krankenkassen grundsätzlich nicht, da die ungarische Krankenkasse in der Bundesrepublik Deutschland nicht tätig wird und für den Aufenthalt in Deutschland der Pflicht zum Abschluss einer ausreichenden Krankenversicherung besteht. Beide Versicherungen haben daher unterschiedliche örtliche Anwendungsbereiche.
Strafrechtlich relevant wird die Angelegenheit nur, wenn Sie ärztliche Leistungen, die Sie hier auf Kosten der deutschen Krankenkasse erhalten hätten, nochmals im Heimatland als Leistungen abrechnen würden und von dort eine Erstattung erhalten würden. Strafrechtlich gesehen wäre dies dann ein Betrug.
Unter normalen Voraussetzungen bestünden aber keine rechtlichen Bedenken.Es könnte allerdings problematisch werden, ob die deutsche (gesetzliche) Krankenkasse sich sofort bereit erklärt, Sie als Versicherungsnehmer aufzunehmen. Die Krankenkasse wäre grundsätzlich dann dazu gesetzlich verpflichtet, wenn von Ihnen eine versicherungspflichtige Tätigkeit ausgeübt werden würde. Eine versicherungspflichtige Tätigkeit wäre ein Arbeitsverhältnis/Anstellungsverhältnis mit einem monatlichen Einkommen über 450 Euro. In einem solchen Fall hätte die gesetzliche Krankenkasse keine Möglichkeit, die Krankenversicherung abzulehnen, da in einem solchen Fall die Versicherungspflicht gilt.
Sollten Sie keiner Versicherungspflichtigen Tätigkeit nachgehen, müsste die Krankenkasse anhand Ihrer bisherigen Versicherung und anhand der sonstigen Versicherungsvoraussetzungen prüfen, ob eine Versicherung abgeschlossen werden kann oder nicht. Erfahrungsgemäß tun sich die Versicherungen in solchen Fällen eher schwer mit einer Versicherungszusage, da sie befürchten, unnötigen Kosten ausgesetzt zu sein. Gerade im Hinblick auf Ihre bestehende Krebserkrankung müssen Sie grundsätzlich damit rechnen, dass die Versicherungen eine Aufnahmepflicht kritisch prüfen und im schlimmsten Fall sogar erst einmal ablehnen, sodass Sie dann nur noch die Möglichkeit haben, über Rechtsmittel oder gerichtliche Maßnahmen den Versicherungsschutz zu erzwingen.Verschaffen Ihnen die § 12 Abs. 1a und 1b Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) und § 5 Abs.1 Ziff. 13 SGB V eine Rechtsgrundlage, eine private Krankenversicherung im Basistarif abzuschließen, wenn sie in Deutschland wohnhaft wären?
Die Vorschrift des § 12 Abs. 1a und 1b Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) verschafft ihnen insofern eine Anspruchsgrundlage, wenn sie die dort genannten Voraussetzungen erfüllen würden. Aufgrund des von Ihnen geschilderten Sachverhaltes würde ich allerdings hier eher davon ausgehen, dass die Voraussetzungen nicht vorliegen.§ 5 Abs.1 Ziff. 13 SGB V scheint mir in Ihrem Fall eher eine Anspruchsgrundlage zu geben, da die Voraussetzungen der gesetzlichen Krankenversicherung in ihrem Heimatland erfüllt sein dürften und keine anderweitige Versicherungsmöglichkeit besteht. Im Übrigen verweise ich auf meine Ausführungen zu 1.
Unter welchen Bedingungen können Sie eine Aufenthaltserlaubnis für die Bundesrepublik Deutschland erhalten?
Als Staatsbürger von Ungarn sind sie EU-Bürger und genießen daher im gesamten EU-Raum Freizügigkeit. Dies bedeutet, dass Sie in der Regel problemlos Ihren Wohnsitz innerhalb der EU wechseln können. Notwendig sind beim Umzug in die Bundesrepublik Deutschland die Anmeldung beim Einwohnermeldeamt, sodass sie einen festen Wohnsitz in Deutschland angemeldet haben sowie der entsprechende Abschluss einer Krankenversicherung. Meiner Kenntnis nach gibt es keine weiteren Dinge zu beachten. Sollten Sie dennoch Rückfragen zur Organisation haben, stehe ich Ihnen natürlich gerne zur Verfügung.