Eltern sind ihren minderjährigen Kindern gegenüber gesteigert unterhaltspflichtig. Dies bedeutet, sie müssen wirklich alles tun, um ihrer Verpflichtung nachzukommen, § 1603 BGB. So hat der BGH beispielsweise entschieden, dass Eltern sich besonders intensiv um Arbeit bemühen müssen, auch berufsfremde Tätigkeiten annehmen müssen und sogar ihr Vermögen umschichten oder verwerten müssen, um dieser gesteigerten Unterhaltsverpflichtung nachzukommen. Wie lässt sich diese gesteigerte Verpflichtung mit dem Verzicht eines Elternteils auf einen Pflichtteil vereinbaren?
Denn durch einen Pflichtteilsverzicht gibt der Berechtigte einen Anspruch auf, der es ihm ermöglichen könnte, seiner Unterhaltsverpflichtung nachzukommen. Im entschiedenen Fall (BGH Urteil vom 28.12.2012 AZ XII ZR 19/10) hatte der gesteigert unterhaltsverpflichtete Vater nach dem Tod seiner Eltern auf die Geltendmachung des ihm zustehenden Pflichtteilsanspruches verzichtet. Seine Kinder sahen sich dadurch benachteiligt, denn der Vater konnte keinen Unterhalt bezahlen. Nachdem die Vorinstanzen den Kindern zunächst recht gegeben hatten, entschied der BGH, dass die Kinder den Vater nicht verpflichten können, seinen Pflichtteilsanspruch zu realisieren. Dies resultiere aus der Privatautonomie jedes Einzelnen, selber entscheiden zu können, ob man eine Erbschaft oder einen Pflichtteil annehmen möchte.
Allerdings ist der Vater unterhaltsrechtlich so zu stellen, als habe er den Pflichtteil geltend gemacht. Der Wert des Pflichtteiles ist also fiktiv seinem Einkommen/Vermögen hinzuzurechen. Im entschiedenen Fall nützte das den Kindern allerdings nicht, denn der Vater hatte überhaupt kein Geld, um seiner Verpflichtung nachzukommen – er saß im Gefängnis.