Der Bundesfinanzhof (BFH) entschied mit Urteil vom 03.11.2010 zum Az. VII R 21/10, dass das Finanzgericht (FG) auch unter der Geltung der RL 76/308/EWG nicht gehindert ist, bei der Vollstreckung ausländischer Titel in Deutschland zu prüfen, ob die Vollstreckung des ausländischen Titels in Deutschland gegen die öffentliche Ordnung (ordre public) verstieße, auch wenn der ersuchende Mitgliedsstaat der EU nach den Bestimmungen der genannten RL eine deutsche Übersetzung dem Vollstreckungstitel beigefügt hatte. Mit der öffentlichen Ordnung ist die Vollstreckung eines ausländischen Titels aber nicht schon deshalb unvereinbar, weil ein deutscher Richter -hätte er den Prozess entschieden- aufgrund zwingenden deutschen Rechts zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre, BGH Urteil vom 04.06.1992 IX ZR 149/91. Denn es sei, so der BGH in seiner Entscheidung, nicht auf den nationalen ordre public sondern auf den Anerkennungsrechtlichen, weniger strengen bzw. großzügigeren ordre public international abzustellen.
Maßgeblich sei daher für die Bejahung eines Verstoßes gegen den ordre public, ob das Ergebnis der Anwendung ausländischen Rechts im konkreten Einzelfall zu den Grundgedanken der deutschen Regelungen und den in ihnen enthaltenen Gerechtigkeitsvorstellungen in so starkem Widerspruch stehe, dass es nach deutscher Vorstellung untragbar erscheine (BGH aaO.). Damit kann der Vorbehalt des ordre public nur in Ausnahmefällen eingreifen. Hinsichtlich des verfahrensrechtlichen ordre public kann eine Vollstreckbarerklärung nach Auffassung des BGH Urteil vom 26.08.2009 XII ZB 169/07 nur deshalb versagt werden, wenn die vollstreckbare Entscheidung des ausländischen Gerichts aufgrund eines Verfahrens ergangen ist, das von den Grundsätzen des deutschen Verfahrensrechts in einem solchen Maße abweicht, dass es nicht als in einem geordneten rechtsstaatlichen Verfahren angesehen werden kann (EuGH Urteil vom 11. Mai 2000 - C-38/98 -). Ein beachtlicher Verstoß gegen den verfahrensrechtlichen ordre public kann darin liegen, dass ein Beteiligter nicht in der Lage war, auf den Verfahrensablauf aktiv Einfluss zu nehmen (BVerfGE 63, 332, 337 und BGHZ 118, 312, 321 jeweils m.w.N.; Rauscher/Leible Europäisches Zivilprozessrecht Bd. 1 Art. 34 Brüssel I-VO Rdn. 13 ff.; Kropholler Europäisches Zivilprozessrecht 7. Aufl. Art. 34 EuGVVO Rdn. 13 ff.).