Kurzfristige Dienstplanänderung: Ihre Rechte als Arbeitnehmer
Wenn Sie nach Dienstplan mit wechselnden Schichten arbeiten, kennen Sie sicherlich die folgende Situation: Ein Kollege erkrankt plötzlich und Ihr Chef bittet Sie darum, morgen spontan den Spätdienst statt des vereinbarten Frühdiensts zu übernehmen. Doch müssen Sie die spontane Dienstplanänderung hinnehmen? Und welche Konsequenzen entstehen, wenn Sie einfach „Nein“ zum Chef sagen?
- Spontane Dienstplanänderung nur mit angemessener Vorankündigungsfrist
- Erkrankte Kollegen: Darf mein Chef den spontanen Schichtwechsel verlangen?
- Spontane Überstunden: Darf mein Chef verlangen, dass ich länger bleibe?
- Kurzfristiges Heimschicken: Darf mein Arbeitgeber mich vorzeitig nach Hause schicken?
- Gibt es ein Gewohnheitsrecht bei Schichtzeiten?
Kurzfristige Dienstplanänderung: Das Wichtigste im Überblick
- Grundsätzlich gilt: Der einmal vereinbarte Dienstplan kann von Ihrem Chef nicht so einfach geändert werden.
- Gerichte erachten eine Vorankündigungsfrist von vier Tagen für angemessen. Das gilt sowohl bei der kurzfristigen Änderung des Dienstplans als auch bei spontan angeordneten Überstunden.
- Ihr Arbeitgeber darf Sie nur spontan einbestellen beziehungsweise nach Hause schicken, wenn eine betriebliche Notwendigkeit vorliegt (zum Beispiel der Ausfall einer Maschine). Er muss Sie dann aber dennoch für die verpasste Arbeitszeit vergüten.
Spontane Dienstplanänderung nur mit angemessener Vorankündigungsfrist
Durch das Aushängen oder die anderweitige Bekanntgabe des Dienstplans übt Ihr Arbeitgeber sein Weisungsrecht gemäß § 106 S. 1 Gewerbeordnung (GewO) aus. Ist der Dienstplan einmal veröffentlicht, kann er grundsätzlich nicht einfach so wieder abgeändert werden. Immerhin hat der Arbeitgeber das Privatleben seiner Angestellten zu berücksichtigen und gerade die Arbeit nach Schichtplan erfordert eine langfristige Planung.
Zwar gibt es keinen Paragrafen, der eine angemessene Vorankündigungsfrist für Angestellte aller Art regelt, doch gilt das Urteil vom Arbeitsgericht Berlin hier als wegweisend (Urteil vom 5. Oktober 2012, Az. 28 Ca 10243/12). Dieses erachtet eine Vorankündigungsfrist von vier Tagen als angemessen und bezieht sich dabei auf die gesetzliche Vorwarnfrist für Teilzeitangestellte, die „Arbeit auf Abruf“ leisten (§ 12 Abs. 2 Gesetz für Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge).
Darum ging es in dem Urteil: Eine Teilzeitangestellte in einem Modegeschäft sollte spontan ihre Schicht tauschen. Grund dafür war eine kurzfristig angesetzte Schaufensteraktion. Die Verkäuferin weigerte sich jedoch, woraufhin es zu einer Auseinandersetzung mit dem Chef kam. Bei dieser drohte sie ihm an, sich einfach krankschreiben zu lassen, wenn ihr Chef ihr den spontanen Diensttausch aufzwingen wolle. Daraufhin erhielt sie die fristlose Kündigung. Die Angestellte reichte Kündigungsschutzklage ein und das Arbeitsgericht Berlin erklärte diese für erfolgreich: Die Kündigung ist unwirksam. Der Arbeitgeber müsse das Privatleben seiner Angestellten berücksichtigen und dürfe sie nicht zu einem spontanen Schichttausch zwingen. Eine konkrete Notlage, die ein solches Vorgehen erforderlich mache, läge hier nicht vor. Die kurzfristige Schaufensteraktion reiche als Begründung nicht aus.
Urteil: Arbeitnehmer müssen dienstliche Nachrichten auch nach Feierabend lesen – sofern es vertraglich geregelt ist
Auch wer Freizeit hat, muss unter Umständen dienstliche Nachrichten lesen – wenn es eine entsprechende vertragliche Regelung gibt. So lautet ein Gerichtsurteil des Bundesarbeitsgerichts. Der Fall: Ein Arbeitgeber informierte einen angestellten Notfallsanitäter per SMS über eine spontane Dienstplanänderung. Der Sanitäter las die SMS in seiner Freizeit jedoch nicht und erschien folglich nicht zur spontan geänderten Schicht. Er erhielt daraufhin eine Abmahnung von seinem Chef, wogegen er vor Gericht zog.
