Der Bundesgerichtshof urteilte kürzlich, dass Hausbesitzer haften müssen, wenn von ihnen beauftragte Handwerker Schäden an fremden Häusern oder Grundstücken verursachen (Az. V ZR 311/16). Das gilt auch dann, wenn sie den Handwerker sehr sorgfältig ausgewählt haben und auch sonst nicht selbst für den Schaden (mit)verantwortlich sind.
Der Fall: Ein Ehepaar bewohnte ein Haus mit Flachdach, für dessen Reparatur sie einen Dachdecker engagierten. Der führte Heißklebearbeiten aus und verursachte dabei ein Glutnest, aus dem sich später ein Brand entwickelte. Die Feuerwehr konnte das Haus nicht mehr retten, es brannte vollständig nieder. Dabei entstanden außerdem große Schäden am Haus der Nachbarin direkt nebenan. Für diese Schäden kam zunächst die Versicherung der Nachbarin auf, doch die fordert nun Ersatz für ihre Ausgaben. Und weil der Dachdecker inzwischen in einem Insolvenzverfahren steckte und die Besitzer des abgebrannten Hauses gestorben waren, forderte die Versicherung das Geld nun von den Erben.
Rechtsgrundlage: Nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch
Die Entscheidung: Der Bundesgerichtshof gab der Versicherung Recht. Tatsächlich haftet auch der Hauseigentümer, der den Handwerker beauftragt hat, für Schäden, die dieser an fremden Häusern und Grundstücken verursacht. Juristisch begründet wird das mit dem sogenannten nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch. Stark vereinfacht bedeutet das: Der Schaden am Nachbargrundstück liegt nicht nur im Verantwortungsbereich des Handwerkers, sondern auch in dem der Hausbesitzer, weil sie den Handwerker beauftragt haben. Außerdem ausschlaggebend ist, dass die Nachbarin nichts tun konnte, um den Schaden zu verhindern und dass dieser keine Lappalie war. Diese Verantwortung können die Hauseigentümer auch nicht abgeben, indem sie bei der Auswahl des Handwerkers besonders sorgfältig vorgehen, erklärte das Gericht.
Praxistipps: Was bedeutet das für Hausbesitzer?
Die Folgen: Die Rechtsprechung des BGH stellt Hauseigentümer unter Umständen vor teure Probleme. Wenn die sorgfältige Wahl des Handwerkers nicht reicht, um die Haftung auszuschließen, ist jede Instandsetzung und Reparatur potenziell riskant. Immerhin sind Handwerker Menschen und Menschen machen Fehler – diese fallen einem Hauseigentümer aber nicht immer auf, auch dann nicht, wenn er die Arbeiten permanent selbst überwacht. Passiert dann etwas und das Nachbargrundstück wird in Mitleidenschaft gezogen, müssen die Hauseigentümer dem aktuellen BGH-Urteil nach zahlen. Zwar können sie versuchen, die Kosten anschließend von dem Handwerker einzuklagen. Doch wie der vorliegende Fall zeigt, geht das nur, wenn der auch zahlungsfähig ist.
Viele Handwerker sorgen für solche Fälle mit einer Betriebs- oder Berufshaftpflichtversicherung vor. Die springt ein, wenn der Handwerker Schäden verursacht. Doch anders als bei zum Beispiel Architekten, Ärzten oder Anwälten sind Handwerker nicht gesetzlich verpflichtet, eine Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen. Wer aber keine hat – oder die Beiträge über einen längeren Zeitraum nicht zahlt und deshalb auch keine Leistungen abrufen kann – muss für Kosten selbst aufkommen. Wenn die sich wie im vorliegenden Fall auf fast 100.000 Euro belaufen, ist die Zahlungsunfähigkeit oft vorprogrammiert.
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