Ehegattenerbrecht: Wieviel erbt der Ehepartner?

„Bis dass der Tod uns scheidet!“ So heißt es in vielen Eheversprechen. Doch wenn ein Ehepartner verstirbt, kommen häufig rechtliche Fragen auf. Wieviel erbt der Ehepartner? Was passiert, wenn es kein Testament gibt? Und wie verteilt sich das Erbe, wenn aus der Ehe Kinder hervorgingen? Wir beantworten die wichtigsten Fragen zum Thema Ehegattenerbrecht.

Autor:  Redaktion DAHAG Rechtsservices AG.

Das Wichtigste im Überblick

Gesetzliche Grundlage: Wie ist die Erbschaft für Ehepartner geregelt?

Grundsätzlich werden Ehepartner*innen in der gesetzlichen Erbfolge berücksichtigt. Da sie allerdings nicht, wie zum Beispiel Kinder oder Eltern, durch die Blutsverwandtschaft erbberechtigt sind, gibt es für sie eine eigene Regelung.
§ 1931 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) legt fest: „Der überlebende Ehegatte des Erblassers ist (…) als gesetzlicher Erbe berufen.“
Dass der überlebende Partner erben kann, ist damit gesichert. Komplizierter wird es allerdings bei der Frage, wie hoch der Erbteil ist.

Gesetzliche Erbfolge: Wer erbt wieviel?

Gibt es kein Testament des Verstorbenen, greift die gesetzliche Erbfolge. Zwei Faktoren sind entscheidend, wenn es an die Bestimmung des Erbteils geht: Die anderen Erben und der Güterstand in der Ehe.

Der Güterstand bezeichnet die Regelung, wie Ehepaare oder Lebenspartner*innen mit ihrem persönlichen und dem gemeinsamen Vermögen umgehen (zum Beispiel ob jeder sein eigenes Geld behält oder ob das gesamte Vermögen zu gleichen Teilen aufgeteilt wird).

Erbrechtliche Ansprüche

War der Verstorbene zum Zeitpunkt des Todes verheiratet, bekommt der oder die Ehepartner*in auf jeden Fall einen Teil des Erbes. Jedoch ist er oder sie nach der gesetzlichen Erbfolge nicht unbedingt Alleinerbe. In vielen Fällen muss das Erbe aufgeteilt werden und es entsteht eine sogenannte Erbengemeinschaft

Wieviel Ehepartner letztendlich bekommen, hängt davon ab, wer mit ihnen erbt.

Erben erster Ordnung

Hat der Verstorbene direkte Nachkommen, nennt man diese „Erben erster Ordnung“. Dazu zählen:

  • Kinder
  • Adoptivkinder
  • Enkelkinder
  • Urenkel

Sind zum Beispiel die Kinder des Erblassers bereits verstorben, rücken die Enkelkinder nach und übernehmen das Erbe. Gibt es Erben erster Ordnung, erhält der oder die Ehepartner*in nur noch ein Viertel des Erbes.

Erben zweiter Ordnung

Gibt es keine direkten Nachkommen, bedeutet das nicht, dass der Ehepartner automatisch alles erbt. Denn zunächst werden auch die Erben zweiter Ordnung berücksichtig. Das sind:

  • Eltern
  • Geschwister
  • Nichten und Neffen

Auch hier gilt: Sind beispielsweise die Geschwister des Erblassers bereits verstorben, wird das Erbe auf die Nichten und Neffen übertragen.
Neben den Erben zweiter Ordnung bekommt der oder die Ehepartner*in die Hälfte des Erbes.

Erben dritter Ordnung

Gibt es keine Erben erster oder zweiter Ordnung, sind auch die Großeltern des Erblassers  als Erben dritter Ordnung noch erbberechtigt. Sollten die Großeltern nicht mehr leben, wird das Erbe nicht an deren Nachkommen übertragen. In diesem Fall wird der Erbanteil des Ehegatten entsprechend erhöht.

Ehepartner als Alleinerbe

Erst wenn es keine Erben erster, zweiter oder dritter Ordnung gibt, tritt der Ehepartner als Alleinerbe ein. Entfernte Verwandte werden von der gesetzlichen Erbfolge nicht mehr berücksichtigen.

Erbanteil nach Güterstand

Das Erbe der Ehepartner*innen ergibt sich nicht nur durch die Miterben. Auch der Güterstand in der Ehe, also die Regelung für das persönliche und gemeinsame Vermögen, ist entscheidend.

Zugewinngemeinschaft

Wenn eine Ehe ohne Ehevertrag geschlossen wird, kommt es automatisch zur sogenannten Zugewinngemeinschaft. Das bedeutet vereinfacht gesagt: Jeder Ehepartner behält sein Vermögen, dass er oder sie mit in die Ehe gebracht hat. Das Vermögen, das in der Ehe erwirtschaftet wird, wird im Todesfall oder bei einer Scheidung aufgeteilt. Man nennt das „Zugewinnausgleich“

Für das Erbrecht bedeutet das, dass der oder die überlebende Partner*in pauschal zusätzlich ein weiteres Viertel der Erbmasse bekommt.

Beispiel: Frau Hansen beerbt ihren verstorbenen Mann. Die beiden hatten keinen Ehevertrag und haben daher in einer Zugewinngemeinschaft gelebt. Sie haben zwei gemeinsame Kinder. Da diese Erben erster Ordnung sind, erhält Frau Hansen ein Viertel durch die erbrechtlichen Ansprüche. Da die Ehe eine Zugewinngemeinschaft war, erhält sie ein weiteres Viertel. Insgesamt ist ihr Erbteil damit die Hälfte der gesamten Erbmasse.

