Abfindung bei Kündigung: Berechnung, Infos und Rechtsberatung

Ein weitverbreiteter Rechtsmythos besagt: Wem gekündigt wurde, steht eine Abfindung zu. Ganz so einfach ist das jedoch nicht, denn das Gesetz sieht keinen pauschalen Anspruch auf eine Abfindung bei Kündigung vor. In welchen Fällen Sie als Arbeitnehmer dennoch mit einer Entlassungsentschädigung rechnen dürfen und wie hoch Ihre Abfindung ausfallen könnte, erfahren Sie hier.

Autor:  Redaktion DAHAG Rechtsservices AG.

Was Sie über die Abfindung im Arbeitsrecht wissen müssen:

Einen pauschalen gesetzlichen Anspruch auf Abfindung gibt es nicht.

Dennoch wird aus unterschiedlichen Gründen nach einer Kündigung häufig eine Abfindung gezahlt, beispielsweise weil der Arbeitgeber eine Kündigungsschutzklage umgehen will oder weil sie in einem Aufhebungsvertrag vereinbart wurde.

Habe ich einen Anspruch auf Abfindung?

Bei einer Abfindung handelt es sich um eine einmalige, außerordentliche Zahlung, die häufig im Gegenzug für den Verlust des Arbeitsplatzes und den damit verbundenen Verdienstausfall geleistet wird. Einen pauschalen Anspruch auf eine Abfindung nach einer Kündigung haben Sie per Gesetz jedoch nicht. Nur in seltenen Ausnahmefällen können Sie einen Abfindungsanspruch geltend machen, beispielsweise wenn dieser in Ihrem Tarifvertrag oder in einem Sozialplan vereinbart wurde.

Nichtsdestotrotz zahlen viele Arbeitgeber nach einer Kündigung eine Abfindung. Eine Alternative ist, dass sie es gar nicht erst soweit kommen lassen und dem Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag mit vorgesehener Abfindung vorlegen. Dieser erlaubt es Ihrem Chef, die rechtlichen Hürden und Unsicherheiten, die mit einer Kündigung verbunden sind, zu umgehen.

In den nachfolgenden Fällen kommt es häufig zur Zahlung einer Abfindung.

 

Abfindungsanspruch bei betriebsbedingter Kündigung

Bei einer betriebsbedingten Kündigung können Sie einen Anspruch auf eine Abfindung unter den folgenden Voraussetzungen geltend machen:

  • Die Kündigung muss aufgrund dringender betrieblicher Erfordernisseausgesprochen werden.
  • Ihr Arbeitgeber muss Sie in der Kündigungserklärung klar darüber informieren, dass es sich um eine betriebsbedingte Kündigung handelt und dass Ihnen ein Anspruch auf Abfindung zusteht, wenn Sie die 3-Wochen-Frist zum Einreichen einer Kündigungsschutzklage verstreichen lassen.

Juristen sprechen hierbei von einer „1a-Kündigung“, da sich die Rechtsgrundlage hierfür in § 1a des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) finden lässt. Liegt ein solcher Fall vor, müssen Sie sich um das Aushandeln einer angemessenen Abfindungshöhe keine Sorge machen, denn diese ist in § 1a Abs. 2 KSchG klar definiert: Bei einer 1a-Kündigung beträgt die Abfindung einen halben Bruttomonatsverdienst pro Beschäftigungsjahr.

Gut zu wissen: Wurde ein Beschäftigungsjahr angebrochen und beträgt es schon mehr als sechs Monate, wird auf ein volles Beschäftigungsjahr aufgerundet.

Ihr Abfindungsanspruch entsteht mit Ablauf Ihrer Kündigungsfrist.

Die 1a-Kündigung kommt im Arbeitsleben verhältnismäßig selten vor. Grund dafür ist, dass viele Arbeitgeber sich dafür entscheiden, bei einer betriebsbedingten Kündigung eine Kündigungsschutzklage in Kauf zu nehmen, statt sich auf diese Art von „Pflichtabfindung“ einzulassen.

Kündigungsschutzklage: Abfindung durch Vergleich

Nachdem Ihnen die Kündigung zugegangen ist, haben Sie als Arbeitnehmer drei Wochen Zeit, um Kündigungsschutzklage einzureichen. Ziel dieser ist es, nachzuweisen, dass die Kündigung nicht wirksam war und das Arbeitsverhältnis weiterhin besteht.

Dabei wird die Kündigung nicht nur auf Formfehler, sondern auch auf inhaltliche Mängel geprüft: Kam es zu Fehlern bei der Sozialauswahl? Sind die Gründe für die Kündigung nicht nachvollziehbar? Ist die Kündigung nicht sozial gerechtfertigt, beispielsweise weil Sie schon sehr lange anstandsfrei im Betrieb beschäftigt waren und Ihr Arbeitgeber Ihnen nun aufgrund eines eher zu vernachlässigenden Fehlverhaltens eine verhaltensbedingte Kündigung ausgesprochen hat?