Zunächst entschieden zwei Landesarbeitsgerichte für den Sanitäter. Das Bundesarbeitsgericht sah die Sache jedoch anders: Aufgrund einer entsprechenden Betriebsvereinbarung hätte der Sanitäter die SMS lesen müssen. Darin war festgelegt, dass der Arbeitgeber die Arbeitsleistung für den folgenden Arbeitstag konkretisieren werde. Das Lesen der Nachricht zähle auch nicht als Arbeitszeit und unterbreche die Ruhezeit nicht. (Az. 5 AZR 349/22)
Erkrankte Kollegen: Darf mein Chef den spontanen Schichtwechsel verlangen?
Gerade in der Gastronomie kommt es häufig vor, dass doch mehr Gäste als geplant auftauchen und sich so ein spontaner Personalmangel ergibt. Auch die kurzfristige Erkrankung von Kollegen kann zu einer solchen Notlage führen. Kommt dann der Anruf vom Chef, fragen sich viele Angestellte: Muss ich wirklich spontan zum Dienst antreten, weil ein Kollege erkrankt ist?
Die Antwort darauf lautet nein. Ihr Arbeitgeber ist grundsätzlich dazu verpflichtet, für ausreichend Personal zu sorgen. Das gilt selbst dann, wenn Kollegen erkranken und der Personalmangel daher nicht vorhersehbar war. Wenn Sie die spontane Schicht nicht antreten wollen, haben Sie keine Abmahnung wegen Arbeitsverweigerung zu befürchten.
Tipp: Ausnahme oder Regel?
Um weiterhin für ein gutes Arbeitsklima zu sorgen, können Sie dem Wunsch Ihres Chefs natürlich nachkommen, Sie müssen es aber nicht. Treffen Sie Ihre Entscheidung je nachdem, wie häufig Sie spontan einspringen müssen. Ist es die Ausnahme oder wird es zur Regel?
Spontane Überstunden: Darf mein Chef verlangen, dass ich länger bleibe?
Bei spontanen Überstunden sieht die Rechtsprechung dieselbe Vorwarnfrist vor wie bei einem kurzfristigen Schichtwechsel: Sie müssen vier Tage vorher darüber informiert werden, dass Sie am Stichtag etwas länger arbeiten müssen. Staut sich die Arbeit spontan an und bittet Ihr Chef Sie deshalb darum, heute etwas später Feierabend zu machen, haben Sie das Recht, den Wunsch abzulehnen. Das gilt selbst dann, wenn Ihr Arbeitsvertrag Überstunden an sich vorsieht.
Kurzfristiges Heimschicken: Darf mein Arbeitgeber mich vorzeitig nach Hause schicken?
Grundsätzlich darf Ihr Arbeitgeber Sie nicht aufgrund von Arbeitsmangel oder ähnlichem früher nach Hause schicken und von Ihnen verlangen, dass Sie die verlorene Zeit an einem anderen Tag nacharbeiten. Eine Ausnahme liegt dann vor, wenn betriebliche Umstände es Ihnen nicht möglich machen, weiterhin zu arbeiten. Ein Beispiel für einen solchen Fall wäre, wenn die Maschine, an der Sie arbeiten, spontan den Geist aufgibt.
Beachten Sie allerdings, dass Ihr Chef Sie in einem solchen Ausnahmefall zwar verfrüht nach Hause schicken kann, er Sie aber trotzdem für den gesamten Tag vergüten muss. Immerhin trägt der Arbeitgeber das Risiko für derartige Betriebsstörungen.
Gibt es ein Gewohnheitsrecht bei Schichtzeiten?
Wenn Sie seit Jahren immer im Frühdienst gearbeitet haben und Ihr Chef nun von Ihnen fordert, ab und an auch einmal die Spätschicht zu übernehmen, ist diese Forderung berechtigt. Was die Schichtzeiten betrifft gibt es nämlich kein Gewohnheitsrecht. Sie können sich also nicht darauf berufen, dass Ihr Dienstplan schon immer so ausgesehen hat und dass er deshalb auch in Zukunft so weitergeführt werden muss (BAG-Urteil vom 13. Juni 2007, Az. 5 AZR 849/06).
Eine Ausnahme besteht allerdings dann, wenn Ihnen Ihre Schicht vertraglich zugesichert ist. Sieht Ihr Arbeitsvertrag also vor, dass Sie lediglich den Frühdienst übernehmen, muss Ihr Arbeitgeber sich an diese Regelung halten.