Das Jobcenter muss ein Darlehen gewähren, wenn keine andere Möglichkeit bleibt
Das Jobcenter muss einem Sozialhilfe-Empfänger ein Darlehen zur Tilgung seiner Gas- und Stromschulden bewilligen, obwohl der Erwerbslose Geld vom Amt für die Kosten bekommen hatte, den Energieversorger damit aber nicht vollständig bezahlte. Deswegen hatte zunächst das Sozialgericht Münster dem Jobcenter recht gegeben, als das Amt ihm das Darlehen verwehrte. Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen aber hat beschlossen, dass dem Hartz-IV-Empfänger die rund 3.000 Euro gewährt werden müssen, wenn ihm keine andere Möglichkeit bleibt, seine Energieversorgung wiederherzustellen (Az. L 2 AS 313/13 B ER).
Der Sozialhilfe-Empfänger geriet mehrmals in Zahlungsverzug bei seinem Energieversorger. Wegen angehäufter Schulden und auch wegen ausbleibender Abschlagszahlungen drohte ihm die Sperrung von Strom und Gas. Um die Sperre verhindern und die Energieschulden tilgen zu können, beantragte er beim Jobcenter ein Darlehen in Höhe des noch offenen Betrages. „Nach § 22 Abs. 8 SGB II kann die Agentur für Arbeit auch Energieschulden in Form eines Darlehen übernehmen, wenn dies zur Sicherung der Unterkunft erforderlich ist“, erklärt Rechtsanwältin Heike Brüggemann.
Das Jobcenter sah es aber gar nicht ein, dem Antragsteller einen Kredit über circa 3.000 Euro zu gewähren. Die Schulden seien allein dadurch angewachsen, weil er die Sozialleistungen zur Deckung der Energiekosten nur zum Teil an den Gas- und Stromanbieter weitergeleitet hatte. Kurz zuvor soll er es auch geschafft haben, einen größeren Betrag über ein Privatdarlehen aufzutreiben, um eine Inhaftierung zu umgehen. Der Sozialleistungs-Empfänger hätte nicht alle erforderlichen und zumutbaren Selbsthilfemöglichkeiten genutzt, daher ist laut Sozialgericht Münster die Ablehnung seines Antrages vollkommen richtig.
Die nächsthöhere Instanz aber kassierte den ersten Beschluss und verpflichtet das Jobcenter dazu, den Kredit über 3.000 Euro zu gewähren. Die Richter konnten nicht erkennen, wie der Hartz-IV-Empfänger die Schulden anderweitig tilgen soll. Wegen hoher Schulden scheidet ein Anbieterwechsel aus. Auch gehen die Richter davon aus, dass er alles Mögliche zur Selbsthilfe versucht hatte. Ihm sei es ebenso wenig zumutbar, sein Privatkredit für die Energieschulden zu verwenden und die Haftstrafe abzusitzen – zumal das Geld nicht einmal ausgereicht hätte, seine Wohnung weiterhin mit Strom und Gas zu versorgen. Seine Beschwerde war daher begründet.
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