Beschäftigungsverbot in der Schwangerschaft: Alles zu Arbeitszeiten, Gehalt und Urlaub

Während der letzten Wochen der Schwangerschaft und für die ersten Wochen nach der Geburt gilt in Deutschland ein Beschäftigungsverbot. Das bedeutet, dass Sie in dieser Zeit nicht arbeiten müssen und dabei keine finanziellen Einbußen haben.

Autor:  Redaktion DAHAG Rechtsservices AG.

Beschäftigungsverbot: Das Wichtigste im Überblick

Wann gilt das gesetzliche Beschäftigungsverbot?

Das Beschäftigungsverbot – oder auch Schutzfristvor der Entbindung genannt – regelt, wann Ihr Arbeitgeber Sie vor und nach der Geburt Ihres Kindes nicht beschäftigen darf. Dabei wird der zuvor errechnete Geburtstermin als Grundlage der Fristberechnung gewählt. Der Termin muss dem Arbeitgeber schriftlich in Form eines ärztlichen Zeugnisses oder Attestes vorliegen. Allerdings sind auch Zeugnisse von Hebammen oder Entbindungspflegern dafür ausreichend.

Pauschal ist zu sagen, dass Sie sechs Wochen vor der Geburt und acht Wochen nach der Geburt nicht arbeiten müssen (§3 MuSchG). Allerdings können Sie, wenn Sie sich ausdrücklich bereit erklären, vor der Geburt normal weiterarbeiten. Das geht aber natürlich nur in Rücksprache mit dem Arzt und abhängig von Ihrer Tätigkeit. Sollte sich der Geburtstermin verschieben, müssen Sie sich aber keine Gedanken machen. Die Frist passt sich dann an und Sie haben definitiv mindestens acht Wochen nach der Geburt Zeit, sich um alles Weitere zu kümmern ohne an Ihre Arbeitsstelle denken zu müssen. In Ausnahmefällen kann das im Mutterschutzgesetz verankerte Beschäftigungsverbot auch auf zwölf Wochen erweitert werden. Nämlich bei Frühgeburten, Mehrlingsgeburten oder wenn innerhalb der acht Wochen nach der Geburt eine Behinderung des Kindes festgestellt werden sollte. In dieser Zeit nach der Geburt darf Ihr Arbeitgeber Sie nicht beschäftigen.

Verstößt Ihr Arbeitgeber gegen das Beschäftigungsverbot und verlangt Arbeitsleistungen von Ihnen, die Sie aufgrund Ihrer Schwangerschaft nicht erbringen können, empfiehlt sich der Gang zum zuständigen Gewerbeaufsichtsamt. Dieses ist für die Einhaltung des Mutterschutzgesetzes zuständig.

Nach dem Ende Ihres Beschäftigungsverbotes haben Sie übrigens das Recht, ganz normal wieder entsprechend Ihres Arbeitsvertrages beschäftigt zu werden.

Schwangerschaft bei Auszubildenden, Schülerinnen oder Studentinnen

Auch Auszubildende, Schülerinnen oder Studentinnen fallen unter das Mutterschutzgesetz. Somit gelten für sie dieselben Beschäftigungsverbote, wie für Arbeitnehmerinnen. Das bedeutet auch, das Schwangere oder Stillende während der gesetzlichen Mutterschutzfristen nicht an Prüfungen teilnehmen müssen. Allerdings können sie am schulischen oder hochschulischen Alltag teilnehmen, wenn sie eine Einverständniserklärung zur Leistungserbringung während der Mutterschutzfristen unterschreiben. Diese kann jederzeit widerrufen werden.

Was ist das individuelle Beschäftigungsverbot vom Arzt?

Das allgemeine Beschäftigungsverbot vor und nach der Geburt schreibt der Gesetzgeber vor. Natürlich kann es auch sein, dass aus medizinischer Sicht etwas dagegen spricht, die Arbeit auch nach diesen acht oder zwölf Wochen wieder aufzunehmen. Aber auch Komplikationen, die nicht unbedingt etwas mit Ihrer Tätigkeit zu tun haben, können ein Grund für ein individuelles Beschäftigungsverbot sein. Zum Beispiel wenn die Gefahr einer Frühgeburt besteht oder es sich um eine sogenannte Risikoschwangerschaft handelt. Dabei ist wichtig, dass es sich bei einem individuellen Beschäftigungsverbot nicht um eine Krankschreibung handelt. Sie laufen also nicht Gefahr, dass Ihr Arbeitgeber nach sechs Wochen die Lohnfortzahlung einstellen darf und Sie stattdessen Krankengeld von Ihrer Versicherung bekommen.

