Flugstreik: Ihre Rechte bei Flugannullierung und Verspätung

Wenn Airline- oder Bodenpersonal streiken, kommt es regelmäßig zu Flugausfällen und erheblichen Verspätungen. Sind Sie betroffen und ist Ihr wohlverdienter Urlaub in Gefahr, lohnt es sich, wenn Sie Ihre Rechte als Fluggast genau kennen! Wann Ihnen eine Entschädigung zusteht, lesen Sie hier!

Autor:  Redaktion DAHAG Rechtsservices AG.

Mein Flug wurde streikbedingt annulliert. Was kann ich tun?

Wenn Ihr Flug aufgrund des Streiks gestrichen wurde, können Sie diesen kostenlos stornieren. Sie erhalten dann den Flugpreis zurück.

Möchten Sie die Reise dennoch antreten, muss die Airline sich um einen neuen Flug oder anderweitige Ersatzbeförderung für Sie kümmern. Inlandsflüge können meist in Bahntickets umgewandelt werden. Diesen Service bieten viele von Streiks betroffene Fluggesellschaften am Ticketschalter oder auf ihren Homepages an.

Beachten Sie allerdings, sich wegen der Umbuchung direkt an die Airline zu wenden. Sollte die Fluggesellschaft sich nicht um eine Ersatzbeförderung kümmern, dürfen Sie selbst einen Ersatzflug buchen. Sammeln Sie unbedingt die Belege für Ihnen entstandene Zusatzkosten.

Vorsicht: Wenn Sie sich selbst ein neues Ticket besorgen und der Preis dafür liegt über dem des ursprünglichen Flugtickets, könnten Sie auf den Mehrkosten sitzenbleiben, falls Sie die Airline nicht wegen der Umbuchung kontaktiert haben.

Auch ein Mietwagen ist eine Möglichkeit der alternativen Beförderung, allerdings werden die meisten Fluggesellschaften ihre Kunden aufgrund der verhältnismäßig hohen Kosten von Mietwagen eher auf die Bahn umbuchen. Sprechen Sie Ihre Airline am besten auf alle Optionen an. Sollte sich die Fluggesellschaft auf einen Mietwagen einlassen, empfiehlt es sich, um eine schriftliche Bestätigung zu bitten.

Erhalte ich bei einem streikbedingten Flugausfall eine Entschädigung?

Unter Umständen, ja. Zwar haben sich Fluggesellschaften in der Vergangenheit bei Streiks häufig auf „außergewöhnliche Umstände“ berufen und keine Entschädigungen ausgezahlt, doch hat sich der Europäische Gerichtshof (EuGH) im März 2021 auf die Seite der Reisenden gestellt (Az. C-28/20).

Demnach kann ein Streik einen Entschädigungsanspruch auslösen. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass der Streik unter Berücksichtigung von nationalem Recht abgehalten wurde und dass er „Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des Unternehmens“ ist. Das ist etwa dann der Fall, wenn Piloten direkt bei der Airline angestellt sind und sich offiziell für höhere Gehälter und fairere Arbeitszeiten einsetzen. Ein Entschädigungsanspruch entsteht demnach beispielsweise nicht, wenn Fluglotsen streiken, die gar nicht direkt bei der jeweiligen Fluggesellschaft angestellt sind.

Haben Sie Anspruch auf Entschädigung, so bemisst sich diese an der EU-Fluggastrechteverordnung. Bei einem Flugausfall stehen Ihnen demnach bis zu 600 Euro zu.

Gut zu wissen: Anspruchsinhaber ist der Fluggast

Ansprüche auf Erstattungsleistungen bei der Annullierung von Flügen hat der einzelne Fluggast. Wer den Flug gebucht und bezahlt hat, sei dabei irrelevant, entschied der Bundesgerichtshof in einem Urteil vom 27.09.2022 (X ZR 35/22).

Mein Flug hat aufgrund des Streiks Verspätung. Habe ich einen Anspruch auf Entschädigung?

Auch hier gilt: Hätte die Airline die Möglichkeit, den Streik unter Kontrolle zu bringen, kann ein Entschädigungsanspruch entstehen. Wie zuvor beschrieben, ist dies in der Regel dann der Fall, wenn der Streik einen Teil der üblichen Arbeitstätigkeit darstellt.

Wie hoch fällt die Entschädigung aus?

