Mangelhafte Lieferung: Welche Rechte Sie als Käufer jetzt haben
Es ist so gut wie jedem schon einmal passiert: Man bestellt sich etwas, doch was man bekommt, ist entweder die falsche oder eine mangelhafte Ware. Was macht man am besten in dieser Situation? Hier erfahren Sie, wann Sie von einer mangelhaften Lieferung betroffen sind und welche Rechte Sie als Kunde haben.
Das Wichtigste im Überblick
- Ihre Lieferung ist mangelhaft, wenn ein Sach- oder Rechtsmangel vorliegt.
- Die Behebung des Mangels kann durch Nachbesserung oder Ersatzlieferung erfolgen.
- Schlagen die Behebungsversuche fehl, können Sie Minderung, den Rücktritt vom Kaufvertrag oder gegebenenfalls Schadenersatz fordern.
- Die Gewährleistungsfrist umfasst in der Regel 2 Jahre. In dieser Zeit können Sie Anspruch auf Nacherfüllung erheben.
Mangelhafte Lieferung: Definition und Mängelarten
Eine mangelhafte Lieferung ist eine der 4 Kaufvertragsstörungen neben Annahmeverzug, Lieferverzug und Zahlungsverzug. Laut Definition spricht man von einer mangelhaften Lieferung, oder auch Schlechtleistung, wenn bei der gelieferten Ware ein Sach- oder Rechtsmangel vorliegt (§ 433 BGB).
Ein Rechtsmangel (§ 435 BGB) liegt vor, wenn Dritte noch Rechte am Verkaufsgegenstand besitzen. Ein Beispiel: Sie kaufen einen Gebrauchtwagen von einem Händler, der gestohlene Autos weiterverkauft. Ein Sachmangel (§ 434 BGB) besteht, wenn der erhaltene Artikel nicht dem entspricht, was im Kaufvertrag festgelegt wurde. Sachmängel sind weitaus geläufiger und werden im Folgenden weiter beleuchtet.
Wann liegt ein Sachmangel vor? Mängelarten und Beispiele
Es gibt viele unterschiedliche Arten von Sachmängeln, die alle möglichen Bereiche abdecken. Diese sind:
Beschaffenheitsmängel | Mängel an der Qualität, Leistung oder Eigenschaft, sowie falsche Werbeversprechen gelten als Beschaffenheitsmängel. Konkret bedeutet das: Die Ware ist defekt, nicht für den gewünschten Zweck verwendbar, hat die falschen Maße oder nicht die gewünschte Farbe oder hält nicht, was Ihnen in der Werbung versprochen wurde. |
Montagemängel | Haben Sie ein Möbelstück bestellt und bei der mitgebuchten Montage unterläuft ein Fehler, so handelt es sich um einen Montagemangel. Auch wenn die beigelegte Montageanleitung fehlerhaft ist und zu Montagefehlern führt, liegt ein Montagemangel vor. In diesem Fall spricht man von der sogenannten IKEA-Klausel. |
Falschlieferungen | Eine Falschlieferung liegt vor, wenn Ihnen nicht das bestellte, sondern ein völlig anderes Produkt geliefert wurde. Statt dem Produkt mit der Artikelnummer A123 haben Sie das mit der Artikelnummer A456 erhalten. |
Minderlieferungen | Bei einer Minderlieferung haben Sie nicht die von Ihnen bestellte Menge geliefert bekommen. Statt 20 Kilogramm Blumenerde wurden Ihnen nur 10 Kilogramm geliefert. |
Weitere Mängelarten
Zusätzlich zu den Sach- und Rechtsmängeln kann eine Schlechtleistung in offene, versteckte, und arglistig verschwiegene Mängel unterteilt werden. Diese Mängelarten können gleichzeitig auftreten, zum Beispiel ein offener Sachmangel oder ein arglistig verschwiegener Rechtsmangel.
- Offene Mängel: Wie der Name vermuten lässt, handelt es sich bei einem offenen Mangel um einen Mangel, der ohne weiteres sichtbar ist. Beispiel: Sie kaufen online ein Tee-Service und es kommt in Scherben bei Ihnen an.
- Versteckte Mängel: Ein versteckter Mangel ist ein Mangel, der sich erst später nach dem Kauf zeigt. Beispiel: Sie kaufen ein Smartphone und zuhause merken Sie, dass es gar nicht erst angeht. Auf den ersten Blick konnten Sie diesen Mangel nicht erkennen.
- Arglistig verschwiegene Mängel: Von einem arglistig verschwiegenen Mangel redet man, wenn der Verkäufer zum Zeitpunkt des Verkaufes von dem Mangel zwar wusste, dieser dem Kunden aber nicht offenbart wurde. Beispiel: Sie kaufen ein Auto und der Verkäufer verschweigt Ihnen, dass es sich um ein Unfallfahrzeug handelt.
Ihre Rechte als Käufer bei einer mangelhaften Lieferung
Sie haben das Recht auf einen vollständig erfüllten Kaufvertrag. Ist dies durch eine Schlechtleistung nicht gegeben, haben Sie laut § 437 BGB folgende Rechte im Rahmen der Gewährleistung, um Ihren Anspruch geltend zu machen.