Wie Sie sehen, gibt es eine Vielzahl an Gründen, die eine Kündigung unwirksam machen. Zieht der Kündigungsschutzprozess sich über mehrere Monate hin und wird dann nachgewiesen, dass das Arbeitsverhältnis eigentlich weiterhin besteht, wird es für Ihren Chef teuer: Immerhin muss er Sie für die Monate, in denen Sie aufgrund der Kündigung nicht gearbeitet haben, nachträglich bezahlen.

Aus eben diesem Grund lassen sich Arbeitgeber im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses oft auf einen Vergleich ein: Dabei wird das Arbeitsverhältnis einvernehmlich aufgelöst. Im Gegenzug dafür erhält der Arbeitnehmer eine Abfindung.

Wie hoch fällt die Abfindung bei einem Vergleich aus?

Es gilt die Faustregel:

Abfindungshöhe = 0,5 bis 1 Bruttomonatsgehalt x Beschäftigungsjahre

Wie hoch die Abfindung in Ihrem speziellen Fall ausfällt, hängt jedoch stark von Ihrem Verhandlungsgeschick oder dem des von Ihnen beauftragten Rechtsanwalts ab. Prinzipiell wird geprüft, wie wahrscheinlich es ist, dass sich die Kündigung als unwirksam herausstellt. Stehen die Erfolgschancen Ihrer Kündigungsschutzklage gut, könnte Ihr Chef sich auf eine überdurchschnittlich hohe Abfindung einlassen.


Hier einige Beispiele:

Kündigung trotz Sonderkündigungsschutz: Hat Ihr Chef Ihnen gekündigt, obwohl Sie schwanger sind, können Sie sich auf Ihren besonderen Kündigungsschutz berufen. Kam es zu keinem sehr gravierenden Fehlverhalten Ihrerseits, welches eine fristlose Kündigung rechtfertigen würde, ist die Kündigung automatisch unwirksam. Ihre Abfindung dürfte entsprechend hoch ausfallen.

Kündigung ohne vorherige Abmahnung: Wenn Sie regelmäßig zu spät kommen, kann Ihr Chef Ihnen eine verhaltensbedingte Kündigung aussprechen. Voraussetzung ist allerdings, dass Sie zuvor per Abmahnung auf das Fehlverhalten hingewiesen wurden. Bleibt die Abmahnung aus und wird stattdessen sofort die Kündigung ausgesprochen, stehen die Erfolgschancen einer Kündigungsschutzklage gut. Ihr Chef wird sich voraussichtlich auf eine eher hohe Abfindung einlassen.

Verhaltensbedingte Kündigung bei groben Pflichtverletzungen: Hat Ihr Chef Sie dabei erwischt, wie Sie sich nach Ladenschluss aus der Kasse bedient haben und kann er dies auch noch nachweisen, kann er Ihnen auch ohne vorherige Abmahnung eine fristlose, außerordentliche Kündigung aussprechen. Immerhin kam es dann zu einem gravierenden Vertrauensbruch, der das Fortführen des Arbeitsverhältnisses nahezu unmöglich macht. Zwar können Sie in einem solchen Fall auch Kündigungsschutzklage einreichen, doch dürften Ihre Chancen eher schlecht stellen. Ihr Chef wird sich wohl nicht auf einen Vergleich und die Zahlung einer Abfindung einlassen.

Auflösungsurteil: Gericht verpflichtet Arbeitgeber zur Zahlung einer Abfindung

Lässt Ihr Chef sich nicht schon vorher im Rahmen eines Vergleichs auf die Zahlung einer Abfindung ein, kann es beim Kündigungsschutzprozess dennoch zu einer Abfindung kommen. Dies ist dann der Fall, wenn der Arbeitgeber gemäß §§ 9 und 10 KSchG vom Gericht zur Entlassungsentschädigung verurteilt wird.

Dafür gibt es zwei Voraussetzungen:

  • Die Kündigung muss nach Ansicht des Gerichts unwirksam sein.
  • Dem Arbeitnehmer kann die Fortführung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden.

Die Abfindung kann in einem solchen Fall gemäß § 10 Abs. 1 KSchG bis zu zwölf Monatsverdienste betragen. Das zuständige Arbeitsgericht entscheidet jedoch im Einzelfall und kann von dieser Vorgabe abweichen.

Abfindung ist im Aufhebungsvertrag vereinbart

Um eine Kündigung zu umgehen, greifen viele Arbeitgeber auf einen Aufhebungsvertrag zurück. Dabei beschließen Arbeitgeber und Arbeitnehmer einvernehmlich, das Beschäftigungsverhältnis zu beenden. Im Gegenzug wird dabei häufig eine Abfindung vereinbart.

Dennoch ist der Aufhebungsvertrag – so verlockend er auf den ersten Blick erscheinen mag – mit einigen Risiken verbunden, darunter einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeld.

Nähere Informationen finden Sie hier: Aufhebungsvertrag: Unterschreiben oder doch auf die Kündigung warten?

