Mietpreisbremse: Was gilt jetzt für mich?
Wohnungen sind mehr als nur eine Ware. Sie sind ein Zuhause. – Dieser Leitgedanke liegt dem „Gesetz zur Dämpfung des Mietanstiegs auf angespannten Wohnungsmärkten“ zugrunde, das umgangssprachlich schlicht als Mietpreisbremse bezeichnet wird und am 1. Juni 2015 in Kraft trat. Um Wohnungen wieder bezahlbar zu machen, sollen Vermieter nicht frei über die Miethöhe bestimmen können. Stattdessen sollen sie sich an der ortsüblichen Vergleichsmiete orientieren. Bisher wurde die Mietpreisbremse in rund 300 Städten und Gemeinden eingeführt, doch Experten bleiben skeptisch. Eine deutliche Dämpfung des Mietanstiegs ließ sich bisher nämlich nicht verzeichnen, weshalb dem Projekt selbst ein Dämpfer verpasst wurde. Zuletzt erklärte das Landgericht Berlin das Gesetz sogar für verfassungswidrig und beauftragte das Bundesverfassungsgericht damit zu entscheiden, ob die Mietpreisbremse gekippt wird.
Was ist die Mietpreisbremse?
Die Mietpreisbremse schränkt das Recht der Vermieter auf die Bestimmung der Miethöhe ein. In „angespannten Wohnungsmärkten“ darf die Miete bei der Wiedervermietung von bestehenden Wohnungen nur zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Ziel der Mietpreisbremse ist es, für bezahlbaren Wohnraum zu sorgen.
Mietpreisbremse: Wie hoch darf die Miete sein?
Hat die Regierung in Ihrem Bundesland beschlossen, dass die Stadt oder Gemeinde in der Sie leben zu den „angespannten Wohnungsmärkten“gehört, greift dort die Mietpreisbremse. Das bedeutet, dass der Vermieter die Miethöhe nicht nach eigenem Ermessen bestimmen darf.
Bei der Wiedervermietung von bestehenden Wohnungen gilt, dass die Miete höchstens zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen darf. Um diesen Richtwert zu ermitteln, wird meist der Mietspiegel der jeweiligen Stadt herangezogen. Vielerorts wird dieser offiziell ermittelt und kann beim zuständigen Amt (meist Wohnungs- oder Sozialamt) erfragt werden.
Ein Beispiel:
Herr Meier will eine 50qm-Wohnung in Berlin Prenzlauer Berg beziehen. Er unterschreibt einen Mietvertrag, der eine Nettokaltmiete von 500 Euro vorsieht. Nachdem Herr Meier von der Mietpreisbremse erfahren hat, konsultiert er den Mietspiegel für seinen Bezirk. Dieser sieht für eine 50qm-Wohnung mit durchschnittlicher Ausstattung eine ortsübliche Vergleichsmiete von 370 Euro kalt vor. Die Mietpreisbremse sieht vor, dass seine Miete höchstens zehn Prozent über der Vergleichsmiete liegen und entsprechend 407 Euro betragen darf. Die Miethöhe ist also nicht zulässig: Herr Meier zahlt monatlich 93 Euro zu viel.
3 Ausnahmen: Wann die Mietpreisbremse nicht greift
Neubauten
Mit der Mietpreisbremse soll bestehender Wohnraum einerseits möglichst bezahlbar bleiben; andererseits sollen die Investitionen in Neubauten gefördert werden. Aus diesem Grund greift die Mietpreisbremsenverordnung hier nicht. Vermieter sollen nicht von ihrem Bauvorhaben abgehalten werden, nur weil sie befürchten, dass die errechnete Miete am Ende die Kosten nicht decken könnte. Wer also baut, darf die Höhe der Miete danach selbst bestimmen.
Erstbezug nach umfassender Modernisierung
Eine zweite Befürchtung von Politikern war, dass Vermieter aufgrund der Mietpreisbremse weniger Modernisierungsmaßnahmen vornehmen könnten. Immerhin ist es ärgerlich, wenn man viel Geld in eine großangelegte Renovierung steckt und die Miete daraufhin nicht angemessen anheben darf. Daher greift die Verordnung bei Erstbezug nach einer umfassenden Modernisierung nicht.
Als umfassende Modernisierung wird verstanden, wenn die Kosten sich auf mindestens ein Drittel für die eines vergleichbaren Neubaus belaufen. Fällt die Modernisierung nur in kleinem Umfang aus, muss sich der Vermieter an die Mietpreisbremsenverordnung halten. Allerdings kann er elf Prozent der Kosten für die Renovierung pro Jahr auf den Mieter umlegen. Dies ist auch möglich, wenn die Miete dann insgesamt über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt.
Bestehende Miete liegt bereits über der Vergleichsmiete
Vermieter müssen die Miete nicht senken, wenn diese bereits vor Einführung der Mietpreisbremse über der ortsübliche Vergleichsmiete lag. Sie können auch bei einer Neuvermietung auf die bereits veranschlagte Miethöhe zurückgreifen.