Vorrangige Rechte
Sobald Sie eine mangelhafte Lieferung aufgrund eines Sach- oder Rechtsmangels erhalten haben, haben Sie als Käufer vor- und nachrangige Rechte. Zunächst zu den vorrangingen Rechten – der Anspruch auf Nacherfüllung (§ 439 BGB). Hier haben Sie die Möglichkeit, den Verkäufer um Nachbesserung beziehungsweise Reparatur oder Ersatzlieferung zu bitten. Welche der beiden Möglichkeiten für Sie geeigneter ist, ist situationsabhängig und die Wahl bleibt vollends Ihnen überlassen, solange es in einem vernünftigen Rahmen bleibt und für den Verkäufer machbar ist. Gerade Sonderanfertigungen stellen Ausnahmen da. Bei einer maßangefertigten Wohnwand gelten andere Regelungen als bei einer aus dem regulären Online-Versand. Sollte eine Nacherfüllung auch nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten möglich sein, so hat der Verkäufer das Recht, die Nacherfüllung zu verweigern.
Nachbesserung oder Reparatur
Ist zum Beispiel der neu gekaufte Vollautomat mit einem defekten Heizelement geliefert worden, lohnt es sich allein aus ökologischen Gründen, eine Reparatur zu fordern – immerhin handelt es sich um einen Mangel, der häufig auftritt und schnell behoben werden kann. Bei sperrigen Artikeln oder leicht zerbrechlichen Gegenständen können Sie eine Reparatur vor Ort verlangen. Dies ging aus einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 23.05.2019 (Az. C-52-18) hervor.
Ist die Ware nach einer Reparatur immer noch defekt, müssen Sie nicht unzählige Nachbesserungsversuche hinnehmen. Für Kaufverträge, die vor dem 1. Januar 2022 abgeschlossen wurden, gelten 2 Versuche, bis Sie vom Kaufvertrag zurücktreten können. Für Kaufverträge, die nach dem 1. Januar 2022 abgeschlossen wurden, können Sie nach bereits einem Versuch vom Kaufvertrag zurücktreten. Handelt es sich allerdings um technisch komplexe Geräte, können Ausnahmen gelten.
Neue EU-Richtlinien für Reparaturleistungen
Ein neues EU-Gesetz soll in Zukunft dafür sorgen, dass defekte Produkte nicht gleich auf dem Müllhaufen landen, sondern zur Reparatur geschickt werden. Zum einen erhalten Verbraucherinnen und Verbraucher ein Recht auf Reparatur. Das heißt, sie haben künftig einen Anspruch darauf, eine defekte Ware auch nach Ablauf der Gewährleistungsfrist direkt vom Hersteller reparieren zu lassen. Die gesetzliche Gewährleistung von 2 Jahren soll in diesem Fall um ein zusätzliches Jahr verlängert werden. So soll sichergestellt werden, dass sich die Reparatur für Verbraucher:innen auch wirklich lohnt. Zum anderen werden die EU-Mitgliedstaaten verpflichtet, verschiedene Reparaturanreize (zum Beispiel Garantie-Gutscheine oder steuerliche Vorteile) zu fördern. Bislang umfassen die neuen Richtlinien vor allem Smartphones und Haushaltsgeräte wie Staubsauger, Kühlschränke oder Waschmaschinen. Eine Erweiterung der Liste ist in Zukunft möglich. Die Mitgliedstaaten haben nun 2 Jahre Zeit, das neue Reparaturrecht in ihr nationales Gesetz zu übertragen.
Ersatzlieferung
Eine Ersatzlieferung liegt nahe, wenn der Mangel in Ihrer Lieferung ein falscher Artikel war oder eine Nachbesserung mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden ist. Hier wird Ihnen im Austausch für die mangelhafte Ware ein fehlerfreier Artikel zugesendet. Sollten Sie erneut mangelhafte Ware erhalten, können Sie bereits nach einem Versuch vom Kaufvertrag zurücktreten.
Sowohl bei einer Reparatur als auch einer Ersatzlieferung dürfen Ihnen keine Kosten für den Versand an den Verkäufer oder Hersteller berechnet werden. Ebenso sind Sie nicht nur an eine Option gebunden. Entscheiden Sie sich zunächst für eine Reparatur, ändern allerdings Ihre Meinung und verlangen eine Ersatzlieferung, so muss der Verkäufer diesem Wunsch nachkommen.
Fristen
Für eine Nacherfüllung, also Reparatur oder Ersatzlieferung, müssen Sie dem Verkäufer eine angemessene Frist geben. Diese Frist können Sie selbst festlegen. Normalerweise sind 2 Wochen eine angemessene Zeit, je nach Schwere des Mangels sind jedoch bis zu 6 Wochen angemessen. Sollte der Händler diese Frist nicht einhalten können oder die Nacherfüllung verweigern, können Sie von den nachrangigen Rechten Gebrauch machen.
