Nur, weil man keinen Strombezugsvertrag unterschrieben hat, bedeutet das noch lange nicht, dass Strom nicht bezahlt werden muss. Richtig ist, dass derjenige, der die tatsächliche Verfügungsgewalt über den Stromanschluss hat, und den Strom auch bezieht, den bezogenen Strom auch bezahlen muss. Dies gilt sogar dann, wenn infolge eines Fehlers des Stromversorgers kein schriftlicher Strombezugsvertrag existiert.
Wenn vom Gesetz keine besonders Form verlangt wird, wie z. B. bei Grundstücksgeschäften, sind bekanntlich auch nicht in schriftlicher Form geschlossene Verträge rechtlich wirksam. Dazu gehören besonders mündliche Verträge oder Verträge infolge konkludenten (stillschweigenden) Verhaltens. Das hat beim Bezug von Strom der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 2. Juli 2014 (Az. VIII ZR 316/13) klargestellt.
Die Rechtsprechung konstruiert den Vertragsschluss mit dem Strombezieher auch ohne schriftlichen Vertrag in der genannten Situation wie folgt: Das Energieversorgungsunternehmen richtet eine sogenannte Realofferte, also ein stillschweigendes Angebot zum Abschluss eines Strombezugsvertrags an denjenigen, der die tatsächliche Verfügungsgewalt über den Anschluss ausübt.
Das ist in der Regel nicht nur der Eigentümer der Immobilie, sondern auch der jeweilige Mieter oder Pächter. Durch den tatsächlichen Stromverbrauch wird dieses Angebot ebenso stillschweigend angenommen. Damit darf der Stromversorger sich auch noch erst nach einem Jahr oder nach mehreren Jahren melden und die gesamten Leistungen abrechnen.
Nach § 40 Energiewirtschaftsgesetz sind die Lieferanten zwar u.a. verpflichtet, den Energieverbrauch in gewissen Fristen abzurechnen. Wenn das aber nicht geschieht, gibt es alleine deswegen rechtlich keine weiteren für die Stromversorger nachteiligen Konsequenzen. Gegebenenfalls kann man dann somit nur noch eine (freiwillige) Ratenzahlungsvereinbarung aushandeln.
Wenn der Bezug des Stroms länger als drei Jahre zurückliegt, ist an die Einrede der Verjährung zu denken. Die Forderung wäre eventuell dann verjährt, wenn der Stromversorger vorher schon Kenntnis hatte von Sachverhalt. Auch die daneben infrage kommende Einrede der Verwirkung würde ein Umstandsmoment voraussetzen, also erst einmal einen Vertrauenstatbestand, der in dieser Situation grundsätzlich nicht vorliegt.
Insgesamt empfiehlt sich für den Eigentümer, Mieter oder Pächter als Stromverbraucher somit, immer sofort einen schriftlichen Stromlieferungsvertrag zu verlangen.