Mietpreisbremse 2019: Mehr Rechte für Mieter
Eines der großen Probleme der Mietpreisbremse bestand in der Vergangenheit darin, dass neue Mieter häufig nicht wussten, wie hoch die Miete des Vormieters angesetzt war. Sie mussten offensiv auf den Vermieter zugehen, um dies in Erfahrung zu bringen.
Zum Januar 2019 trat eine Reform der Mietpreisbremse in Kraft, die eben dieses Problem löst. Wenn Vermieter eine Miete ansetzen, die mehr als zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt, müssen sie den neuen Mieter unaufgefordert und schriftlich darüber informieren, was der Vormieter gezahlt hat und welche Ausnahmeregelung (z. B. Modernisierungsmaßnahmen) die hohe Miete rechtfertigt.
Geschieht dies nicht, können Mieter die zu hohe Miete verhältnismäßig formlos rügen. Dazu genügt ein Schreiben an den Vermieter, welches den folgenden Wortlaut enthält: „Ich rüge die Verletzung der Mietpreisbremse.“
Wie gehe ich vor, wenn ich die Miete senken will?
Haben Sie errechnet, dass Ihre Miete laut Mietpreisbremse zu hoch angesetzt ist, müssen Sie Ihren Vermieter umgehend in Form einer qualifizierten Rügedarauf aufmerksam machen. Darin müssen Sie begründen auf welcher Basis Ihre Annahme basiert. Das heißt, dass Sie erklären müssen, wie die ortsübliche Vergleichsmiete festgestellt wurde.
Ab dem Zeitpunkt der Rüge können Sie Ansprüche geltend machen. Es wird allerdings empfohlen, dem Vermieter nicht einfach entsprechend weniger Geld zu überweisen. Stattdessen sollten Sie die volle Miete weiterhin zahlen, allerdings unter Vorbehalt. Fügen Sie diesen Zusatz einfach jeder Überweisung hinzu. Wenn Sie sich doch dafür entscheiden, die Miete eigenständig zu mindern, gehen Sie das Risiko ein, dass die Mietpreisbremse in Ihrem Fall doch nicht greift. Sind Sie dann mit der Miete im Rückstand kann dies zur Kündigung des Mietverhältnisses führen.
Beachten Sie, dass Sie etwaige Forderungen nicht rückwirkend geltend machen können. Erfolgt die qualifizierte Rüge beispielsweise erst ein Jahr nach Unterzeichnung des Mietvertrags, können Sie für dieses Jahr keine Rückzahlungen von Ihrem Vermieter verlangen.
Greift die Mietpreisbremse eigentlich auch bei möblierten Wohnungen? Ja! Viele Mieter gehen davon aus, dass die Verordnung nicht greift, wenn eine Wohnung möbliert bezogen wurde. Immerhin liegt die Vermutung nahe, dass die Möbel den Wert der Wohnung steigern. Dies stimmt zwar auch, doch hat dies keine direkten Auswirkungen auf die Mietpreisbremse. Auch hier gilt die Kappung von zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete. Allerdings darf der Vermieter einen Zuschlag für die Möbel verlangen. Dafür muss er aber nachweisen, wie viel diese tatsächlich Wert sind.
Wer legt fest, wo die Mietpreisbremse gilt?
Im „Gesetz zur Dämpfung des Mietanstiegs auf angespannten Wohnungsmärkten“ ist nicht definiert, welche Städte und Gemeinden einen solchen angespannten Wohnungsmarkt vorweisen. Stattdessen ermächtigt das Gesetz die Landesregierungen Rechtsverordnungen zu erlassen, in denen diese Gebiete ausgewiesen sind. Als Indikatoren dienen das Bevölkerungswachstum, die Leerstandsquote, die Mietentwicklung sowie die Mietbelastung. Die entsprechenden Gebiete können für höchstens fünf Jahre als „angespannter Wohnungsraum“ ausgewiesen werden.
Fast alle Landesregierungen haben einen Bedarf gesehen und dementsprechend Gebiete mit angespannten Wohnungsräumen definiert. Als erstes reagierte Berlin: Die Bundeshauptstadt erklärte noch im Juni 2015 – also in dem Monat, in dem das Gesetz in Kraft trat – dass das gesamte Stadtgebiet unter die Mietpreisbremse zu fallen hat. Lediglich ein Bundesland sieht aktuell keinen Handlungsbedarf: Sachsen.
Wirkt die Mietpreisbremse?
Kritiker bescheinigen der Mietpreisbremse keinen Erfolg: Rein statistisch sind die Mieten gerade in Ballungsräumen weiter angestiegen. Eines der größten Probleme der Verordnung ist, dass Mieter nicht ausreichend über ihre Rechte informiert wurden. Nur wenige Menschen wissen, dass sie einen Anspruch auf Mietminderung durchsetzen könnten – und selbst wenn sie es theoretisch wissen, riskieren nur wenige Mieter die Auseinandersetzung mit dem Vermieter und den Gang vor Gericht. Immerhin steht zu Beginn meist nicht klar fest, wie hoch die Mietminderung schließlich ausfallen wird, da dies von vielen Kleinigkeiten abhängt. Darunter fallen zum Beispiel die genaue Lage der Wohnung, das Baujahr sowie die Ausstattung. Das Berechnen der ortsüblichen Vergleichsmiete ist daher alles andere als einfach.
