Laut Angaben des ADAC wechseln in Deutschland Jahr für Jahr rund 7 Million gebrauchte Pkw den Besitzer. Der Verkauf ist dabei vergleichsweise einfach, denn rein rechtlich ist dafür nicht einmal ein schriftlicher Vertrag nötig. Trotz der gesetzlichen Formfreiheit setzt ein Großteil der privaten Autoverkäufer einen Vertrag auf. Um sich dabei möglichst gut abzusichern, wird häufig auf die Standardformulierung „gekauft wie gesehen“ zurückgegriffen. Diese dient dem Zweck des Gewährleistungsausschlusses und soll verhindern, dass der Käufer das Auto später einfach wieder zurückgeben kann – beispielsweise weil er doch noch den einen oder anderen Mangel daran entdeckt hat.
In einem wegweisenden Urteil entschied das Oberlandesgericht Oldenburg jedoch vor Kurzem, dass die Formulierung die Ansprüche des Käufers auf Gewährleistung nicht vollständig ausschließen würde. Stattdessen gelte sie nur für Mängel, die ein Laie selbstständig – also ohne Hinzuziehen eines Sachverständigen – erkennen könne (Az. 9 U 29/17).
Schäden waren für Käuferin nicht klar erkennbar
Im entsprechenden Fall erwarb eine Frau einen Peugeot von privat. Nach einiger Zeit stellte sie erhebliche Schäden am Fahrzeug fest und wollte diesen zurückgeben. Sie forderte den kompletten Kaufpreis zurück. Der Verkäufer hingegen verwies sie auf die im Vertrag enthaltene Formulierung „gekauft wie gesehen“.
Das Oberlandesgericht Oldenburg stellte sich nun klar auf die Seite der Käuferin und sprach ihr den Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufs zu. Ein Sachverständiger sah sich den Wagen genauer an und stellte fest, dass dieser in der Vergangenheit in einen Unfall verwickelt war. An beiden Kotflügeln waren Spachtelarbeiten und eine Neulackierung zu erkennen. Diese Mängel hätte die Frau beim Kauf ohne Hinzuziehen eines Gutachters nicht erkennen können, so das Gericht. Auch dass der Verkäufer selbst nichts von den Schäden wusste, schließe die Ansprüche der Käuferin nicht aus.
Gebrauchtwagen kaufen: von privat oder vom Händler?
Zahlreiche Autokäufer wissen nicht, dass sich die rechtlichen Rahmenbedingungen beim Kauf von privat im Gegensatz zum Kauf beim Händler signifikant unterscheiden. Wichtig wird dies vor allem, wenn es um die Gewährleistung geht: Ein Händler ist zu einer mindestens einjährigen „Sachmängelhaftung“ verpflichtet. In den ersten sechs Monaten gilt außerdem, dass der Händler selbst nachweisen muss, dass ein etwaiger Mangel nicht schon zum Zeitpunkt des Kaufs vorlag.
Im Gegensatz dazu kann ein Privatverkäufer die Sachmängelhaftung im Kaufvertrag ausdrücklich ausschließen. Diese kann – im Gegensatz zur „gekauft wie gesehen“-Formulierung – auch auf dem Verkäufer unbekannte Mängel ausgeweitet werden.
Das sollten Sie beim Gebrauchtwagenkauf von privat beachten
Entscheiden Sie sich dennoch für den Kauf von privat, sollten Sie sich für die Begutachtung des Wunschwagens viel Zeit lassen. Achten Sie außerdem darauf, eine Begleitperson mitzunehmen, denn vier Augen sehen bekanntlich mehr als zwei. Der erste Schritt, um die Seriosität des Verkäufers einschätzen zu können, besteht darin, die Fahrzeugdaten mit denen des Inserats abzugleichen: Stimmen Kilometerstand und Datum der Erstzulassung überein? Bei signifikanten Abweichungen sollten Sie besser die Finger davon lassen.
Von Vorteil ist es, das Auto bei gutem Wetter zu besichtigen, da Kratzer, Dellen und Schrammen – also Mängel, die Sie durchaus selbst erkennen können – dann deutlich besser zu sehen sind. Auch auf die Probefahrt sollten Sie unbedingt bestehen. Ist der Wunschwagen nicht mehr zugelassen und dementsprechend nicht für eine Probefahrt verfügbar, wird empfohlen, das Geschäft abzulehnen. Der Verkäufer sollte in diesem Fall Kurzzeit- oder rote Kennzeichen besorgen, die Ihnen eine Testfahrt zu ermöglichen.