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Nordic Walking: “Stockführende“ haften bei Unfällen
Egal ob Bungee-Jumping, Reiten oder Fußball – beim Sport können Sie sich immer verletzen. Selbst bei weniger gefährlichen Sportarten wie Nordic Walking ist Vorsicht geboten. Denn stolpert jemand über Ihren Stock und bricht sich den Arm, sind Sie dafür verantwortlich und unter Umständen schadensersatzpflichtig. Das geht aus einem Urteil des Oberlandesgerichts Schleswig-Holstein (OLG) vom 30.07.2020 (Az. 6 U 46/18) hervor.
Achtung Stolperfalle
Ausgangspunkt der Entscheidung war eine Klage der Bundesagentur für Arbeit, die als Trägerin der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung einen auf sie übergangenen Schadensersatzanspruch einer Versicherten geltend machte. Die Frau verletzte sich im Dezember 2013 beim gemeinsamen Nordic Walking mit dem Walking-Partner. Dieser trat während des Sports versehentlich gegen seinen Stock, der daraufhin zwischen die Beine der Frau geriet und sie zum Stolpern brachte. Die Frau fiel zu Boden, verletzte sich an der Hand und wurde bis auf Weiteres arbeitsunfähig krankgeschrieben.
Bundesagentur für Arbeit fordert Schadensersatz
Im Jahr 2015 wurde sie von ihrem Arbeitgeber gekündigt. Zu diesem Zeitpunkt war die Sportlerin aufgrund des „Stock-Unfalls“ noch immer arbeitsunfähig. Die Bundesagentur für Arbeit forderte von ihrem damaligen Walking-Partner Erstattung für das bereits ausgezahlte Arbeitslosengeld. Das Landgericht gab der Klage statt. Dieser legte jedoch Berufung ein.
Verletzung der Sorgfaltspflicht
Bei vielen Sportarten werden Verletzungsrisiken bewusst in Kauf genommen, weshalb in der Regel nur eine beschränkte Haftung vorliegt. Jedoch nicht in diesem Fall: Denn Nordic Walking sei nicht mit Fußball oder anderen Sportarten, die Körperkontakt voraussetzen, zu vergleichen. Da die Stöcke lediglich unterstützend zum Gehen eng am Körper eingesetzt werden, hätte die Versicherte nicht mit einer Verletzung rechnen können. Auch die örtlichen Gegebenheiten des Spazierwegs führten nicht zu einer erhöhten Gefahr. Vielmehr hätte der Abstand zwischen den Nordic Walkern um ein Leichtes vergrößert werden können.
Da der Walking-Partner seine Sorgfaltspflicht außer Acht gelassen hat, sei er grundsätzlich schadensersatzpflichtig. Bei vorschriftsgemäßer Nutzung hätten die Stöcke nicht ohne Weiteres zwischen die Beine einer anderen Person gelangen können, begründet das OLG seine Entscheidung.
Mitverschulden schließt Anspruch aus
Trotz Verletzung der Sorgfaltspflicht hatte die Berufung des Walking-Partners zumindest teilweise Erfolg: Denn zum Zeitpunkt der Kündigung hätte die Verletze dagegen vorgehen und auf einen „leidensgerechten“ Arbeitsplatz bestehen müssen. Somit trifft auch sie für ihre Arbeitslosigkeit eine Mitschuld. Die Agentur für Arbeit hat demnach kein Recht auf die Erstattung des bereits gezahlten Arbeitslosengeldes.