Überstunden: Das müssen Sie wissen!
Jeder kennt es: Man bleibt ein bisschen länger in der Arbeit, um sein Tagespensum zu schaffen oder wird dann vom Chef gebeten, noch vor Feierabend etwas fertigzustellen. In diesem Fall arbeiten Arbeitnehmer oft länger als sie es ihrem Arbeitsvertrag nach müssten und häufen auf diese Weise Überstunden an, die oft nicht bezahlt werden. Wir haben Ihnen alles Wichtige zum Thema Überstunden zusammengetragen. Müssen Sie Überstunden machen? Wie viele Überstunden sind erlaubt? Wie werden Überstunden ausgeglichen? Die Antworten darauf finden Sie hier.
Was sind Überstunden?
Unter Überstunden versteht man eine Überschreitung der vom einzelnen Arbeitnehmer geschuldeten, arbeitsvertraglich oder tarifvertraglich festgelegten Arbeitszeit. Anders gesagt: Überstunden sind die Zeit, die Sie als Arbeitnehmer länger arbeiten, als Sie es Ihrem Vertrag nach müssten. Zwischen den Begriffen Überstunden und Mehrarbeit wird im allgemeinen Sprachgebrauch nicht unterschieden. Tatsächlich aber gibt es einen Unterschied: Unter Mehrarbeit versteht man die Arbeitszeit, die über die tägliche Höchstarbeitszeit von acht Stunden hinaus geht und innerhalb von 24 Wochen ausgeglichen werden muss. Die Mehrarbeit bezieht sich daher eigentlich auf das Arbeitszeitgesetz und muss nicht vergütet werden.
Muss ich Überstunden machen?
Im Allgemeinen besteht keine Verpflichtung zur Leistung von Überstunden. Es verhält sich sogar gegenteilig: Ihr Arbeitgeber darf nicht einseitig entscheiden und Ihnen ohne Ihre Zustimmung Überstunden verordnen, andererseits dürfen Sie auf eigene Faust und ohne Genehmigung vom Arbeitgeber auch nicht einfach mehr arbeiten als in Ihrem Arbeitsvertrag festgelegt ist.
Das Weisungsrecht, das Ihr Arbeitgeber innehat, gibt ihm kein Recht, von Ihnen einfach so Überstunden zu verlangen. Diese müssen immer von beiden Seiten, also von Ihrem Chef und von Ihnen aus genehmigt werden. Die Anzahl der zu leistenden Arbeitsstunden wurde im Arbeitsvertrag festgelegt und von beiden Parteien unterzeichnet, was eine einseitige Änderung demnach unmöglich macht.
Es gibt selbstverständlich zu jeder Regel eine Ausnahme: In Notsituationen darf Ihr Arbeitgeber tatsächlich von Ihnen verlangen, dass Sie länger arbeiten als in Ihrem Vertrag steht. Allerdings sind solche Notsituationen sehr selten, da unter ihnen ein Brand, eine Überschwemmung oder eine Katastrophe zu verstehen ist (§ 14 Abs. 1 ArbZG), nicht aber eine verspätete Lieferung.
Neben der Notsituation gibt es natürlich auch verschiedene Möglichkeiten sich gemeinsam mit dem Chef auf die Leistung von Überstunden zu einigen.
Arbeitsvertrag: Es ist möglich, eine Überstundenklausel in den Arbeitsvertrag aufzunehmen. In diesem Fall haben Sie sich mit Ihrer Unterschrift dazu bereit erklärt, eine gewisse Anzahl von Überstunden abzuleisten, wenn Ihr Arbeitgeber dies für nötig erachtet. Ihre Unterschrift berechtigt Ihren Arbeitgeber daher auch, im eigenen Ermessen einseitig Überstunden anzuordnen. Wichtig hierbei ist, dass die Anzahl der zu leistenden Überstunden tatsächlich im Vertrag festgelegt ist. Eine Klausel, die pauschal das Ableisten von Überstunden verlangt, ist in der Regel nicht rechtens, da Sie sich als Arbeitnehmer nicht darauf einstellen können, wie viele Überstunden Ihnen bevorstehen.