Landgericht Berlin erklärt die Mietpreisbremse für verfassungswidrig
In einigen Fällen wurden Mieter vor Gericht sogar abgewiesen, weil die zuständigen Richter die Mietpreisbremsenverordnung insgesamt als verfassungswidrig erachten, so geschehen in Berlin. Dort argumentierte das Landgericht, dass die Mietpreisbremse gegen die Gleichbehandlung vor dem Gesetz verstößt, die in Artikel 3 des Grundgesetzes verankert ist. Als Beispiel verwiesen die Richter auf die unterschiedliche Behandlung von Vermietern in Berlin und München: Da die Vergleichsmiete in der bayerischen Landeshauptstadt bis zu 70 Prozent über der von Berlin liegt, dürften Münchner Vermieter weitaus höhere Mieten verlangen. Außerdem würden durch das Gesetz all jene Vermieter bevorzugt, die schon immer horrend hohe Mieten verlangt haben. Immerhin müssen diese nicht nachträglich angepasst werden.
Da allerdings nicht das Landgericht, sondern nur das Bundesverfassungsgericht darüber entscheiden darf, ob ein möglicherweise verfassungswidriges Gesetz gekippt wird, wurde die Entscheidung kurzerhand nach Karlsruhe verlegt. Noch ist unklar, welche Auswirkungen es auf Mieter und Vermieter haben könnte, wenn die Mietpreisbremse tatsächlich nicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist.
Formfehler machen Mietpreisbremse in Bayern unwirksam
Einen anderen Ansatz wählte das Landgericht München, welches die bayerische Mietpreisbremsenverordnung aufgrund von Formfehlern für unwirksam erklärte. Die Richter beschuldigten die bayerische Landesregierung, beim Verfassen der Regelung nicht dezidiert erklärt zu haben, aufgrund welcher Kriterien welche Gemeinden als „angespannte Wohnungsmärkte“ bezeichnet wurde. So ist es für Bürger nicht ersichtlich, warum gerade bei Ihnen die Mietpreisbremse greift und anderswo nicht.
Auch eine Nachbesserung der Verordnung würde nicht zur nachträglichen Heilung der Formfehler führen. De facto war die Mietpreisbremse in Bayern also von Anfang an unwirksam. Ob das Umschreiben der Verordnung die Deckelung der Mieten in Zukunft rechtfertigt, ist noch unklar.
Die Mietpreisbremse ist an sich vorerst bis zum 31. Dezember 2020 befristet. Erfolgt bis dahin keine Verlängerung des Gesetzes, erlischt sie automatisch.
Mietpreisbremse in Hessen ist unwirksam
Am 27. März 2018 hat das Landgericht Frankfurt am Main die hessische Mietpreisbremse für unwirksam erklärt. Grund dafür ist, dass der Gesetzgeber die Verordnung nicht ordnungsgemäß begründet hat (Az. 2-11 S 183/17).
Dem Gesetzgeber ist bei der Einführung der Mietpreisbremse in Hessen ein grober Fehler unterlaufen, denn es wurde lediglich ein „Begründungsentwurf“ vorgelegt. Dabei wurde jede Seite quer mit dem Wort „Entwurf“ gekennzeichnet. Laut Gericht mangle es an nachprüfbaren Tatsachen, weshalb die jeweiligen Gemeinden in die Verordnung aufgenommen wurden. Der Entwurf reiche nicht aus.
Mietpreisbremse in Hamburg ist unwirksam
Wie bereits die Verordnungen in Bayern und Hessen wurde nun auch die Mietpreisbremse in Hamburg aufgrund von Formfehlern für unwirksam erklärt. Dies entschied das Landgericht Hamburg mit Urteil vom 14. Juni 2018.
Die Landesverordnung in Hamburg hätte ihre Begründung, weshalb bestimmte Gebiete als solche mit „angespanntem Wohnungsmarkt“ deklariert wurden, der Öffentlichkeit zugänglich machen müssen. Dies sei jedoch erst im September 2017 – zwei Jahre nach Einführung der Hamburger Mietpreisbremse – geschehen. Bei allen Mietverträgen, die vorher abgeschlossen wurden, konnten sich Mieter und Vermieter daher nicht ausreichend über die Verordnung informieren, weshalb die Mietpreisbremse auf diese Verträge nicht angewendet werden kann. Ob die Mietpreisbremse bei Verträgen ab September 2017 greift, ließ das Gericht offen.
Schleswig-Holstein schafft die Mietpreisbremse ab
Im März 2019 hat Schleswig-Holstein als erstes Bundesland beschlossen, die Mietpreisbremse vorzeitig abzuschaffen. Sowohl die Mietpreisbremse selbst als auch die Absenkung der Kappungsgrenze für Mieterhöhungen sollen Ende November 2019 auslaufen. Stattdessen soll der Wohnungsbau verstärkt gefördert werden.