Eigentlich wartet die Familie im Flugzeug nur noch darauf, jeden Moment abzuheben. Stattdessen aber betreten zwei Polizisten die Kabine und fordern Mutter, Vater und Kinder auf zu folgen und den Flieger zu verlassen. Wieder draußen am Flughafen erklären die Beamten, dass die Eltern vorsätzlich gegen die Schulpflicht ihrer Kinder verstoßen haben. Es bestehe der Verdacht, dass sie ihre Kinder in der Schule krankgemeldet haben, um einige Tage eher in den Urlaub zu fliegen. Aus dem geplanten frühzeitigen Start in den Urlaub wird erst mal nichts.
Vor diesem Szenario fürchten sich Eltern, die ihre Kinder einige Tage vor Ferienstart aus der Schule zu nehmen, um einen weitaus billigeren Flug nutzen zu können. So aber würde es in Wirklichkeit nie passieren. „Denn selbst wer erwischt wird, darf wie geplant fliegen“, informiert Rechtsanwältin Jetta Kasper. Manche Behörden aber, so weiß die Anwältin, recherchieren die Ticketpreise, sodass sich die Ersparnis eines Flugs vor den Ferien mit dem Bußgeld nicht lohnen wird. Je nach Bundesland und Schwänzdauer kann das Bußgeld bis zu 2.000 Euro betragen.
Schulschwänzen ist Thema in der Anwaltshotline
Vor und in der Ferienzeit erreichen viele Anrufe die Hotline-Anwältin, in denen es um das Schulschwänzen mit elterlicher Erlaubnis geht. Sowohl von Eltern, die sich über das Risiko erkundigen wollen als auch von solchen, die gegen das Bußgeld, das meist mehrere Hundert Euro beträgt, vorgehen wollen. Meistens kann Rechtsanwältin Kasper nur raten, das Risiko nicht einzugehen bzw. das Bußgeld letztlich zu bezahlen. „Nicht zuletzt auch deswegen, weil das elterlich legitimierte Schwänzen eine erzieherisch zweifelhafte Signalwirkung für die Kinder hat“, mahnt Kasper. Man bringe die Kinder in Situationen, in denen sie lügen müssten, wenn etwa Klassenkameraden sie nach dem Urlaub in den Ferien fragen würden.
Wirklich erwischt werden kann ein Schulschwänzer auch nur bei der Passkontrolle am Flughafen. Das passiert ohnehin nur bei Flügen in Non-Schengen-Staaten. Dann müsste auch den Zollbeamten erst auffallen, dass sich das Kind im schulpflichtigen Alter befindet und aktuell in der Schulzeit ja eigentlich die Schulbank drücken müsste.
Da das Blaumachen kurz vor Ferien in einigen Großstädten zum Massenphänomen geworden ist, führt die Bundespolizei manchmal vor den Ferien sogar regelrechte Razzien an Flughäfen durch. Wie schon erwähnt, dürfen erwischte Familien zwar planmäßig fliegen, nach dem Urlaub erwartet sie jedoch ein teurer Brief.
Der legale Weg: die Befreiung vom Unterricht
In Einzelfällen kann die Schule den Schüler oder die Schülerin vom Unterricht befreien. Für einen bis drei Tage entscheidet oft auch der Klassenlehrer darüber, für längere Befreiungen die Schulleitung. Der Antrag auf Unterrichtsbefreiung wird dabei stets individuell geprüft. Dabei ist ausschlaggebend, ob das Kind sich die Fehlzeit leisten kann – es also gut genug ist oder wichtige Prüfungen anstehen.
Aber genauso ist der Grund entscheidend. „Der billigere Flugticketpreis etwa wäre hier ein schlechtes Argument“, so Rechtsanwältin Kasper. Vielmehr sind es wichtige Familienanlässe, die eine Befreiung rechtfertigen können. Also etwa Heirat, Todesfall, Taufe oder Kommunion in der engsten Familie. „Einen Rechtsanspruch auf eine Befreiung gibt es übrigens nicht“, so Kasper.
Nach dem abgelehnten Befreiungsantrag aber eine Krankmeldung vorzulegen, wäre auch recht auffällig. Obwohl das eine schlechte Idee sei, weiß die Anwältin, kommen manche Eltern immer wieder darauf.