Betriebsferien: Darf mein Chef Zwangsurlaub anordnen?

Betriebsferien sind vielen Angestellten ein Dorn im Auge. Wann der Zwangsurlaub rechtlich angemessen ist und wann nicht, erfahren Sie hier.

Autor:  Redaktion DAHAG Rechtsservices AG.

Betriebsurlaub: Wann ist er gerechtfertigt?

Laut Bundesurlaubsgesetz hat der Arbeitgeber die Wünsche seiner Angestellten bezüglich der Urlaubsplanung zu berücksichtigen. Allerdings kann es hier auch zu Interessenskonflikten kommen, gerade wenn es um Betriebsferien geht. Die meisten Angestellten dürften über den angeordneten Zwangsurlaub zwar nur wenig erfreut sein, doch unter bestimmten Umständen darf er dennoch verhängt werden.

In welchen Fällen dürfen Betriebsferien angeordnet werden?

Hier ein Beispiel aus der Praxis – genauer gesagt aus der Arztpraxis:

Ein Zahnarzt führt eigenständig eine Praxis, in der mehrere Arzthelfer angestellt sind. Für seinen Urlaub möchte er keine Vertretung besorgen, hat aber auch keine Aufgaben für die Arzthelfer, die während seiner Abwesenheit erledigt werden können. Er verhängt dementsprechend Betriebsurlaub.

In solchen Fällen, in denen der Chef tatsächlich unabdingbar ist, erachtet das Gesetz Betriebsferien durchaus als gerechtfertigt. Dasselbe gilt beispielsweise in Zuliefererbetrieben: Hat der größte Kunde selbst gerade Betriebsurlaub, gibt es einfach nicht genug zu tun. Auch dann sind Betriebsferien angemessen.

Während diese Fälle relativ klar geregelt sind, kommt es bei weniger dringenden betrieblichen Belangen häufig zu Meinungsverschiedenheiten unter Juristen. Was gilt beispielsweise, wenn die Aufträge einfach rückläufig sind und der Aufrechterhalt des Betriebs für den Arbeitgeber in einem vorrübergehenden Minus enden würde? Von vielen Experten wird ein derartiges Szenario nicht als „dringender betrieblicher Belang“ angesehen und gilt entsprechend nicht als Grund für den Betriebsurlaub: Immerhin hat der Arbeitgeber selbst das Betriebsrisiko zu tragen und darf es durch den Zwangsurlaub nicht auf seine Angestellten abwälzen. Das LAG Düsseldorf entschied allerdings anders:

Demnach genießt der Arbeitgeber Dikretionsrecht, was ihn auch zur Anordnung von Betriebsferien berechtigt. Der Wunsch des Arbeitgebers allein reicht nach Ansicht des Gerichts schon als Grund für den Zwangsurlaub aus (Urteil vom 20.6.2002, Az. 11 Sa 378/02).

Aus der Urteilsbegründung:

Dringende betriebliche Belange i.S. dieser Vorschrift sind solche Umstände, die in der betrieblichen Organisation, im technischen Arbeitsablauf, der Auftragslage und ähnlichen Umständen ihren Grund haben. Diese Umstände zu gestalten, ist der Arbeitgeber grundsätzlich frei. […] Handelt es sich um einen betriebsratslosen Betrieb, kann der Arbeitgeber die Betriebsferien kraft des ihm obliegenden Direktionsrechts einführen.

Muss der Betriebsrat den Betriebsferien zustimmen?

Das oben genannte Urteil bezieht sich nur auf Unternehmen ohne Betriebsrat. Gibt es eine solche Instanz, muss sie den Betriebsferien zustimmen, denn diese sind grundsätzlich mitbestimmungspflichtig. Der Betriebsrat kann sowohl was die Lage als auch was die Dauer des Zwangsurlaubs betrifft mitreden. So sieht es § 87 Abs. 1 Satz 5 des Betriebsverfassungsgesetzes.

Grundsätzlich wird Arbeitgebern empfohlen, eine Betriebsvereinbarung abzuschließen, wenn es einen Betriebsrat gibt. Diese hat den Vorteil dass die Urlaubsregelungen für alle Mitarbeiter klar definiert und festgehalten sind. So müssen Arbeitgeber in Einzelfällen nicht nachweisen, dass dringende betriebliche Belange die Betriebsferien rechtfertigen. Stattdessen können sie sich auf die Betriebsvereinbarung berufen. Das Verfahren spart somit Zeit und Nerven.

Wie lang dürfen die Betriebsferien höchstens sein?

Was die Dauer der Betriebsferien betrifft hält sich das Bundesurlaubsgesetz bedeckt. Eine klare Regelung gibt es hier nicht.

Grundsätzlich gilt allerdings, dass der Arbeitgeber nicht über den gesamten Jahresurlaub der Angestellten bestimmen darf. Ein nicht unerheblicher Teil des Erholungsurlaubs muss den Beschäftigten zur freien Verfügung stehen. Auch hier gibt es allerdings keine klare gesetzliche Regelung, sondern nur Richtwerte. Hat der Arbeitnehmer zwei Wochen zur freien Verfügung, wird dies grundsätzlich als angemessen gesehen. Ein wegweisendes Urteil wurde vom Bundesarbeitsgericht (BAG) gefällt: Das BAG erklärte eine Betriebsvereinbarung, die drei Fünftel des Jahresurlaubs der Angestellten in Form von Betriebsferien festlegte, für wirksam. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass Arbeitnehmer grundsätzlich über etwa zwei Fünftel des Jahresurlaubs frei verfügen können müssen.