Das individuelle Beschäftigungsverbot kann sowohl für die Zeit vor der Geburt als auch für die Zeit danach erteilt werden (§16 MuSchG). Dazu ist lediglich ein Attest von einem Arzt oder einer ÄrztinIhrer Wahl nötig.

In dem Attest sollte stehen:

  • für welche genaue Tätigkeit das Beschäftigungsverbot gilt
  • wie lang es dauert
  • in welchem Umfang andere, leichtere Arbeiten geleistet werden können

Es muss also nicht sein, dass ein individuelles Beschäftigungsverbot jegliche Arbeit untersagt. Es kann auch nur bestimmte Bereiche Ihres Arbeitsalltags umfassen oder Ihre Arbeitszeit entsprechend verkürzen.

Genau wie bei der Schutzfrist haben Sie auch nach dem Ende Ihres individuellen Beschäftigungsverbotes das Recht, ganz normal wieder entsprechend Ihres Arbeitsvertrages beschäftigt zu werden.

Gut zu wissen

Nicht jede Krankenkasse übernimmt die Kosten für ein Attest für ein individuelles Beschäftigungsverbot. Informieren Sie sich am besten noch vor dem Gang zum Arzt. Außerdem kann Ihr Arbeitgeber eine Nachuntersuchung verlangen, wenn er berechtigte Zweifel an Ihrer Berufsunfähigkeit wegen der Schwangerschaft hegt. Allerdings muss er diese Untersuchung selbst bezahlen und sie muss bei einem Arzt Ihrer Wahl stattfinden.

Welche Verbote gelten sonst noch bei Schwangerschaft und nach der Geburt?

Zusätzlich zum Beschäftigungsverbot in den letzten sechs Wochen der Schwangerschaft und den ersten acht bis zwölf Wochen nach der Geburt gelten weitere Vorschriften, an die sich Ihr Arbeitgeber halten muss, wenn Sie schwanger sind oder stillen.

  • Keine Mehrarbeit und gesetzliche Ruhepausen

    Sobald Sie 18 Jahre alt sind, dürfen Sie während der Schwangerschaft und der Stillzeit nicht über 8,5 Stunden am Tag arbeiten. Auch länger als 90 Stunden innerhalb von zwei Wochen sind nicht erlaubt. Für Schwangere oder stillende Mütter unter 18 Jahren gelten hierbei 8 Stunden am Tag und 80 Stunden in der sogenannten Doppelwoche, zu der auch Sonn- und Feiertage zählen. Außerdem darf die Wochenarbeitszeit die vertraglich vereinbarte Zeit nicht überschreiten. Überstunden sind also Tabu. Ihr Arbeitgeber ist nach dem Mutterschutzgesetz ebenfalls verpflichtet, Ihnen zwischen Arbeitsende und Arbeitsantritt am nächsten Tag mindestens elf Stunden ununterbrochene Ruhepause zu gewähren.

  • Keine Nachtarbeit

    Zwischen 20 Uhr abends und 6 Uhr morgens darf Ihr Arbeitgeber Sie nicht beschäftigen. Es gibt allerdings Ausnahmefälle, in denen Sie dennoch bis 22 Uhr arbeiten müssten. Allerdings ist daran ein behördliches Genehmigungsverfahren geknüpft. Dieses hat nur Aussicht auf Erfolg, wenn Sie sich ausdrücklich dazu bereit erklären nach 20 Uhr noch arbeiten zu wollen und aus medizinischer Sicht nichts dagegen spricht. Sollten Sie sich dazu bereit erklären und es sich dann doch anders überlegen, muss Ihr Arbeitgeber das hinnehmen und kann Sie nicht verpflichten bis 22 Uhr zu arbeiten.

    Dieses Widerrufsrecht haben Sie auch, wenn Sie sich in Ausbildung oder im Studium befinden und sich einverstanden erklärt haben, nach 20 Uhr eine Ausbildungsveranstaltung zu besuchen.

  • Keine Arbeit an Sonn- und Feiertagen

    Pauschal gilt für schwangere und stillende Frauen an Sonn- und Feiertagen ein Beschäftigungsverbot. Ihr Arbeitgeber darf Ihnen also keine Arbeit an diesen Tagen zumuten. Es gibt allerdings eine Ausnahme. Nämlich dann, wenn Ihre Tätigkeit nicht ausschließlich an einem Wochentag verrichtet werden kann, wie zum Beispiel im Pflegebereich oder in der Gastronomie. Hier darf Ihr Arbeitgeber Sie auch am Sonntag im Rahmen der obenstehenden Richtlinien beschäftigen. Allerdings nur dann, wenn Sie dazu Ihre ausdrückliche Einwilligung geben, die Sie jederzeit auch wieder zurücknehmen können.