Tarifvertraglich vereinbarter Abfindungsanspruch

Einen Abfindungsanspruch haben Sie dann, wenn dieser zuvor vertraglich vereinbart wurde. So kommt es mitunter vor, dass Tarifverträge die Zahlung der Entlassungsentschädigung im Falle einer Kündigung vorsehen. In der Regel sind im Vertrag dann auch die spezifischen Konditionen verankert, die für das Entstehen des Abfindungsanspruchs gegeben sein müssen.

Abfindungsanspruch durch Sozialplan

Wenn es in einem Unternehmen mit mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern einen Betriebsrat gibt, muss dieser gemäß § 111 BetrVG über geplante Betriebsänderungen in Kenntnis gesetzt werden.

Dabei kann es zur Erstellung eines Sozialplans kommen, der genau regelt, wie im Falle von geplanten Betriebsänderungen und daraus entstehenden Nachteilen für Arbeitnehmer vorgegangen wird.

In diesem Sozialplan, der wie eine Betriebsvereinbarung anzusehen ist, kann auch eine Abfindung vereinbart sein.

Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Abfindung

Wann wird die Abfindung gezahlt?

Die Abfindung wird in der Regel am Ende des Monats gezahlt, in dem das Arbeitsverhältnis endet. Sie können sich mit Ihrem Arbeitgeber aber auch auf Ratenzahlungen einigen. Das kann Ihrerseits zu steuerlichen Vorteilen führen.

Muss ich die Abfindung versteuern?

Ja, eine Abfindung ist steuerpflichtig. Allerdings greifen dabei Mechanismen wie die Fünftelregelung, die dazu führen, dass Arbeitnehmer nicht zu sehr unter den Belastungen leiden.

Muss ich bei einer Abfindung Sozialabgaben zahlen?

Nein, bei einer Abfindung fallen keine Sozialabgaben an. Das liegt daran, dass es sich dabei um eine Entlassungsentschädigung und nicht um ein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt handelt. Beiträge zur Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung müssen für die Abfindung also nicht geleistet werden.

Wird die Abfindung auf das Arbeitslosengeld angerechnet?

Nein, die Abfindung wird in den meisten Fällen nicht auf das Arbeitslosengeld angerechnet.

Eine Ausnahme besteht dann, wenn Sie einer verkürzten Kündigungsfrist zustimmen. Da Sie zwischen dem Beendigung des Arbeitsverhältnisses und dem eigentlichen Ablauf der vertraglich oder gesetzlich geregelten Kündigungsfrist eigentlich noch Anspruch auf einen Arbeitsplatz und dementsprechend ein Arbeitsentgelt haben, ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld. Er entsteht erst dann, wenn die eigentlich gültige Kündigungsfrist abgelaufen ist (§ 158 SGB III).

Droht bei einer Abfindung eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld?

Die meisten Arbeitnehmer müssen infolge einer Kündigung nicht mit einer Sperre beim Arbeitslosengeld rechnen. Die Sanktion droht nur dann, wenn Sie gegen eine ganz offensichtlich unwirksame Kündigung – beispielsweise weil Sie dank besonderem Kündigungsschutz quasi unkündbar sind – keine Klage einreichen.

Bei Aufhebungsverträgen kann es jedoch zu einer Sperre kommen, weil Sie Ihre Arbeitslosigkeit nach Ansicht des Jobcenters „vorsätzlich oder grob fahrlässig“ selbst herbeigeführt haben. Sie können die zwölfwöchige Sperrejedoch umgehen, wenn im Aufhebungsvertrag deutlich erklärt wird, dass dieser nur dazu dient, eine betriebsbedingte Kündigung zu umgehen. Dann dürfen Sie sich jedoch nicht auf verkürzte Kündigungsfristen einlassen und Ihre Abfindung darf nicht höher als die Abfindung bei einer 1a-Kündigung ausfallen (halbes Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr).

Lesen Sie mehr dazu: Umgehen Sie die Sperre beim Arbeitslosengeld

Was passiert mit meiner vereinbarten Abfindung, wenn mein Chef Insolvenz anmeldet?

Wenn Sie sich mit Ihrem Chef auf die Auflösung des Arbeitsverhältnisses und die Zahlung einer Abfindung einigen, wird diese in der Regel am Ende des Monats ausgezahlt, in dem das Beschäftigungsverhältnis endet. Bei einer regulären Kündigungsfrist kann dies noch mehrere Monate dauern. Muss Ihr Chef in der Zwischenzeit Insolvenz anmelden, können Sie Ihre Abfindung nicht mehr bei ihm durchsetzen. Ihr Anspruch besteht allerdings weiterhin, was bedeutet, dass Sie diesen beim Insolvenzverwalter zur Insolvenztabelle anmelden können. In der Realität ist meist jedoch nicht mehr genug Vermögen vorhanden, um die volle Abfindung zu zahlen. In diesem Sonderfall haben Sie als Arbeitnehmer das Nachsehen.


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