Wie lange im Voraus müssen Betriebsferien angekündigt werden?

Als Arbeitgeber können Sie nicht einfach so spontan Betriebsferien verhängen, wenn Sie beispielsweise eine rückläufige Auftragslage oder ausbleibende Kunden bemerken. Spielen Sie mit dem Gedanken, Ihr Geschäft beispielsweise zwischen Weihnachten und Neujahr zu schließen, müssen Sie Ihre Angestellten rechtzeitig über Ihr Vorhaben informieren.

In der Regel planen Arbeitnehmer Ihren Jahresurlaub – wenn auch nur grob – zu Beginn des Jahres. Deshalb müssen Sie zu diesem Zeitpunkt bereits im Bilde sein, wenn es um angeordneten Betriebsurlaub geht. Informieren sollten Sie Ihre Angestellten mindestens ein halbes Jahr – besser noch ein ganzes Jahr – im Voraus.

Beispiel:

Sie möchten Ihr Geschäft gerne zwischen Weihnachten und Neujahr 2019 schließen. Dann sollten Sie Ihre Angestellten bereits zwischen Januar und Juli 2018 von Ihrem Vorhaben in Kenntnis setzen. Somit haben Ihre Beschäftigten zu Beginn des Jahres 2019 die Möglichkeit, ihren Urlaub ordentlich zu planen.

FAQ: Die wichtigsten Fragen zu Betriebsferien

Was gilt bei Angestellten in der Probezeit, die zum Zeitpunkt der Betriebsferien noch keinen vollen Urlaubsanspruch haben?

Wenn Sie noch in der Probezeit sind, haben Sie einen anteiligen Urlaubsanspruch von einem Zwölftel pro Monat. Werden dann bereits im zweiten Monat Betriebsferien verhängt, kann es sein, dass Sie eigentlich noch nicht genug Urlaubstage haben.

Beispiel:

Frau Kämmerer stehen 24 Urlaubstage pro Jahr zu. Zwei Monate nachdem sie ihre Stelle angetreten hat, finden Betriebsferien statt, die eine Woche lang dauern. Zu diesem Zeitpunkt hat sie allerdings erst einen Urlaubsanspruch von vier Tagen (zwei Zwölftel des Jahresurlaubs) erworben – also eigentlich nicht genug Tage für die Betriebsferien.

In einem solchen Fall hat Ihr Chef zwei Möglichkeiten: Entweder er findet eine Tätigkeit für Sie und beschäftigt Sie während der Betriebsferien doch oder – was wohl häufiger vorkommen dürfte – er gewährt Ihnen den Urlaub, auch wenn Ihnen noch nicht genug freie Tage zustehen. Ein Problem könnte sich für Ihren Chef dann ergeben, wenn das Arbeitsverhältnis vorzeitig beendet wird. Haben Sie dann mehr Urlaubstage verbraucht als Ihnen eigentlich zugestanden hätten, müssen Sie nicht nacharbeiten. Der Chef hat die Urlaubstage immerhin genehmigt und muss sich des Risikos entsprechend bewusst gewesen sein.

Was passiert, wenn ich nicht mehr genug Urlaubstage für die Betriebsferien habe?

Wenn Sie nicht mehr genug Urlaubstage haben, um während der Betriebsferien frei zu nehmen, hat Ihr Chef das Nachsehen.

Er muss seinen Betriebsurlaub immerhin frühzeitig geplant haben und hat bei der Genehmigung Ihres Urlaubs wohl nicht darauf geachtet, dass Sie am Ende nicht mehr genug freie Tage übrig haben. In einem solchen Fall, muss er Sie entweder beschäftigen oder bezahlt freistellen.

Der Chef hat meinen Urlaubsantrag eigentlich schon genehmigt und jetzt wegen der Betriebsferien wieder gestrichen. Geht das?

Nein. Wurde der Urlaubsantrag offiziell genehmigt, kann Ihr Arbeitgeber diese Genehmigung nicht wieder zurücknehmen. Er muss bei den Betriebsferien also abwägen, ob diese wirklich nötig sind und er Sie nicht doch beschäftigen kann oder er muss Sie bezahlt freistellen.

Achtung: Anders sieht es aus, wenn Ihr Urlaub zwar bereits verplant ist, aber noch nicht offiziell genehmigt wurde. Haben Sie also schon Flug und Hotel gebucht und wird Ihr Urlaubsantrag dann aufgrund von bevorstehenden Betriebsferien abgelehnt, ist Ihr Chef im Recht. Um die Reise nicht stornieren zu müssen, können Sie Ihren Arbeitgeber dann höchstens darum bitten, Sie unbezahlt freizustellen.

Sie bezweifeln, dass die angeordneten Betriebsferien so rechtens sind? Beispielsweise weil sie sehr kurzfristig angeordnet wurden oder weil sie einen zu großen Teil Ihres Jahresurlaubs in Anspruch nehmen?

Oder Sie sind Arbeitgeber und möchten wissen, ob Sie in Ihrem Geschäft Betriebsferien einführen dürfen und welche Formalien dazu nötig sind?

In beiden Fällen stehen Ihnen die selbstständigen Kooperationsanwälte der DAHAG beratend zur Seite. Die meisten Fragen zu Betriebsferien lassen sich innerhalb weniger Minuten am Telefon klären.


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