Gesetzliche Gewährleistung – Was bedeutet das?

Sie haben einen neuen Pullover gekauft und nach dem ersten Waschen fällt Ihnen ein Loch auf? Oder das Display Ihres neuen Smartphones reagiert auf einmal nicht mehr? In solchen Fällen greift die gesetzliche Gewährleistung. Was genau eine Gewährleistung ist und welche Rechte Sie als Käufer haben, erfahren Sie hier.

Autor:  Redaktion DAHAG Rechtsservices AG.

Gewährleistung: Was ist das?

Gewährleistung ist laut § 434 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) die Pflicht des Verkäufers, für Mängel des Produkts oder einer Werkleistung – meist ein Reparatur- oder Montageauftrag – einzustehen. Darüber hinaus gilt zum Beispiel auch im Mietrecht und Baurecht oder bei Dienstleistungsverträgen eine Gewährleistungspflicht.

Der Käufer eines Produkts oder einer Dienstleistung hat also einen Anspruch darauf, eine sogenannte mangelfreie Sache zu erhalten.

Aber wann liegt ein Mangel vor?

Eine mangelhafte Lieferung liegt dann vor, wenn die Ware nicht die Eigenschaften hat, die zwischen Käufer und Verkäufer vereinbart wurden. Wurden diese Eigenschaften im Vertrag nicht konkret festgehalten, muss das Produkt die Eigenschaften haben, die ein solches Produkt üblicherweise hat.

Beispiel: Ihre neue Kaffeemaschine brüht plötzlich nur noch lauwarmen Kaffee. Üblicherweise brüht eine Kaffeemaschine aber heißen Kaffee. Die Maschine hat also nicht die Eigenschaften, die sie normalerweise haben sollte. Es liegt also ein Mangel vor.

Auch eine unsachgemäße Reparatur oder Montage gilt als Mangel.

Beispiel: Der Fensterheber Ihres Autos ruckelt immer, wenn Sie das Fenster runterkurbeln. Sie bringen daraufhin das Auto in die Werkstatt und wollen, dass der Fensterheber repariert wird. Doch nachdem Sie das Auto aus der Werkstatt abgeholt haben ruckelt der Fensterheber immer noch. Die Werkstatt hat also eine mangelhafte Reparatur durchgeführt. Sie können nun Ihr Gewährleistungsrecht in Anspruch nehmen und von der Werkstatt verlangen, den Fensterheber noch einmal Nachzubessern. Mit einer Aufforderung ist es jedoch nicht getan: Sie müssen der Werkstatt mindestens zwei Nachbesserungsversuche einräumen. Verweigert die Werkstatt Ihnen die Nachbesserung oder kommt dieser nicht innerhalb einer festgesetzten Frist nach, können Sie Ihre Rechnung vermindern oder Ihr Auto auf Kosten der Werkstatt von jemanden anderes reparieren lassen.

Achtung: Einen Anspruch auf Gewährleistung haben Sie nur dann, wenn Sie den Mangel nicht selbst verschuldet haben oder der Mangel nicht eine normale Verschleißerscheinung ist. Damit die Gewährleistung greift, muss der Mangel bereits zu dem Zeitpunkt vorhanden gewesen sein, zu dem der Verkäufer die Ware oder die Werksleistung an den Käufer übergeben hat.

Ihre Möglichkeiten bei einem Mangel

Bei mangelhafter Ware haben Sie nach § 437 BGB das Recht auf einen Ersatz oder eine Reparatur. Sollte die Lieferung eines Ersatzes im Vergleich zur Reparatur für den Verkäufer unverhältnismäßig teurer sein, darf der Verkäufer jedoch auf eine Reparatur bestehen. Am besten setzen Sie dem Verkäufer für die Beseitigung des Mangels eine angemessene Frist. Ein Zeitraum zwischen einer und zwei Wochen ist in den meisten Fällen angemessen. 

Anspruch auf Rücktritt oder Kaufpreisminderung

Sie können vom Vertrag zurücktreten oder den Kaufpreis mindern, wenn

  • der Verkäufer die Nacherfüllung verweigert (§ 323 BGB)
  • der Mangel trotz zwei Nachbesserungsversuchen nicht behoben werden konnte
  • dem Käufer die Nachbesserung nicht zumutbar ist (§ 440 BGB) - zum Beispiel, wenn der Käufer arglistig getäuscht wurde

In diesem Fall müssen Sie die Ware zurückgeben und bekommen im Gegenzug Ihr Geld zurück. Bei einer mangelhaften Reparatur oder Montage haben Sie außerdem das Recht, diese selbst zu korrigieren und dem Verkäufer Ihren Aufwand in Rechnung zu stellen.

