Nötigung: Was Sie über § 240 StGB wissen müssen

Unter Nötigung versteht man gemäß § 240 StGB das Erzwingen eines bestimmten Verhaltens. Es wird mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von bis zu 3 Jahren geahndet.

Autor:  Redaktion DAHAG Rechtsservices AG.

Im allgemeinen Sprachgebrauch sagt man oft mal: „Ich fühlte mich dazu genötigt“. Was so harmlos klingt, umschreibt aber tatsächlich eine Straftat, für die das Strafgesetzbuch empfindliche Strafen vorsieht. Dabei ist Nötigung sogar viel alltäglicher als man denkt, denn Nötigung im Straßenverkehr passiert beinahe täglich. Was genau man unter Nötigung versteht, worin der Unterschied zur Erpressung liegt und wie Sie sich gegen Nötigung im Straßenverkehr wehren können, erfahren Sie hier.

Was ist Nötigung?

Nötigung ist eine Straftat, die in § 240 Strafgesetzbuch (StGB) definiert ist. Dieser Paragraf dient dem Schutz der Freiheit der Willensbildung und –Betätigung, die durch Artikel 2 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) grundrechtlich geschützt ist. Mit anderen Worten: Dieser Paragraf soll sicherstellen, dass jeder Mensch seine eigenen Entscheidungen treffen darf und niemand ihn zu einer anderen Entscheidung oder zu einer nicht gewollten Tätigkeit drängen – nötigen darf. Unter Nötigung versteht man also das Erzwingen eines bestimmten Verhaltens und dieses wird mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von bis zu 3 Jahren geahndet.

Im Gesetzestext lautet das wie folgt:

„Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“

Die bestimmte Handlung oder das Unterlassen einer Handlung muss durch Gewalt oder die Androhung eines Übels – zum Beispiel Androhen von Gewalt geschehen. Der Begriff der Rechtswidrigkeit ist ebenfalls wichtig im Zusammenhang mit der Strafbarkeit von Nötigung. Drohen Sie Ihrem Kind mit Fernsehverbot, wenn es sein Gemüse nicht aufisst, so handelt es sich nicht um eine strafbare Nötigung.

Auch bereits der Versuch der Nötigung ist strafbar (§ 240 Art. 3 StGB).

In besonders schweren Fällen kann sogar eine Freiheitsstrafe von bis zu 5 Jahren verhängt werden. Ein solcher Fall liegt vor, wenn eine Schwangere dazu genötigt wird, die Schwangerschaft abzubrechen oder ein Amtsträger seine Stellung missbraucht (§ 240 Art. 4 StGB).

Was ist der Unterschied zwischen Nötigung und Erpressung?

Auf den ersten Blick erscheinen Nötigung und Erpressung sehr ähnlich. In beiden Fällen wird ein Mensch von einem andern durch Gewalt oder Drohungen dazu gezwungen, etwas zu tun oder etwas nicht zu tun. Der Unterschied bei den beiden Vergehen liegt allerdings darin, dass bei der Erpressung eine sogenannte Bereicherungsabsicht oder eine Vermögenschädigung vorliegt (§ 253 StGB). Das bedeutet, dass der Erpresser durch die Erpressung etwas „gewinnt“ – zum Beispiel Geld.

Beispiel: Ihr Exfreund hat von Ihnen pikante Fotos geschossen und droht Ihnen jetzt, diese zu veröffentlichen, wenn Sie ihm nicht 500 Euro bezahlen. Er hat ganz klar eine Bereicherungsabsicht, weswegen dieses Vergehen gegen Sie eine Erpressung darstellt. Löse- oder Schutzgeldzahlungen sind typische Beispiele für Erpressung.

Droht er Ihnen mit der Veröffentlichung der Bilder, wenn Sie ihm nicht einen letzten Abschiedskuss gewähren, bereichert er sich dadurch nicht. Der erzwungene Kuss fiele demnach unter Nötigung.

Nötigung im Straßenverkehr

Vermutlich wurde jeder von uns schon mal zu irgendetwas genötigt. Das ist nämlich viel alltäglicher, als Sie denken und am häufigsten passiert es im Straßenverkehr.

Kommt Ihnen diese Situation vielleicht bekannt vor?

Sie fahren auf der Landstraße. Hinter Ihnen kommt ein Auto an, fährt immer näher auf. Der Fahrer des Autos gibt Ihnen die Lichthupe und signalisiert Ihnen, dass Sie schneller fahren sollen. Schließlich fängt er an zu hupen. Sie fahren in seinen Augen zu langsam. Seine Stoßstange hängt beinahe in Ihrem Kofferraum und er hört nicht auf damit Sie zu bedrängen. Damit nötigt er Sie, entweder schneller zu fahren oder rechts ran zu fahren um ihn überholen zu lassen.