  • Heimarbeit eingeschränkt

    Alles, was Sie in Heimarbeit erledigen, muss innerhalb von 8 Stunden zu schaffen sein. Ansonsten darf Ihr Auftraggeber Ihnen diese Tätigkeit nicht zumuten. Für die Zeit, in der Sie Ihr Kind stillen, sind gar nur sieben Stunden anzusetzen.

Freistellung für Untersuchungen und zum Stillen

Egal ob gesetzlich oder privat versichert: Ihr Arbeitgeber muss Ihnen die Zeit für alle nötigen Untersuchungen zur Verfügung stellen. Sie sind für die Dauer des Arztbesuchs also von der Arbeit freigestellt. Er darf auch nicht von Ihnen verlangen, dass Sie Arzttermine nur außerhalb Ihrer Arbeitszeit wahrnehmen.

Für das Stillen muss Ihr Arbeitgeber Ihnen in den ersten zwölf Monaten nach der Geburt die nötige Zeit zur Verfügung stellen – und zwar auf Ihr Verlangen hin. Mindestens für eine Stunde am Tag oder für zweimal eine halbe Stunde dürfen Sie sich die nötige Zeit nehmen. Dauert Ihr Arbeitstag länger als acht Stunden, können Sie auf Verlangen hin mindestens 90 Minuten für das Stillen in Anspruch nehmen.

Wer zahlt das Gehalt während des Beschäftigungsverbots?

Während des allgemeinen oder des individuellen Beschäftigungsverbotes sollten Sie keine Gedanken an Ihr Einkommen verschwenden, sondern sich auf die bevorstehende Geburt oder die Zeit danach freuen. Daher haben Sie während dieser Zeit keinerlei finanzielle Einbußen zu befürchten. Ihr Arbeitgeber muss Ihnen mindestens Ihren bisherigen Lohn weiter bezahlen. Das was Sie tatsächlich bekommen, lässt sich am Durchschnittsverdienst der letzten 13 Wochen oder der letzten drei Monate vor der Schwangerschaft ermitteln.

Allerdings sind Ihre finanziellen Belange nicht nur während des Beschäftigungsverbots geregelt, sondern während des gesamten Mutterschutzes. Hier finden Sie alles, was Sie über Ihre finanziellen Ansprüche während des Mutterschutzes wissen sollten.

Urlaubsanspruch während Beschäftigungsverbot gesichert

Wichtig für Sie ist erst einmal: Der Mutterschutz und das Beschäftigungsverbot haben keinen Einfluss auf Ihren Urlaub – auch wenn Ihr Arbeitgeber sich auf § 7 Abs. 3 des Bundesurlaubsgesetzes beruft, wonach Sie Ihren Urlaub nach Möglichkeit noch im selben Kalenderjahr nehmen müssen. Denn dieser wird durch das Mutterschutzgesetz außer Kraft gesetzt und Sie dürfen Ihren Urlaub noch bis zu zwei Jahre nach dem Mutterschutz nehmen. Hier noch genauere Informationen zum Urlaub im Mutterschutz.

Urteil des Bundesarbeitsgerichts: Urlaubsanspruch bleibt trotz mehrfacher Beschäftigungsverbote erhalten

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschied am 20. August 2024, dass Urlaubsansprüche, die während eines Beschäftigungsverbots nach dem Mutterschutzgesetz entstehen, nicht verfallen. Dies gilt auch, wenn mehrere Beschäftigungsverbote unmittelbar aufeinanderfolgen. Im konkreten Fall war eine Zahnärztin von Dezember 2017 bis Ende März 2020 durchgehend aufgrund von Beschäftigungsverboten im Zusammenhang mit zwei Schwangerschaften und Stillzeiten von der Arbeit freigestellt. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses forderte sie die Abgeltung von 68 Urlaubstagen, die sie während dieser Zeit nicht nehmen konnte. 

Das BAG gab ihr Recht und stellte fest, dass gemäß § 24 Satz des Mutterschutzgesetzes (MuSchG) angesammelter Urlaub auch bei aufeinanderfolgenden Beschäftigungsverboten nicht verfällt. Die Arbeitnehmerin kann den gesamten bis dahin aufgelaufenen Urlaub nach Ende des letzten Beschäftigungsverbots im laufenden oder im nächsten Urlaubsjahr beanspruchen. (Az.: 9 AZR 226/23)


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