Enterbung: Welche Rechte haben Eltern, Kinder und Verwandte?
Häufig möchten Eltern ihr Vermögen an ihre Kinder weitergeben. Doch das ist nicht immer der Fall. Wenn sich beispielsweise Eltern und Kinder zerstritten haben oder sie stattdessen jemand anderes begünstigen möchten, kann es zur Enterbung kommen. Doch was bedeutet es eigentlich, jemanden zu enterben? Wie funktioniert die Enterbung? Und was kann ich tun, wenn ich mich gegen eine Enterbung wehren möchte?
Enterbung: Das Wichtigste im Überblick
- Grundsätzlich kann in Deutschland jeder mit seinem Nachlass umgehen wie er oder sie möchte. Sie können also frei entscheiden, wieviel Sie Ihren Kindern vererben.
- Eine Ausnahme gibt es: das Pflichtteilsrecht. Selbst wenn Sie Ihre Kinder enterbt haben, steht ihnen immer noch der Pflichtteil zu. Darauf haben Sie als Erblasser*in keinen Einfluss. Der Pflichtteil ist dabei immer die Hälfte des gesetzlichen Erbteils.
- Wenn Sie Ihre Kinder enterben möchten, haben Sie zwei Möglichkeiten: Sie können sie entweder in Ihrem Testament nicht berücksichtigen oder sogar explizit aus der Erbfolge ausschließen.
Was ist eine Enterbung?
Von einer Enterbung spricht man in der Regel dann, wenn jemand, der nach der gesetzlichen Erbfolge erben würde, nicht berücksichtigt wird. Das sind zumeist Lebenspartner, Kinder oder andere Verwandte.
Die Enterbung muss der Erblasser noch zu Lebzeiten vornehmen. Das passiert in den meisten Fällen durch ein Testament. Es gibt aber auch Ausnahmen, in denen zum Beispiel Erbverträge oder ein sogenanntes Berliner Testament zum Einsatz kommen.
Wann ist eine Enterbung möglich?
Grundsätzlich können Sie jederzeit jemanden von der Erbfolge ausschließen. Sie müssen dafür auch niemand anderes als Erben einsetzen. Diese sogenannte „Enterbung ohne Erbeinsetzung“ legt das Bürgerliche Gesetzbuch fest (§1938 BGB).
Wie kann ich jemanden enterben?
Grundsätzlich haben Sie zwei Möglichkeiten, wie Sie eine bestimmte Person enterben können:
Sie berücksichtigen denjenigen nicht in Ihrem Testament
In Ihrem Testament verteilen Sie Ihren Nachlass noch zu Lebzeiten. Sie können also selbst festlegen, wem Sie wieviel vererben. Man spricht dann auch von einer " gewillkürten Erbfolge“. Dann muss die gesetzliche Erbfolge nicht herangezogen werden. Wer also im letzten Willen nicht berücksichtigt wird, ist faktisch enterbt.Sie schließen denjenigen explizit aus
Sie können auch ein sogenanntes „Negativ-Testament“ erstellen. Darin listen Sie auf, wen Sie vom Erbe ausschließen möchten.
Pflichtteil: Wer enterbt wird, geht trotzdem nicht ganz leer aus
Wenn Sie jemanden enterben, egal auf welche Weise, geht derjenige in der Regel trotzdem nicht ganz leer aus. Denn er oder sie hat immer noch Anspruch auf den sogenannten Pflichtteil. Dieser beträgt im Regelfall 50% des gesetzlichen Erbteils.
Ein Beispiel:
Der verstorbene Herr Müller hinterlässt ein Vermögen von 60.000 Euro. Erbberechtigt wären seine Frau, seine Tochter und sein Sohn. Herr Müller hat aufgrund eines Familienstreits seinen Sohn enterbt. Allerdings steht diesem dennoch der Pflichtteil zu.
Der gesetzliche Erbteil wären in diesem Fall 15.000 Euro (30.000 Euro für die Ehefrau und jeweils 15.000 Euro für die beiden Kinder). Der Pflichtteil beträgt demnach 7.500 Euro.
Gut zu wissen: Pflichtteil entziehen
In Ausnahmefällen können Sie Ihren Erben auch den Pflichtteil entziehen. Dafür muss allerdings etwas Schwerwiegendes vorgefallen sein. Mögliche Gründe liefert § 2333 BGB:
- Die betreffende Person trachtet Ihnen oder Ihrer Familie nach dem Leben.
