Abwicklungsvertrag: Was darin geregelt wird
Infolge einer Kündigung durch den Arbeitgeber sehen sich viele Angestellte mit einem Abwicklungsvertrag konfrontiert. Darin wird geregelt, wie genau das Ende des Arbeitsverhältnisses auszusehen hat, also was beispielsweise mit Ihren verbleibenden Überstunden oder Urlaubstagen passiert. Der Teufel liegt dabei meist im Detail, weshalb Sie auf keinen Fall zu voreilig unterschreiben sollten: Dies kann nämlich ungeahnte Folgen mit sich bringen!
Der Abwicklungsvertrag: Alles was Sie wissen müssen!
- Einem Abwicklungsvertrag muss immer eine Kündigung vorausgehen.
- Der Abwicklungsvertrag selbst beendet das Arbeitsverhältnis nicht; er regelt nur die Folgen der Kündigung.
- Ein Abwicklungsvertrag ist eine zweiseitige Regelung: Er findet nur dann Anwendung, wenn Sie ihn akzeptieren.
- Vorsicht vor der voreiligen Unterschrift: Der Abwicklungsvertrag kann zu einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeld führen.
Was wird in einem Abwicklungsvertrag geregelt?
Das Wichtigste vorab: Einem Abwicklungsvertrag muss immer eine Kündigung vorausgehen. Das liegt daran, dass der Abwicklungsvertrag selbst das Arbeitsverhältnis nicht beendet. In ihm wird nur geregelt, wie dessen Beendigung genau geregelt ist. Eine Ausnahme gibt es jedoch, bei welcher der Abwicklungsvertrag nicht auf eine Kündigung folgt, nämlich wenn darin geregelt wird, wie das Ende eines befristeten Arbeitsverhältnisses ablaufen soll. Da die Beschäftigung in diesem Fall ohnehin zeitlich begrenzt ist, kann ein Abwicklungsvertrag ohne Kündigung geschlossen werden.
Die zwei häufigsten Regelungen in einem Abwicklungsvertrag:
- Der Arbeitnehmer akzeptiert die Kündigung: Der Arbeitnehmer erkennt die Kündigung als wirksam an und verzichtet auf das Einreichen einer Kündigungsschutzklage.
- Der Arbeitgeber bietet eine Abfindung an: Im Gegenzug für das Akzeptieren der Kündigung verpflichtet sich der Arbeitgeber zur Zahlung einer Abfindung.
Bevor Sie als Arbeitnehmer den Vertrag unterschreiben, sollten Sie sich also darüber im Klaren sein, dass Sie dadurch freiwillig auf essenzielle Arbeitnehmerrechte verzichten. Selbst wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass Ihr Chef Ihnen gar nicht hätte kündigen dürfen, können Sie sich nicht mehr gegen die Kündigung wehren: Mit Unterzeichnung des Abwicklungsvertrags wird die Kündigung rechtlich wirksam.
Sind Sie sich unsicher, ob Sie den Abwicklungsvertrag unterschreiben wollen oder ob das Einreichen einer Kündigungsschutzklage der richtige Weg für Sie ist, können Sie den Rat eines Anwalts einholen. Die selbstständigen Kooperationsanwälte der DAHAG beantworten Ihre Fragen telefonisch oder per Mail. Lassen Sie Ihren Abwicklungsvertrag prüfen und erhalten Sie hilfreiche Tipps zum weiteren Vorgehen. Doch zögern Sie dabei nicht: Für das Einreichen der Kündigungsschutzklage haben Sie nur drei Wochen Zeit!
Daneben können im Abwicklungsvertrag noch viele weitere Details geklärt werden. Der Kreativität von Arbeitnehmer und Arbeitgeber sind dabei keine Grenzen gesetzt, denn inhaltliche Vorgaben gibt es nicht.
- Freistellung des Arbeitnehmers ab einem bestimmten Datum und bis zum Ablauf der eigentlichen Kündigungsfrist
- Inhalt des Zeugnisses und Zeugnisnote
- Anspruch auf Restzahlungen, vor allem bei Einmalzahlungen wie Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld
- Auszahlung von Überstunden
- Anspruch auf Urlaubsabgeltung (d. h. die Auszahlung von verbliebenen Urlaubstagen, die aufgrund der Freistellung nicht mehr genommen werden können)
- Rückgabeverpflichtungen von Firmeneigentum (PC, andere Hardware, Dienstwagen)
Sie sehen: Als Arbeitnehmer können Sie bei einem Abwicklungsvertrag auch viele Vorteile erzielen. So können Sie etwa ein sehr gutes Arbeitszeugnis oder die Auszahlung von Überstunden aushandeln. Da es sich beim Abwicklungsvertrag um eine zweiseitige Regelung handelt, wird er nur durch die Zustimmung beider Parteien wirksam. Ihr Chef kann Ihnen also damit keine Regelungen aufzwingen, mit denen Sie nicht einverstanden sind.
Wie muss ein Abwicklungsvertrag aussehen?
Für einen Abwicklungsvertrag gelten keine Formvorschriften. Im Grunde kann er also sogar mündlich und per Handschlag geschlossen werden. Nichtsdestotrotz wird die Schriftform empfohlen – schon alleine deshalb, weil sich beide Parteien dadurch absichern können, wenn im Falle eines Rechtsstreits Aussage gegen Aussage steht.