Betriebsvereinbarung: Der Betriebsrat hat ein Mitbestimmungsrecht bei der vorübergehenden Verlängerung (Überstunden) oder auch Verkürzung (Kurzarbeit) der betriebsüblichen Arbeitszeit (§ 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG). Das heißt, dass der Betriebsrat mit dem Arbeitgeber eine Vereinbarung zu dem Thema Überstunden schließen kann. Vorübergehend bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit nur einen überschaubaren Zeitraum betrifft und nach Ablauf einer bestimmten Dauer wieder zur betriebsüblichen Dauer der Arbeitszeit zurückgekehrt wird. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats hat zum Zweck, dass die Interessen der Arbeitnehmer an der Arbeitszeiteinteilung und –gestaltung besser geschützt werden. In der Vereinbarung kann zum Beispiel geregelt sein, unter welchen Bedingungen Ihr Arbeitgeber Überstunden anordnen darf. Voraussetzung für dieses Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats ist das Fehlen einer gesetzlichen oder tariflichen Regelung.
Tarifvertrag: In Tarifverträgen können Regelungen darüber getroffen werden, wie viele Überstunden Ihr Arbeitgeber von Ihnen verlangen darf und wann.
Einzelvereinbarung: Unter einer Einzelvereinbarung versteht man die Einigung zwischen Ihnen und Ihrem Chef, dass Sie im Einzelfall länger arbeiten als in Ihrem Vertrag vorgesehen. Eine solche Vereinbarung muss einvernehmlich sein und kann entweder mündlich getroffen werden oder als stillschweigende Übereinkunft. Überstunden müssen daher immer vom Arbeitgeber angeordnet oder wenigstens stillschweigend geduldet werden.
Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass Sie weder zur Leistung von Überstunden verpflichtet sind, noch dass Sie ein Recht darauf haben, Überstunden zu machen, ohne dass Sie eine Vereinbarung mit Ihrem Arbeitgeber bezüglich dieser längeren Arbeitszeit getroffen haben.
Wie viele Überstunden sind erlaubt?
Das Arbeitszeitgesetz gilt auch bei der Ableistung von Überstunden. Das bedeutet, dass Sie trotz Überstunden werktäglich nicht länger als acht Stunden, beziehungsweise wöchentlich 48 Stunden arbeiten dürfen (§ 3 ArbZG). Unter besonderen Umständen und bei entsprechendem Ausgleich ist eine vorübergehende Erhöhung der täglichen Arbeitszeit auf 10 Stunden möglich. Das entspricht 60 Wochenarbeitsstunden (bei sechs Werktagen von Montag bis Samstag). Eine Überschreitung dieser Grenzen ist auch aufgrund von Überstunden nicht zulässig.
In einem Tarifvertrag kann die Arbeitszeit auch über zehn Stunden hinaus verlängert werden, solange die Regelung auf höchstens 60 Tage im Jahr beschränkt ist oder ein Teil der Arbeitszeit nur Arbeitsbereitschaft, nicht aber tatsächlich Arbeit ist.
Neben der gesetzlichen Höchstarbeitszeit müssen außerdem die Regelungen zu den gesetzlichen Ruhepausen und Ruhezeiten beachtet werden.
Müssen Überstunden ausbezahlt werden?
Vollzeitbeschäftigte arbeiten in Deutschland im Schnitt drei Stunden länger pro Woche als vertraglich vereinbart. Da kommt eine Menge unbezahlte Arbeitszeit zusammen, was die Frage aufwirft, ob man sich Überstunden bezahlen lassen kann – und wenn ja: wie?