Gütertrennung

Eine Gütertrennung muss explizit durch einen Ehevertrag festgelegt werden. Damit entscheiden sich beide Eheleute, ihre Vermögen getrennt zu halten, sowohl was vor der Heirat erwirtschaftet wurde als auch danach.
Daher findet auch kein Zugewinnausgleich statt.
Damit Ehepartner*innen aber nicht weniger erben als die Erben erster Ordnung (zum Beispiel Kinder oder Enkel) des Verstorbenen, erben sie alle zu gleichen Teilen.

Beispiel: Herr Hofer und seine Frau haben vor ihrer Ehe Gütertrennung vereinbart. Die beiden haben drei gemeinsame Kinder, aber keine Enkel. Nach Frau Hofers Tod erhalten ihr Mann und die drei Kinder jeweils ein Viertel der Erbmasse.

Gütergemeinschaft

Genau wie die Gütertrennung muss auch die Gütergemeinschaft vertraglich vereinbart werden.
In diesem Fall teilen die Eheleute ihr gesamtes Vermögen, jedem gehört die Hälfte.
Für den Todesfall bedeutet das, dass sich die Erbmasse nur auf die Hälfte des Verstorbenen Ehepartners bezieht.

Beispiel: Frau Lindt und ihr verstorbener Mann haben für ihre Ehe Gütergemeinschaft festgelegt. Die beiden haben eine Tochter. Da diese als Erbin erster Ordnung zählt, erhält Frau Lindt ein Viertel der Erbmasse. Diese besteht aus der Hälfte des Gesamtvermögens, die Herrn Lindt gehört hat. Frau Lindt erbt also ein Achtel des gemeinsamen Gesamtvermögens. Ihre eigene Hälfte bleibt ohnehin bei ihr.

Im Testament enterbt: Was passiert mit dem Pflichtteil?

Grundlegend gilt: Auch Ehepartner*innen können per Testament enterbt werden. Wenn sie im Testament enterbt oder mit weniger bedacht wurden, erhalten Ehepartner und nahe Verwandte einen Pflichtteil. Dieser beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils.
Die Höhe des gesetzlichen Erbteils wird, wie oben beschrieben, anhand der Miterben und des Güterstandes berechnet.

Sonderfall: Pflichtteil in der Zugewinngemeinschaft

Haben die Ehepartner in einer Zugewinngemeinschaft gelebt, gibt es für den Pflichtteil eine Sonderregelung:

Hat der Erblasser weniger als den Pflichtteil für seinen überlebenden Partner vorgesehen, erhält dieser den sogenannten „großen Pflichtteil“. Dabei erhält er oder sie die Hälfte der Summe des normalen Pflichtteils plus eines pauschalen Zugewinnausgleichs von einem Viertel des Gesamterbes.

Beispiel: Herr Maier hat seiner Frau per Testament 10.000 Euro vermacht. Die gesamte Erbmasse beträgt 100.000 €. Die beiden haben zwei Kinder, daher würde Frau Maier laut Gesetz ein Viertel des Erbes, also 25.000 Euro zustehen. Da sie so weniger als den Pflichtteil erhalten würde, wird ihr Erbe erhöht.


Die Rechnung lautet:

25.00 Euro (gesetzlicher Erbteil)
+ 25.000 Euro (pauschaler Zugewinnausgleich)
= 50.000 Euro
/2 = 25.000 Euro

Wurde der Ehepartner im Testament enterbt, erhält er oder sie den „kleinen Pflichtteil“. Die Berechnung funktioniert ähnlich wie beim großen Pflichtteil. In diesem Fall wird der Zugewinnausgleich aber nicht pauschalisiert, sondern konkret berechnet.  

Beispiel: Angenommen Herr Maier aus dem obigen Beispiel hätte seine Frau per Testament enterbt. Die Erbmasse beträgt nach wie vor 100.000 Euro, die beiden Kinder sind Erben erster Ordnung. Laut Gesetz beträgt Frau Maiers Erbteil ein Viertel, also 25.000 Euro. Sie wurde zwar enterbt, erhält aber den kleinen Pflichtteil.
 

Die Rechnung lautet:

   25.00 Euro (gesetzlicher Erbteil)/2
= 12.500 Euro

+ individueller Zugewinnausgleich

Achtung: Die Namen kleiner und großer Pflichtteil können täuschen. Sie beziehen sich nicht auf die vererbte Summe. Die Summe des kleinen Pflichtteils kann durchaus höher sein als die des großen Pflichtteils.

FAQ: Fragen und Antworten zum Ehegattenerbrecht

  • Mein Partner und ich sind geschieden. Erbe ich trotzdem?

    In der Regel nicht. Durch die Scheidung verlieren Sie Ihren gesetzlichen Erbanspruch. Sie erben daher also nichts, außer Ihr Ex hat Sie in einem Testament bedacht.
    Haben Sie gemeinsame Kinder, behalten diese ihre gesetzlichen Erbansprüche, unabhängig von der Scheidung.

  • Was ist ein Berliner Testament?

    Ein Berliner Testament ist ein gemeinsames Testament für Eheleute. Sie setzten den Überlebenden damit als Alleinerben ein, wenn einer der beiden Partner stirbt. Erst wenn auch der zweite Partner verstirbt, treten zum Beispiel die Kinder oder andere Dritte als Erben ein.

  • Mein Partner und ich sind nicht verheiratet, haben aber eine eingetragene Lebenspartnerschaft. Wie wirkt sich das auf das Erbe aus?

    In diesem Fall erben Sie als Lebenspartner genauso, wie wenn Sie verheiratet wären. Auch hier müssen Sie für die gesetzliche Erbfolge die Miterben und den Güterstand der Partnerschaft berücksichtigen.
    Sie können auch ein gemeinsames Testament erstellen (zum Beispiel ein Berliner Testament) und so eine eigene Erbfolge festlegen.


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