Gut zu wissen
Bei Kaufverträgen, die ab dem 1. Januar 2022 abgeschlossen wurden, müssen Sie dem Verkäufer keine Frist mehr für eine Nacherfüllung setzen. Empfehlenswert ist es dennoch.
Nachrangige Rechte
Sollte eine Nacherfüllung nicht möglich oder erfolglos gewesen sein, können Sie von den nachrangigen Rechten Gebrauch machen. Hierunter zählen Minderung (§ 441 BGB), der Rücktritt vom Kaufvertrag oder Schadenersatz (§§ 440 und 475d).
Minderung
Ist die Reparatur oder eine Ersatzlieferung fehlgeschlagen, der Mangel an Ihrer Lieferung aber nur geringfügig beziehungsweise eine Reparatur nicht notwendig, können Sie eine Kaufpreisminderung verlangen. Ein gutes Beispiel hierfür ist ein Schönheitsfehler wie ein Kratzer, den man leicht verstecken kann. Hier behalten Sie die mangelhafte Ware, zahlen aber einen niedrigeren Preis. Haben Sie bereits den vollen Preis gezahlt, so hat der Verkäufer den überschüssigen Betrag zurückzuerstatten (§ 441 Abs. 4 BGB). Die Höhe der Preisminderung steht in der Regel im Verhältnis zum Umfang des Mangels.
Rücktritt vom Kaufvertrag
Sie haben alles versucht. Sie haben um Nacherfüllung gebeten, Fristen gesetzt und der Händler hat seine Vertragspflichten dennoch nicht erfüllt. Der gekaufte Artikel ist immer noch mangelhaft und Sie wollen ihn auch nicht mehr. In diesem Fall haben Sie die Möglichkeit, vom Kaufvertrag zurückzutreten. Wichtig ist, dass Sie Ihrem Vertragspartner deutlich den Rücktritt vom Kaufvertrag bekannt geben. Sobald Sie Ihren Rücktritt vom Kaufvertrag wirksam gemacht haben, geben Sie Ihre mangelhafte Ware an den Händler zurück und bekommen den Kaufpreis zurückerstattet.
Schadenersatz
Ist neben der Leistung ein größerer Schaden entstanden, den ein Rücktritt vom Kaufvertrag und somit die Rückzahlung des Kaufpreises nicht ausgleichen kann, können Sie zusätzlich zu der Nacherfüllung noch einen Schadensersatz fordern. Ihr Recht auf Schadenersatz greift allerdings nur, wenn der Händler den Schaden verschuldet hat. Ein passendes Beispiel ist, wenn bei der Lieferung durch den Händler ein Sachschaden an einer anderen Sache entstanden ist – etwa ein Schaden an der Einbauküche beim Anschließen der neuen Spülmaschine.
Gewährleistungsfrist: Wie lange kann ich Mängel geltend machen?
Bei neu gekauften Waren gilt eine gesetzliche Gewährleistungsfrist von 2 Jahren nach Erhalt des Artikels. Ausnahmen gelten bei gebrauchter Ware. Hier kann der Verkäufer in den allgemeinen Geschäftsbedingungen oder durch persönliche Absprache mit dem Käufer den Geltungszeitraum auf ein Jahr verkürzen. Weitere Infos und Tipps finden Sie in unserem Ratgeber zur gesetzlichen Gewährleistung.
Gut zu wissen
Hat der Verkäufer einen Mangel arglistig verschwiegen, haben Sie 3 Jahre nach Kenntnis des Mangels einen Anspruch auf Nacherfüllung. Beachten Sie, dass Sie Mängel innerhalb der Gewährleistungsfrist geltend machen müssen. Laut § 475e Absatz 3 kann die Verjährung frühestens 4 Monate nach erstmaligem Auftreten des Mangels eintreten.
Annahme- und Lieferverzug knapp erklärt
Neben der mangelhaften Lieferung gibt es noch drei weitere Kaufvertragsstörungen. Der Lieferverzug (§ 286 BGB), ist genauso wie die mangelhafte Lieferung eine Pflichtverletzung des Verkäufers. Der Annahmeverzug (§ 293 BGB) ist eine Pflichtverletzung des Käufers.
Welche Rechte habe ich bei Lieferverzug?
Ist Ihre Lieferung nach dem festgelegten Liefertermin immer noch nicht angekommen, können Sie ähnlich wie bei der mangelhaften Lieferung handeln. Sie können also eine Kaufpreisminderung verlangen oder nach einer angemessenen Nachfrist vom Kaufvertrag zurücktreten. Schadenersatz ist nur in Fällen möglich, in denen der Verzug einen tatsächlichen Schaden verursacht hat. Wichtig ist: Der Händler muss den Lieferverzug zu verschulden haben. Bei Lieferverzug aufgrund von höherer Gewalt trifft den Händler keine Schuld.
Wann bin ich als Käufer in Annahmeverzug?
Haben Sie bei einem Händler einen Artikel bestellt und weigern sich unberechtigt, diesen anzunehmen, beispielsweise durch Abwesenheit, so geraten Sie in Annahmeverzug. Sollte bei der Rücksendung die von Ihnen nicht angenommene Ware beschädigt werden, haben Sie dies zu verantworten.