Resturlaub: Wie Sie Urlaub ins neue Jahr übertragen
Gerade wenn sich im letzten Quartal die Arbeit häuft, kann es vorkommen, dass das Ende des Jahres sehr überraschend vor der Tür steht und noch nicht alle Urlaubstage genommen wurden oder genommen werden konnten. Viele Arbeitnehmer fallen dann einem weitverbreiteten Rechtsirrtum zum Opfer, wonach Resturlaub auch noch bis zum 31. März abgefeiert werden kann. Ganz so einfach ist das aber nicht.
Resturlaub: Das Wichtigste im Überblick
- Urlaub muss im laufenden Kalenderjahr genommen werden (§ 7 Abs. 3 Bundesurlaubsgesetz). Ausnahme: Es gibt sachliche Gründe, weshalb der Urlaub übertragen werden muss.
- Wird der Resturlaub mit ins neue Jahr genommen, verfällt er laut Gesetz zum 31. März. Sie können mit Ihrem Arbeitgeber aber auch eine längere Frist vereinbaren.
- Wird ein berechtigter Antrag auf Urlaubsübertragung abgelehnt, entstehen für Sie Schadensersatzansprüche. Das bedeutet, dass der Urlaub auch nach Ablauf der Frist mit Ende des ersten Quartals noch genommen werden kann.
Urlaub muss im laufenden Kalenderjahr genommen werden
Das Bundesurlaubsgesetz sieht vor, dass Urlaub in dem Kalenderjahr genommen werden muss, in dem er erworben wurde. Der Grund dafür ist, dass das Gesetz dem Erholungsurlaub einen hohen Stellenwert einräumt: Wie der Name schon sagt, soll er der Erholung der Angestellten dienen und deshalb nicht unbegrenzt angesammelt werden. Aus eben diesem Grund können Sie sich Ihren Urlaub auch nur unter ganz bestimmten Bedingungen auszahlen lassen.
Das Gesetz räumt allerdings auch ein, dass es mitunter schwierig werden kann, den gesamten Urlaub im laufenden Jahr zu nehmen.
§ 7 Abs. 3 BUrlG: Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen.
Es gibt also zwei mögliche Szenarien, die es Ihnen erlauben, den Urlaub mit ins nächste Jahr zu nehmen.
- „dringende betriebliche Gründe“: Arbeiten Sie beispielsweise im Einzelhandel und herrscht im Dezember Hochsaison, kann der Arbeitgeber Ihren Urlaubsantrag aufgrund dringender betrieblicher Belange ablehnen. Möglich ist dies auch, wenn ein Großteil der Belegschaft krankheitsbedingt ausfällt und Sie deshalb unabkömmlich sind. Geschieht dies, haben Sie das Recht auf Übertragung.
- „in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe“: Der häufigste Fall, weshalb Urlaub nicht genommen werden kann, ist das plötzliche Auftreten einer längeren Krankheit. Sind Sie gegen Ende des Jahres länger krankgeschrieben, können Sie Ihren Urlaub unter Umständen nicht mehr nehmen. Auch dann können Sie die restlichen Urlaubstage mit ins neue Jahr nehmen.
Achten Sie allerdings darauf, dass der Resturlaub selbst bei Übertragung bis zum 31. März des Folgejahres genommen werden muss. Ansonsten verfällt er laut Gesetz. Allerdings gibt es die Möglichkeit, mit Ihrem Arbeitgeber eine Vereinbarung zu treffen, wonach der Urlaub auch nach dem ersten Quartal noch abgefeiert werden kann. Das Gesetz erlaubt es Arbeitgebern grundsätzlich, die darin enthaltenen Regeln zum Erholungsurlaub auch anders zu definieren, solange diese den Arbeitnehmer nicht benachteiligen. Arbeitnehmerfreundliche Sonderregelungen in Tarif- und Arbeitsverträgen sind also durchaus erlaubt.
Gut zu wissen: Urlaubsabgeltung
Sie können mit Ihrem Arbeitgeber nicht pauschal vereinbaren, dass Ihnen Resturlaub einfach zum 31. Dezember oder zum 31. März ausbezahlt wird. Das würde einen Verstoß gegen das Bundesurlaubsgesetz darstellen. Dieses sieht nämlich vor, dass Urlaub immer „in Natur“ genommen werden muss. Ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung – also die Ausbezahlung von Resturlaub – ergibt sich nur bei der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses.
Muss ich einen Urlaubsantrag stellen, um meinen Urlaub übertragen zu können?
Wenn vertraglich nichts anderes vereinbart wurde, galt in der Vergangenheit: Wer keinen Urlaubsantrag stellt, verliert seinen Resturlaub zum Jahresende. Arbeitnehmer, die davon ausgegangen sind, dass ihr Urlaubsantrag aufgrund der stressigen Vorweihnachtszeit sowieso nicht mehr genehmigt wird und ihn deshalb gar nicht erst gestellt haben, mussten aufgrund dieser Regelung häufig auf ihren Urlaub verzichten. Dem schob der Europäische Gerichtshof im November 2018 einen Riegel vor (Az. C-619/16 und C-684/16). Die Richter entschieden, dass Urlaub – und damit auch der Anspruch auf die finanzielle Vergütung restlicher Urlaubstage – nicht automatisch verfallen darf, nur weil der Arbeitnehmer keinen Antrag gestellt hat. Der Resturlaub verfällt nur dann, wenn der Arbeitgeber beweisen kann, dass er seinen Arbeitnehmer über den Verfall des Urlaubs angemessen aufgeklärt hat und dass dieser aus freien Stücken auf seine restlichen Urlaubstage verzichtet hat.