- Die betreffende Person hat ein Vergehen oder Verbrechen gegen Sie oder Ihre Familie begangen.
- Die betreffende Person hat ihre Unterhaltspflicht böswillig verletzt.
- Die betreffende Person wurde wegen einer Straftat zu mindestens 1,5 Jahren Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt oder befindet sich deshalb beispielsweise in einer psychiatrischen Klinik.
Damit der Pflichtteil auch wirklich entzogen werden kann, müssen Sie die Gründe im Testament ausführen.
Der Pflichtteilsentzug muss nicht für immer gültig sein. Wenn Sie zum Beispiel dem möglichen Erben verziehen haben, gilt der Entzug nicht mehr. Genaue Vorgaben, wie die Verzeihung aussehen muss, gibt es dafür nicht. Im Zweifelsfall muss der Enterbte beweisen, dass und wann der Erblasser ihm verziehen hat.
Gibt es keine derart drastischen Gründe, bleibt Ihnen noch die Möglichkeit, den Pflichtteil zu umgehen oder zumindest zu reduzieren. Dabei sollten Sie sich anwaltliche Hilfe holen.
Möchten Sie sich noch weiter zum Thema Pflichtteil informieren, können Sie das mit unserem Ratgeber „Pflichtanteil - Wer erbt dem Gesetz nach?“ tun.
Sie wurden selbst enterbt und müssen nun um Ihren Pflichtteil kämpfen? Dann hilft Ihnen möglicherweise unser Ratgeber „Pflichtteil einfordern: So kommen Sie an Ihr Erbe“ weiter.
Enterbung anfechten: Wann ist eine Enterbung unrechtmäßig?
Sie wurden enterbt und möchten rechtlich dagegen vorgehen? Anfechten können Sie die Enterbung im Regelfall nur, wenn sie unrechtmäßig ist. Das kann aus verschiedenen Gründen der Fall sein, beispielsweise:
Formfehler im Testament
Für ein Testament gelten bestimmte Vorgaben, damit es gültig ist. Mögliche Formfehler sind beispielweise:
- Fehlende Unterschrift
- Testament ist nicht handschriftlich verfasst
- Ort und Datum fehlen
Das Testament verstößt gegen das Gesetz
In einem Testament darf nicht gegen geltendes Recht verstoßen werden. Stiftet der Erblasser Sie beispielsweise zu einer Straftat an, ist das Testament ungültig und damit anfechtbar.
Der Erblasser war nicht in der Lage, ein rechtsgültiges Testament zu erstellen
Um ein gültiges Testament aufzusetzen, muss der Erblasser im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte sein. Man spricht hierbei von der sogenannten „Testierfähigkeit“. Was das genau bedeutet, ist sogar gesetzlich festgelegt: “Wer wegen krankhafter Störung der Geistestätigkeit, wegen Geistesschwäche oder wegen Bewusstseinsstörung nicht in der Lage ist, die Bedeutung einer von ihm abgegebenen Willenserklärung einzusehen und nach dieser Einsicht
FAQ: Weitere Fragen und Antworten zum Thema Enterbung
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Kann ich jemanden wegen groben Undanks enterben?
Ja. Ob Sie jemanden enterben, ist grundsätzlich Ihnen überlassen, egal aus welchem Grund. Sie müssen nur damit rechnen, dass derjenige dennoch einen Pflichtteil erhält.
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Ich habe meine Kinder enterbt. Müssen diese trotzdem die Beerdigungskosten tragen?
In der Regel nicht. § 1968 BGB besagt: „Der Erbe trägt die Kosten der Beerdigung des Erblassers.“ Dabei werden die Beerdigungskosten direkt aus dem Nachlass bezahlt. Erst wenn alle sogenannten „Erbverbindlichkeiten“ abgezogen sind, wird das Erbe aufgeteilt und auch der Pflichtteil berechnet.
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Kann ich durch eine Schenkung zu Lebzeiten jemanden enterben?
Sie können das Erbe zumindest verringern. Durch Schenkungen zu Lebzeiten wird die Erbmasse kleiner und dementsprechend fällt das Erbe geringer aus.