Bis wann muss die Gewährleistung geltend gemacht werden?

Die Gewährleistungsansprüche müssen innerhalb bestimmter Fristen geltend gemacht werden. In der Regel beträgt die Verjährungsfrist zwei Jahre. Für bestimmte Fälle gelten jedoch andere Fristen. Nach Ablauf dieser Fristen sind die Ansprüche verjährt und Sie können sich nicht mehr auf die Gewährleistungspflicht berufen. Machen Sie Ihre Ansprüche daher rechtzeitig geltend.

Achtung: Laut § 305 BGB darf der Verkäufer in Ausnahmefällen den Zeitraum, in dem er zu einer Gewährleistung verpflichtet ist, verkürzen. Dies ist dann der Fall, wenn der Verkäufer im Gegenzug einen besonders günstigen Preis anbietet – zum Beispiel wenn der Verkäufer ein Ausstellungsstück besonders günstig verkauft oder der Verkäufer ein Produkt als mangelhalft kennzeichnet und daher den Preis senkt. Eine Kürzung des Gewährleistungszeitraums ist auch beim Kauf gebrauchter Gegenstände möglich. Eine generelle Verkürzung, die in den allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) geschrieben steht, ist im Regelfall jedoch nicht zulässig.

Allerdings gibt es noch einige Ausnahmen: Handelt es sich um ein Geschäft zwischen zwei Unternehmen, kann die Gewährleistung ausgeschloßen werden. Auch bei einem Geschäft zwischen zwei Privatpersonen, wie zum Beispiel beim Verkauf von gebrauchten Gegenständen, gelten für die Gewährleistung andere Regeln.

 

Gut zu wissen: Unwirksame Verkürzung der Verjährung

Eine Klau­sel in einer All­ge­mei­nen Ge­schäfts­be­din­gung, in der ein Ver­käu­fer die ge­setz­li­che Ver­jäh­rungs­frist von kauf­recht­li­chen Ge­währ­leis­tungs­an­sprü­chen von zwei Jah­ren auf bis zu ein Jahr ver­kürzt, ist un­wirk­sam, wenn sie auch Ge­sund­heits­schä­den um­fasst. Dies entschied das BGH in einem Urteil vom 24.03.2022 (III ZR 263/20)

Gewährleistung: Bei wem liegt die Beweispflicht?

Bei der gesetzlichen Gewährleistung tritt die sogenannte Beweislastumkehr ein. Nicht Sie müssen beweisen, dass der Mangel bei der Übergabe vorhanden war, sondern der Verkäufer muss Ihnen nachweisen, dass der Mangel erst nach der Übergabe eingetreten ist.

Gut zu wissen: Beim Verbrauchsgüterkauf, also wenn ein Verbraucher ein Produkt von einem Unternehmen kauft, müssen Sie den Mangel nicht sofort bei der Übergabe erkennen. Kaufen Sie als Privatperson Ihre Ware von einem Unternehmen und entdecken innerhalb von 12 Monaten nach Übergabe der Ware einen Mangel (bis Ende 2021: 6 Monate), wird automatisch vermutet, dass der Mangel bereits bei der Übergabe vorhanden war (§ 477 BGB). Nach Ablauf der ersten zwölf Monate dreht sich die Beweislast wieder um. Das heißt, dass Sie dem Verkäufer zwischen dem 13. Monat und dem Ende des Gewährleistungszeitraums beweisen müssen, dass die Ware bereits zum Zeitpunkt der Übergabe einen Mangel hatte.

Beispiel: Herr Schneider kauft im Mai in einem Elektronikfachhandel einen Kühlschrank. Der Kühlschrank wird im Juni geliefert. Im Dezember bemerkt Herr Schneider, dass die Kühlschranktür undicht ist. Der Kühlschrank kann so nicht mehr richtig kühlen. Da Herr Schneider den Mangel innerhalb von 12 Monaten nach der Übergabe des Kühlschranks im Juni entdeckt hat, muss der Elektronikfachhandel nachweisen, dass Herr Schneider die Dichtung selbst kaputt gemacht hat. Ansonsten kann Herr Schneider sein Gewährleistungsrecht in Anspruch nehmen und vom Elektronikfachhandel eine Reparatur verlangen.

