Nürnberg (D-AH) - Bei der Berechnung von Arbeitslosengeld II dürfen monatliche BAföG-Zuwendungen nicht berücksichtigt werden, wenn dieser Betrag vollständig für das Schulgeld und die Fahrkosten verbraucht wird. Das hat das Sozialgericht Chemnitz in einem Gerichtsbescheid (Az. S 29 AS 1100/05) entschieden.
Wie die telefonische Rechtsberatung der Deutschen Anwaltshotline berichtet, musste eine junge Frau für die Ausbildung zur Pflegerin monatliches Schulgeld in Höhe von 180 Euro zahlen, die tägliche Fahrt zur privaten Berufsschule kostete sie 21 Euro im Monat. Summa summarum also 201 Euro - neun Euro mehr als das ihr bewilligte monatliche BAföG in Höhe von 192 Euro. Obwohl, wenn überhaupt, dieser Betrag also nur ein Einkommen mit Minuszeichen war, weckte er prompt arbeitsamtliche Begierlichkeiten, deretwegen das Arbeitslosengeld II der Antragstellerin entsprechend gekürzt wurde.
Das ist aber gegen Recht und Gesetz, urteilten die Chemnitzer Sozialrichter.
Ausbildungsförderung wird vom Staat ausdrücklich für den Lebensunterhalt und die Ausbildung bedürftiger Bürger geleistet. Wenn jedoch die Arbeitsagentur dieses Geld einfach für sich reklamiert, bleibt von dem eigentlichen gesetzlichen Zweck nichts mehr übrig. Und auch den Verweis des Arbeitsamtes auf die Möglichkeit einer schulgeldfreien Ausbildung von Leistungsempfängern hielten die Chemnitzer Richter für zumindest lebensfern. In den Pflegeberufen ist heutzutage so gut wie tatsächlich keine Ausbildungsmöglichkeit mehr verfügbar, die schulgeldfrei absolviert werden kann.