Häufig findet sich die Vorstellung, dass es angezeigt sei, eine Erbschaft auszuschlagen, um dann anschließend den Pflichtteil verlangen zu können. Eine solche undifferenzierte Handhabung führt aber dazu, dass aufgrund der Ausschlagung der Erbschaft auch kein Pflichtteilsanspruch entsteht. Voraussetzung für den Pflichtteilsanspruch ist nämlich grundsätzlich die Enterbung der abstrakt pflichtteilsberechtigten Personen. Nur in folgenden Fällen steht den Pflichtteilsberechtigten trotz Ausschlagung der Pflichtteil zu:
Schlägt der überlebende Ehegatte nach § 1371 Abs. 3 BGB die Erbschaft aus, so kann er neben dem Ausgleich des Zugewinns den Pflichtteil auch dann verlangen, wenn dieser ihm nach den erbrechtlichen Bestimmungen nicht zustände.
Wenn ein Pflichtteilsberechtigter mit einem Vermächtnis bedacht ist, so kann er dieses ausschlagen und seinen Pflichtteil in voller Höhe verlangen, § 2307 BGB.
Wenn ein als Erbe berufener Pflichtteilsberechtigter durch Einsetzung eines Nacherben die Ernennung eines Testamentsvollstreckers oder einer Teilungsanordnung beschränkt, oder er mit einem Vermächtnis oder einer Auflage beschwert ist, bzw. er als Pflichtteilsberechtigter nur als Nacherbe eingesetzt ist, so kann er gleichfalls den Pflichtteil verlangen, wenn er den Erbteil ausschlägt (§ 2306 BGB).
Wenn diese genannten Voraussetzungen nicht vorliegen und man das Erbe ausschlägt, erhält man auch nicht den Pflichtteil.