Gewährleistung und Garantie – Wo liegt der Unterschied?

Umgangssprachlich werden die Begriffe Gewährleistung und Garantie oft gleichgesetzt. Juristisch ist das jedoch falsch. Denn eine Garantie ist immer ein freiwilliges Versprechen des Herstellers oder Verkäufers. Der Verkäufer kann dabei selbst entscheiden, was die Garantie alles umfasst. Die Gewährleistung hingegen ist gesetzlich vorgeschrieben. Es ist genau festgelegt, in welchem Zeitraum die Gewährleistung gilt und welche Rechte der Käufer bei einem Mangel geltend machen kann. Der Verkäufer darf diese Rechte nicht beschränken, obwohl dies häufig versucht wird.

Auch wenn der Hersteller Ihnen eine Garantie für Ihr Produkt bietet, schränkt das Ihre Gewährleistungsansprüche nicht ein und umgekehrt.

Beispiel: Frau Müller hat sich ein neues Smartphone gekauft. Doch ihr ist das Handy runtergefallen und das Display hat nun einen Sprung. Da das kein Mangel ist, der bei Übergabe der Ware vorhanden war, kann sie ihr Gewährleistungsrecht nicht in Anspruch nehmen. Allerdings hat der Hersteller ihr eine Garantie gegeben, die einen kostenlosen Tausch des Displays miteinschließt. Frau Müller kann also ihr Smartphone zum Hersteller schicken und bekommt ein neues Display.

Weiteres Beispiel: Herr Schmidt hat sich einen neuen Reisekoffer gekauft. Der Hersteller hat ihm für ein halbes Jahr eine Garantie auf die Rollen des Koffers gegeben. Kurz nachdem die Garantie abgelaufen ist, löst sich eine Rolle des Koffers. Die Garantie ist zwar abgelaufen, aber da der Mangel innerhalb von 12 Monaten nach dem Kauf aufgetreten ist, kann Herr Schmidt - ohne dem Verkäufer etwas beweisen zu müssen - von seinem Gewährleistungsrecht Gebrauch machen. Dadurch bekommt er kostenlos einen neuen Koffer vom Verkäufer oder kann den kaputten Koffer kostenlos reparieren lassen.

Gut zu wissen: Häufig schreiben Händler, dass zum Beispiel reduzierte Waren vom Umtausch ausgeschlossen sind. Doch der sogenannte Umtausch ist ein freiwilliges Angebot des Händlers. Ihre Gewährleistungsansprüche gelten unabhängig davon, ob der Händler Ihnen eine Möglichkeit zum Umtausch gibt. Haben Sie also einen reduzierten Pullover gekauft und hinterher ein Loch entdeckt, können Sie trotzdem vom Händler verlangen, diesen Mangel zu beseitigen.

Gewährleistung bei digitalen Inhalten

Auch beim Kauf von digitalen Inhalten (wie zum Beispiel von Computerprogrammen, Apps, Hörbüchern oder Abonnements von Streaming-Diensten) haben Sie Gewährleistungsansprüche, sollten die Inhalte Mängel aufweisen.

Ein digitaler Inhalt gilt als mangelhaft, wenn:

  • das Programm nicht einwandfrei funktioniert und zum Beispiel ständig hängen bleibt
  • die Laufzeiten eines Programms deutlich länger sind als gewöhnlich
  • die Installation aufgrund fehlender oder unverständlicher Installationsanweisung nicht möglich ist
  • ein Standard-Software-Produkt Sicherheitslücken aufweist

Gut zu wissen: Ein Mangel ist es jedoch nur dann, wenn das Problem unabhängig von Ihrer Hardware auftritt. Also wenn das Programm nicht nur speziell auf Ihrem Computer nicht funktioniert, sondern auch auf anderen Computern. Wenn durch einen defekten digitalen Inhalt ein Folgeschaden an Ihrem Computer oder Smartphone entsteht, können Sie außerdem Schadensersatz beanspruchen.


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