Die meisten Arbeitsverträge enthalten eine Klausel zur Überstundenvergütung, die wie folgt lautet: „Mit der vorstehenden Vergütung sind erforderliche Überstunden des Arbeitnehmers mit abgegolten.“ Tatsächlich ist diese Klausel in den meisten Fällen unwirksam, wie das Bundesarbeitsgericht entschieden hat (BAG 01.09.2010 – 5 ARZ 517/09). Lediglich wenn sich aus dem Arbeitsvertrag selbst ergibt, welche Arbeitsleitung von dieser Überstundenregelung erfasst wird, ist sie wirksam. Das bedeutet: Wenn die Anzahl der Überstunden, die bereits in Ihrem Lohn oder Gehalt enthalten und somit mit diesem pauschal abgegolten sind, genau definiert ist (zum Beispiel bis zu zwei Überstunden pro Woche oder bis zu acht Überstunden im Monat) ist die Klausel rechtlich wirksam. Nicht aber, wenn Überstunden laut Arbeitsvertrag prinzipiell nicht ausgeglichen werden.
Im Allgemeinen gilt: Überstunden, die angeordnet oder gebilligt wurden, sind grundsätzlich zu vergüten – also zusätzlich zum Monatslohn zu bezahlen.
Eine andere Möglichkeit besteht im Ausgleich von Überstunden durch Freizeit. Dies geht aber nur, wenn Sie als Arbeitnehmer im konkreten Einzelfall damit einverstanden sind, oder aber diese Möglichkeit bereits im Arbeitsvertrag vorbehalten ist. Hintergrund ist, dass Sie als Arbeitnehmer einen Anspruch auf Beschäftigung haben. Weitere Informationen zur Vergütung von Überstunden und die Ausnahmen zur Regel finden Sie hier: Kann ich mir meine Überstunden auszahlen lassen?
Gut zu wissen: Auch nach einer Kündigung haben Sie das Recht darauf, dass Ihre Überstunden ausgeglichen werden. Dabei gilt es allerdings einige Fallstricke zu beachten: Was passiert mit meinen Überstunden nach einer Kündigung?
Überstunden bei Jugendlichen und Müttern
Für Jugendliche unter 18 Jahren gilt nicht das Arbeitszeitgesetz, sondern das Jugendarbeitsschutzgesetz (JarbSchG). In der Regel müssen Jugendliche keine Überstunden leisten. Das bedeutet, der Chef kann den jugendlichen Angestellten nicht dazu verpflichten, Überstunden zu leisten, der Jugendliche kann sich aber selbst und freiwillig dazu entscheiden. Freiwillig geleistete Überstunden müssen allerdings innerhalb von drei Wochen durch entsprechend verkürzte Arbeitszeit ausgeglichen werden. Klauseln im Arbeitsvertrag, die Überstunden fordern sind demnach ungültig. Das JarbSchG muss aber zwingend beachtet werden, die für Jugendliche gesetzlich geregelte Höchstarbeitszeit von 40 Stunden pro Woche darf nicht überschritten werden!
Für werdende oder stillende Mütter gilt das Mutterschutzgesetz (MuSchG). Überstundenanordnungen sind für sie grundsätzlich verboten.
Als schwerbehinderter Arbeitnehmer ist es möglich, gemäß SGB IX eine Freistellung von Überstunden zu verlangen und somit ebenfalls keine ableisten zu müssen.
Überstunden bei Teilzeit
Für Teilzeitarbeitskräfte gilt derselbe Grundsatz wie bei Vollzeitbeschäftigten: Sie sind nicht zur Leistung von Überstunden verpflichtet. Das Leisten von Überstunden stünde dem Wesen der Teilzeitarbeit sogar konträr gegenüber. Deshalb gilt: Bei 30 oder weniger Arbeitsstunden pro Woche sind Überstunden in der Regel nicht zu verlangen. Selbstverständlich gibt es auch hier wie immer Ausnahmen von der Regel. Bei einer Notsituation können auch Teilzeitkräfte zu Überstunden angehalten werden. Ebenso können Überstunden durch einen Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung festgelegt werden.
Bei regelmäßiger Ableistung von Überstunden kann es bei Teilzeitverträgen passieren, dass die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit und die faktisch geleistete ziemlich weit auseinander liegen. In diesem Fall ist es sogar möglich, dass Sie als Teilzeitkraft automatisch zur Vollzeitkraft werden. Genauere Informationen zu diesem Thema finden Sie hier: Überstunden bei Teilzeit.