Sie fahren also weit rechts raus und lassen den Nörgler endlich vorbeiziehen. Er gibt Gas, überholt Sie und Sie denken, Sie sind ihn los. Doch plötzlich bremst er ab, wird langsamer und zwingt Sie dazu, auch langsamer zu fahren. Damit will er sich vielleicht an Ihnen rächen weil Sie vorhin in seinen Augen zu langsam gefahren sind? Egal, auch das fällt unter Nötigung und ist strafbar.

Nötigung im Straßenverkehr setzt in der Regel eine vorsätzliche Behinderung voraus. Klassische Beispiele sind:

  • Ausbremsen und Schneiden
  • Auffahren und Drängeln mit permanentem Aufblenden
  • Behinderung beim Überholen und absichtliches Langsamfahren.

Übrigens: Fährt hinter Ihnen ein anderer Autofahrer und gibt Ihnen mit einer Lichthupe oder auch einem einfachen Hupen die Vorwarnung, dass er Sie gleich überholen möchte, so ist dieses Verhalten noch nicht als Nötigung zu werten. Ein Überholvorgang darf mit Licht- oder Schallsignal angekündigt werden. Hört er aber nicht mehr auf zu hupen, geht das eindeutig über eine einfache Vorwarnung hinaus und damit zu weit.

Anzeige stellen bei Nötigung im Straßenverkehr

Da es im Verkehrsrecht kein eigenes Gesetz gegen Nötigung im Straßenverkehr gibt, wird auch hierauf der § 240 StGB angewendet. Nötigt Sie im Verkehr ein anderer Verkehrsteilnehmer zu einer Handlung, dann können Sie gegen ihn auf Grundlage des § 240 StGB Anzeige erstatten. Das geht persönlich bei der Polizei, telefonisch oder über die Online-Wache des jeweiligen Bundeslandes. Um Anzeige zu stellen sollten Sie sich den Fahrzeugtyp und das dazugehörige Kennzeichen merken - Zeugen sind nicht unbedingt nötig.

Aber Vorsicht: Zeigen Sie nicht vorschnell Verkehrs-Rowdys an, sondern überlegen Sie sich in Ruhe, ob das Verhalten des Fahrers, den Sie gern anzeigen würden, wirklich unter Nötigung fällt oder ob er vielleicht nicht einfach rücksichtslos gefahren ist. Wird dieser verurteilt, streicht der Staat die Geldstrafe dafür ein.

Aufgrund der deutschen Strafprozessordnung (StPO) sind Polizei und Staatsanwaltschaft nämlich dazu verpflichtet einer Anzeige nachzugehen und ein Ermittlungsverfahren einzuleiten (§ 160 StPO).

Welche Strafen drohen bei Nötigung im Straßenverkehr

Die Strafen für Nötigung im Straßenverkehr sind im Bußgeldkatalog geregelt. Sie reichen von einer Geldstrafe bis hin zu einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren. Außerdem können Punkte in Flensburg und ein Fahrverbot von ein bis drei Monaten verhängt werden. In besonders schlimmen Fällen kann die Fahrerlaubnis auch entzogen werden.

Dafür müssen Sie übrigens nicht mal selbst im Auto gesessen sein. Halten Sie beispielsweise einen Parkplatz für Ihren Freund frei und verstellen diesen mit einem Einkaufswagen oder ähnlichem Gegenstand, sodass niemand anderes sich den freien Parkplatz schnappen kann oder treten sogar gegen ein Auto, das in den Parkplatz einfahren möchte, so fällt auch das unter Nötigung. Unter Umständen müssen Sie sich dann für ein paar Wochen von Ihrem Führerschein verabschieden.

Im Zuge der Ermittlungen kann es vorkommen, dass das Verhalten nicht als Nötigung eingestuft wird. Zu nahes Auffahren zum Beispiel zählt nicht zwingend als Nötigung. Dennoch ist es im Straßenverkehr verboten und würde als Ordnungswidrigkeit belangt werden. Dafür sind die Strafen aber nicht so hoch wie bei Nötigung.

Anzeige wegen Nötigung erhalten: Was jetzt?

Es klingelt an der Tür, Sie öffnen und ein Polizeibeamter teilt Ihnen mit, dass Sie wegen Nötigung im Straßenverkehr angezeigt wurden. Klingt nach schlechtem Film? Tatsächlich ist es aber gar nicht so abwegig. Die Mitteilung über eine Anzeige wegen Nötigung erreicht Sie entweder schriftlich oder manchmal auch mündlich durch Polizeibeamte. Selbstverständlich sitzt da der Schock erst mal tief und vielleicht können Sie sich auch überhaupt nicht mehr an die Fahrt erinnern, auf der Sie jemanden genötigt haben sollen.


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