Es gibt noch einen weiteren wichtigen Grund, der für das schriftliche Verfassen eines Abwicklungsvertrags spricht, welcher aber vor allem für Arbeitgeber von Belang ist: Wenn sich später herausstellt, dass die zuvor ausgesprochene Kündigung unwirksam war, beendet der Abwicklungsvertrag de facto doch das Arbeitsverhältnis, auch wenn er dafür eigentlich nicht vorgesehen ist.
Hier ein Beispiel:
Frau Müller erhält von Ihrem Chef eine Kündigung. Sie geht davon aus, dass diese schon ihren Grund haben wird, weshalb sie einen Abwicklungsvertrag unterschreibt. Aus diesem geht klar hervor, dass sie die Kündigung als wirksam anerkennt und keine Kündigungsschutzklage einreicht. Erst später stellt sich heraus, dass Frau Müllers Chef den Betriebsrat vor Aussprache der Kündigung nicht konsultiert hat. Dazu wäre er gemäß § 102 Betriebsverfassungsgesetz verpflichtet gewesen. Die Kündigung an sich war also unwirksam und hätte das Arbeitsverhältnis nicht beendet. Erst durch den Abwicklungsvertrag kam es zur Beendigung.
Im oben beschriebenen Szenario kann sich Frau Müllers Chef also entspannt zurücklehnen. Hätte er den Abwicklungsvertrag nicht schriftlich aufgesetzt, stünde bei einem Kündigungsschutzprozess sein Wort gegen das seiner Angestellten.
Ausnahmen: Wann ein Abwicklungsvertrag doch schriftlich vorliegen muss
Die Rechtsprechung sieht allerdings eine Ausnahme vor, wann ein Abwicklungsvertrag doch in Schriftform vorliegen muss, um wirksam zu sein. Das ist dann der Fall, wenn er in einem unmittelbaren zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der Kündigung steht (BAG-Urteil vom 19. April 2007, Az. 2 AZR 208/06). Wenn einem Arbeitnehmer gekündigt wird und dieser im Anschluss wutentbrannt das Büro verlässt und ruft „Für mich ist die Sache beendet!“ kann das nicht als mündlicher Abwicklungsvertrag ausgelegt werden, bei dem er all seine Ansprüche freiwillig abtritt. Es muss noch eine schriftliche Fassung folgen, die zeitlich versetzt unterschrieben wird.
Gibt es beim Abwicklungsvertrag eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld?
Gemäß § 159 Sozialgesetzbuch III darf das Jobcenter Sanktionen verhängen, wenn ein Arbeitnehmer die eigene Arbeitslosigkeit vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn er einen Aufhebungsvertrag mit seinem Chef schließt, weil dieser ihm im Gegenzug für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses eine hohe Abfindung anbietet.
Was den Abwicklungsvertrag betrifft, war diese Situation lange Zeit umstritten und ist es teils noch immer. Per Definition beendet der Abwicklungsvertrag ein Arbeitsverhältnis nicht; stattdessen muss ihm immer eine Kündigung vorausgehen. Der Arbeitnehmer wäre also mit oder ohne Abwicklungsvertrag seinen Job los. Stellt sich die Kündigung allerdings als unwirksam heraus, wurde das Beschäftigungsverhältnis doch vom Abwicklungsvertrag beendet. In einem solchen Fall wird davon ausgegangen, dass der Arbeitnehmer seine Kündigung nicht einfach hingenommen hat, sondern aktiv am Herbeiführen seiner Arbeitslosigkeit beteiligt war.
Das Bundessozialgericht entschied in einem Urteil vom 18. Dezember 2003, dass das Jobcenter in einem solchen Fall eine zwölfwöchige Sperre des Arbeitslosengeldes verhängen darf (Az. B11 AL 35/03).
Gut zu wissen: Um die Sperrzeit beim Arbeitslosengeld müssen Sie sich natürlich nur sorgen, wenn Sie auch vorhaben, dieses zu beantragen. Haben Sie bereits einen neuen Job in Aussicht, können Sie mit einem Abwicklungsvertrag durchaus Vorteile für sich erzielen.
Was ist der Unterschied zwischen einem Abwicklungsvertrag und einem Aufhebungsvertrag?
Kurz gesagt: Ein Aufhebungsvertrag beendet das Arbeitsverhältnis, während ein Abwicklungsvertrag dies per Definition nicht tut.
Bei einem Aufhebungsvertrag beschließen Arbeitgeber und Arbeitnehmer einvernehmlich, das Arbeitsverhältnis zu beenden. Die Unterschrift beider Parteien unter dem Dokument sorgt dafür, dass die Abmachung wirksam wird. Ein Abwicklungsvertrag setzt hingegen immer eine vorangegangene Kündigung voraus, zumindest wenn es um ein unbefristetes Arbeitsverhältnis geht. Mit ihm wird nur geregelt, wie das Ende des Arbeitsverhältnisses auszusehen hat.
Da der Abwicklungsvertrag aufgrund dessen weniger Gewicht hat, gelten für ihn keine Formvorschriften. Eine Kündigung oder ein Aufhebungsvertrag müssen gemäß § 623 BGB hingegen immer schriftlich vorliegen und von beiden Parteien handschriftlich unterschrieben werden.