Gut zu wissen: Um Ärger zu vermeiden, ist es dennoch empfehlenswert, einen Urlaubsantrag zu stellen. Lehnt Ihr Chef diesen aus betrieblichen Gründen ab, sollten Sie das Gespräch mit ihm suchen und klären, ob Ihr Urlaub auf das nächste Jahr übertragen wird oder ob Sie sich den Urlaub auszahlen lassen wollen.
Mein Antrag auf Urlaubsübertragung wurde abgelehnt: Was nun?
Hat Ihr Chef Ihren Antrag auf Urlaubsübertragung abgelehnt, obwohl es Ihnen entweder aufgrund dringender betrieblicher Belange oder aufgrund einer Krankheit nicht mehr möglich war, den Resturlaub im laufenden Kalenderjahr zu nehmen, ergeben sich für Sie Schadensersatzansprüche. Das bedeutet, dass der Urlaub auch nach Ablauf der Frist mit Ende des ersten Quartals noch genommen werden kann. Grund dafür ist, dass Sie einen gesetzlichen Anspruch auf Mindesturlaub haben und der Chef diesen nicht herabsetzen darf.
Achtung: Es kann allerdings sein, dass der Schadensersatz sich nur auf den gesetzlichen Mindesturlaub bezieht. Über den Mehrurlaub, den Ihr Arbeitgeber Ihnen freiwillig gewährt, kann er relativ frei bestimmen und derartige Ansprüche per Arbeitsvertrag begrenzen oder ausschließen.
Ein solcher Urlaub wird in der Regel als „Ersatzurlaub“ bezeichnet. Er ergibt sich aus dem Schadensersatzanspruch aus § 286 BGB und er verfällt erst nach Ablauf der allgemeinen Verjährungsfrist von drei Jahren. Wurden allerdings per Arbeits- oder Tarifvertrag Ausschlussfristen vereinbart, greifen diese. Haben Sie also unterschrieben, dass gegenseitige Ansprüche zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nach einem Jahr verfallen, so muss Ihr Ersatzurlaub auch binnen eines Jahres genommen werden.
Resturlaubsanspruch nach Kündigung
Wird das Arbeitsverhältnis in der Zwischenzeit beendet und haben Sie noch immer ein paar Resturlaubstage übrig, können Sie darauf bestehen, dass Ihnen der Resturlaub ausgezahlt wird. In diesem Fall haben Sie einen rechtlichen Anspruch auf Urlaubsabgeltung.
Frage aus unserer Online-Rechtsberatung:Resturlaub wurde bei der Kündigung verweigert - Wie ist hier die Rechtslage?
Das gilt allerdings nur dann, wenn der Urlaub nicht mehr genommen werden kann. In den meisten Fällen ist die Kündigungsfrist so großzügig, dass noch genügend Zeit bleibt, um den Resturlaub abzufeiern. Zur Urlaubsabgeltung kommt es daher in der Regel eher bei fristlosen Kündigungen und Aufhebungsverträgen, die eine sofortige Auflösung des Arbeitsverhältnisses zur Folge haben.
Sonderfall Dauererkrankung: Urlaub verfällt nach 15 Monaten
Was bei Resturlaub infolge einer Dauererkrankung gilt, ist nicht im Bundesurlaubsgesetz verankert. In diesem Fall sorgt die europäische Rechtsprechung für Klarheit:
2011 entschied der Europäische Gerichtshof, dass Arbeitnehmer mit einer Dauererkrankung nicht benachteiligt werden dürfen. Dementsprechend urteilten die Richter, dass der Resturlaub nicht zum 31. März des Folgejahres verfallen darf. Gleichzeitig wollte man aber auch verhindern, dass Angestellte mit einer längeren Erkrankung ihren Urlaub unbegrenzt ansammeln können. Aus diesem Grund wurde ein Tarifvertrag, der eine Verfallsfrist von 15 Monaten ab Ablauf des Urlaubsjahres vorsah, als europarechtlich zulässig erklärt (EuGH-Urteil vom 22.11.2011, Az. C-214/10).
Zwischenzeitlich war unklar, ob das Urteil so auch in Deutschland Anwendung finden kann, denn das Bundesurlaubsgesetz sieht keine derartige Regelung vor. Allerdings entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) ein Jahr später in einem Grundsatzurteil, dass der Resturlaub bei längeren Erkrankungen auch hierzulande allgemein 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres verfällt und eben nicht unbegrenzt angesammelt werden kann (BAG-Urteil vom 07.08.2012, Az. 9 AZR 353/10).
Was bedeutet das in der Praxis?
Leiden Sie an einer Langzeiterkrankung und haben Sie noch einen Resturlaubsanspruch von 15 Tagen, so verfällt dieser erst 15 Monate nach Ablauf des Jahres, in dem der Urlaub erworben wurde. Entstand Ihr Urlaubsanspruch also 2016, so ist er noch bis zum 31. März 2018 gültig. Verbessert sich Ihr Gesundheitszustand bis zu diesem Zeitpunkt nicht und können Sie den Urlaub nicht „in Natur“ antreten, haben Sie einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung.
Sie haben noch Resturlaub aus dem Vorjahr, aber Ihr Arbeitgeber meint, er wäre bereits verfallen? Oder sind Sie sich unsicher, ob die Ausschlussfrist in Ihrem Arbeitsvertrag wirksam ist und ob Ihr Urlaub wirklich nicht übertragen werden kann? In solchen Fällen stehen Ihnen die selbstständigen Kooperationsanwälte der DAHAG mit Rat und Tat zur Seite. Halten Sie am besten alle wichtigen Dokumente wie Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung bereit. Die meisten Fragen zum Resturlaub lassen sich innerhalb weniger Minuten telefonisch klären.