Die Höhe der Entschädigung bei einer Verspätung von mehr als 3 Stunden ist klar festgelegt. Bei einem Kurzstreckenflug von bis zu 1.500 Kilometern beträgt die Entschädigung 250 Euro. Bei Mittelstreckenflügen von bis zu 3.500 Kilometern erhalten Fluggäste 400 Euro und bei Langstreckenflügen ab 3.500 Kilometern stehen Passagieren 600 Euro zu.

Unabhängig davon, ob Ihnen Entschädigung zusteht oder nicht, haben Sie in jedem Fall Anspruch auf sogenannte Versorgungsleistungen. Beläuft sich die Verspätung bei Kurzstreckenflügen (bis 1.500 Kilometer) auf zwei Stunden, bei Mittelstreckenflügen (bis 3.500 Kilometer) auf drei Stunden oder bei Langstreckenflügen (ab 3.500 Kilometer) auf vier Stunden, muss die Fluggesellschaft Sie mit Getränken und Essen versorgen. Außerdem stehen Ihnen zwei kostenlose Telefonate oder E-Mails zu.

Mein Flug wurde nach dem offiziellen Streik-Ende gestrichen. Erhalte ich in diesem Fall eine Entschädigung?

Ja, in diesem Fall steht Ihnen eine Entschädigung gemäß der Fluggastrechte-Verordnung zu. Kommt es direkt vor oder nach dem Streik zu Flugausfällen, kann sich die Airline nicht auf höhere Gewalt berufen. Dies hat der Europäische Gerichtshof in einem Urteil vom 4. Oktober 2012 entschieden (Az. C-22/11). Das Gericht betonte, dass Fluggesellschaften sich sonst nahezu immer auf derartige Vorkommnisse berufen könnten und Passagiere dadurch nicht ausreichend geschützt würden.

Mein Flug wurde aufgrund eines wilden Streiks gestrichen. Bekomme ich eine Entschädigung?

Ja, wenn Ihr Flug aufgrund eines sogenannten wilden Streiks gestrichen wurde oder verspätet war, steht Ihnen eine Entschädigung gemäß Fluggastrechte-Verordnung zu. Dies entschied der Europäische Gerichtshof im April 2018. Bei einem wilden Streik handelt es sich um die kollektive Arbeitsniederlegung, die nicht zuvor von der Gewerkschaft ausgerufen wurde. Somit ist ein wilder Streik in Deutschland rechtswidrig.

Im entsprechenden Fall hatten sich zahlreiche TUIfly-Mitarbeiter nach der überraschenden Ankündigung von Umstrukturierungsmaßnahmen spontan krank gemeldet. Dies hatte die Annullierung und Verspätung zahlreicher Flüge zur Folge. Der Europäische Gerichtshof entschied, dass den betroffenen Fluggästen eine Entschädigung zustehe, da ein wilder Streik zum allgemeinen Risiko von Fluggesellschaften gehöre. Im Gegensatz zu gewerkschaftlich ausgerufenen Streiks handelt es sich hierbei nicht um „außergewöhnliche Umstände“.

Muss ich trotz Streik pünktlich am Flughafen sein?

Ja, Sie sollten trotz Streik pünktlich am Flughafen erscheinen. Gelingt es der Fluggesellschaft nämlich, spontan einen Ersatzflug zu organisieren und verpassen Sie diesen, entfällt Ihr Anspruch auf alternative Beförderung.

Handelt es sich um einen mehrtägigen Streik, empfiehlt es sich, bei der Airline nachzuhaken, ob Ersatzflüge geplant sind und ob Sie auf einen davon umgebucht wurden. So können Sie sicherstellen, dass Sie pünktlich zu Ihrem tatsächlichen Flug am Airport sind.

Streikbedingter Flugausfall bei einer Pauschalreise. Was nun?

Bei einer Pauschalreise ist nicht die Airline Ihr Ansprechpartner, sondern der Reiseveranstalter. Dieser ist dazu verpflichtet, Ihnen einen Ersatzflug zu organisieren, wenn Ihr eigentlicher Flug aufgrund eines Streiks gestrichen wurde.

Befinden Sie sich schon im Urlaub und wurde Ihr Rückflug annulliert, muss der Reiseveranstalter einen neuen Flug und gegebenenfalls auch ein Hotel für Sie organisieren.

Entsteht Ihnen aufgrund des Streiks eine Verspätung von mehr als fünf Stunden, können Sie den Reisepreis im Nachhinein mindern. Entfällt der Erholungswert Ihrer Reise gänzlich – beispielsweise weil Sie bei einer einwöchigen Reise mehrere Tage lang auf einen Ersatzflug warten müssen – können Sie die Reise kostenlos stornieren.


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