Umgangskosten: Können die Kosten für den Kindesumgang vom Unterhalt abgezogen werden?
Auch nach einer Scheidung oder Trennung besteht für beide Elternteile weiterhin ein Umgangsrecht. Viele möchten die gemeinsame Zeit für Unternehmungen mit dem Kind nutzen oder holen es regelmäßig zu sich nach Hause. Die dabei anfallenden Kosten für Unterkunft und Verpflegung des Kindes – zusätzlich zu den ohnehin schon geleisteten Unterhaltszahlungen – machen sich schnell auf dem Konto bemerkbar. Früher oder später stellen sich deshalb für viele Umgangsberechtigte die Frage, ob sie für die vollständigen Umgangskosten aufkommen müssen – oder ob sie diese womöglich vom Unterhalt abziehen oder gar dem betreuenden Elternteil in Rechnung stellen können.
Welche Ausgaben fallen unter die sogenannten Umgangskosten?
Umgangskosten sind Aufwendungen, die bei einem Elternteil durch die Ausübung seines Umgangsrechts anfallen. Sie umfassen zum Beispiel Ausgaben für Freizeitaktivitäten, Essen, Fahrtkosten und Miete für eine größere Unterkunft.
Rechtfertigen hohe Umgangskosten eine Unterhaltsminderung?
Beispielfall: Herr Müller freut sich auf das Wochenende, denn dann kommt sein Sohn Paul zu Besuch, den er seit der Scheidung nur noch alle zwei Wochenenden bei sich hat. Extra für Paul hat er sich eine größere Wohnung mit Kinderzimmer gemietet. Für das gemeinsame Wochenende ist ein Kinobesuch geplant, außerdem möchten sie Pizza bestellen. Da Herr Müller seinen Sohn von der Mutter abholt und ihn Sonntagabend auch wieder dort absetzt, muss er zwei einstündige Autofahrten auf sich nehmen. Insgesamt hat ihn das Wochenende mit Paul über 100 Euro gekostet – ganz zu schweigen von der höheren Miete – und das, obwohl er doch monatlich schon 300 Euro Unterhalt überweisen muss. Da diese Kosten ihn finanziell enorm belasten, fragt Herr Müller sich: Kann er den Unterhalt mindern, wenn er Paul regelmäßig am Wochenende aufnimmt und die gesamten in dieser Zeit anfallenden Kosten trägt?
Grundsätzlich: Nein. Keine der im Beispielfall genannten Aufwendungen würde Herrn Müller dazu berechtigten, diese einfach von den Unterhaltszahlungen abzuziehen. Ebenso wenig kommt eine Rückerstattung der Umgangskosten durch den betreuenden Elternteil – im Beispielfall Pauls Mutter – infrage.
Eine feste gesetzliche Regelung für die Übernahme von Umgangskosten gibt es zwar nicht; in der Regel muss aber der Umgangsberechtigte für den Umgang mit dem eigenen Kind selbst aufkommen. Da die Unterhaltszahlungen grundsätzlich vorgehen, muss sich Herr Müller im Zweifelsfall mit Fernsehen statt Kino oder Schlafcouch statt zusätzlichem Kinderzimmer begnügen.
Ausnahmen und Sonderfälle
Es gibt jedoch einige Ausnahmesituationen, in denen die Umgangskosten vom Unterhalt abgesetzt werden können.
- Große räumliche Entfernung zwischen den Elternteilen. Wohnen die Eltern weit voneinander entfernt oder gar in verschiedenen Ländern, können die Reisekosten eine erhebliche Belastung für den Umgangsberechtigten darstellen und den Betrag des Kindesunterhalts durchaus erreichen oder sogar übersteigen. Grundsätzlich müssen diese Ausgaben zwar trotzdem vom Umgangsberechtigten gezahlt werden, im Einzelfall können überdurchschnittlich hohe Fahrtkosten aber auch für die Berechnung des Unterhalts berücksichtigt werden.
- Der Umgangsberechtigte kann sich den Umgang nicht mehr leisten. Hat der Umgangsberechtigte so hohe Ausgaben für die Ausübung des Umgangsrechts, dass ihm kaum noch etwas für den eigenen Lebensunterhalt bleibt, kann sich das unter Umständen auf die Höhe der Unterhaltszahlungen auswirken. Dies gilt allerdings nur für wirklich erforderliche Ausgaben. Zudem kommt es auch hier auf die individuelle Situation an, denn in der Regel gehen die Unterhaltszahlungen vor. Daher ist der Umgangsberechtigte grundsätzlich dazu angehalten, sich zugunsten des Unterhalts einzuschränken.
- Der Umgangsberechtigte verbringt überdurchschnittlich viel Zeit mit dem Kind. Sind die hohen Umgangskosten darauf zurückzuführen, dass sich das Kind ungewöhnlich lange beim Umgangsberechtigten aufhält, kann das Gericht auch diese Sachlage als Ausnahme vom Regelfall einstufen und dem Umgangsberechtigten einen höheren Selbstbehalt einräumen. Voraussetzung ist jedoch, dass dieser intensive Umgang regelmäßig erfolgt: Ein einmaliger zweiwöchiger Ferienaufenthalt rechtfertigt noch keine Unterhaltsminderung.
Dies sind nur einige der Fälle, die gesondert betrachtet werden. Generell gibt es bei der Höhe und Trägern von Umgangs- und Unterhaltskosten wenige allgemeingültige und fallübergreifende Regelungen. Vielmehr kommt es immer auf den individuellen Einzelfall an, welche Umstände bei der Berechnung berücksichtigt werden können und müssen.