Urlaubsabgeltung: In diesen Fällen bekommen Sie Ihren Resturlaub ausgezahlt
Das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) sieht vor, dass der gesetzliche Mindesturlaub grundsätzlich der Erholung dienen soll. Aus diesem Grund müssen Arbeitnehmer ihren Urlaub „in natura“ nehmen, also tatsächlich die freien Tage in Anspruch nehmen. Auch wer knapp bei Kasse ist, kann also nicht zum Chef und darum bitten, sich den Urlaub in Geld auszahlen zu lassen. In Einzelfällen – gerade nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses – kann es allerdings sein, dass der Urlaub schlichtweg nicht genommen werden kann. In diesem Fall haben Arbeitnehmer ein Recht auf Urlaubsabgeltung.
Urlaubsabgeltung: Das Wichtigste im Überblick
- Grundsätzlich gilt: Urlaub muss „in natura“ genommen werden, also tatsächlich als freie Tage.
- Nur wenn es nicht mehr möglich ist, den Urlaub tatsächlich zu nehmen (zum Beispiel wegen verbleibender Arbeitsaufträge oder der Einarbeitung neuer Mitarbeiter), hat man ein Recht auf Urlaubsabgeltung.
- Die Höhe der Urlaubsabgeltung bemisst sich am durchschnittlichen Arbeitsverdienst der letzten 13 Wochen.
Urlaubsabgeltung bei Kündigung: Wann kann ich mir den Resturlaub ausbezahlen lassen?
Die Urlaubsabgeltung ist in der Regel vor allem nach einer Kündigung relevant. Dann stellt sich nämlich die Frage: Was passiert mit den restlichen Urlaubstagen?
§ 7 Abs. 4 BUrlG besagt Folgendes:
„Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er abzugelten.“
Bei ordnungsgemäßen und fristgerechten Kündigungen bleibt in der Regel genug Zeit, die restlichen Urlaubstage zu nehmen.
Beispiel:
Einem Angestellten wird im Mai ordnungsgemäß und fristgerecht zu Ende August gekündigt. Zum Zeitpunkt der Kündigung hat der Arbeitnehmer noch einen Resturlaubsanspruch von 13 Tagen. Da die Kündigungsfrist drei Monate beträgt, hat er noch ausreichend Zeit, um alle 13 Urlaubstage zu nehmen. Einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung hat er in diesem Fall nicht.
In zwei Fällen kommt es besonders häufig zur Urlaubsabgeltung, nämlich bei Aufhebungsverträgen und fristlosen Kündigungen. Dabei wird das Arbeitsverhältnis meist kurzfristig oder sogar mit sofortiger Wirkung beendet. Hat der Arbeitnehmer dann noch einen Resturlaubsanspruch, kann er ihn aufgrund der spontanen Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses nicht mehr nehmen: Der Arbeitgeber muss den Resturlaub in diesem Fall ausbezahlen.
Frage aus unserer Online-Rechtsberatung: Resturlaub wurde bei der Kündigung verweigert - Wie ist hier die Rechtslage?
Dasselbe gilt, wenn zwar noch Zeit wäre, den Urlaub zu nehmen, aber noch Arbeitsaufträge zu erledigen sind beziehungsweise neue Mitarbeiter eingearbeitet werden müssen. Lehnt der Arbeitgeber Ihren Urlaubsantrag aus diesem Grund ab, besteht ebenfalls ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung.
Gut zu wissen: Urlaubsabgeltung nicht nur für Vollzeitkräfte
Den Anspruch auf Urlaubsabgeltung haben im Übrigen nicht nur Vollzeitangestellte, sondern auch Teilzeitkräfte, Minijobber oder Auszubildende. Selbst wer noch in der Probezeit ist, hat einen Anspruch auf Teilurlaub und kann sich diesen auszahlen lassen, wenn er aus wichtigen Gründen nicht mehr genommen werden kann.
Wie berechnet sich die Urlaubsabgeltung?
Laut § 11 BUrlG bemisst sich die Urlaubsabgeltung am durchschnittlichen Arbeitsverdienst der letzten 13 Wochen vor Urlaubsbeginn. Um die exakte Höhe der eigenen Urlaubsabgeltung berechnen zu können, muss dafür zunächst der finanzielle Wert eines einzigen Arbeitstages definiert werden. Diesen berechnen Sie wie folgt:
Monatsgehalt x 3 / 65 (5 Tage x 13 Wochen)
Berechnung der Urlaubsabgeltung:
Monatsgehalt x 3 / 65 x verbleibende Urlaubstage
(Die 65 entspricht: 5 Tage x 13 Wochen)
Finanzieller Wert eines Arbeitstages =
Monatsgehalt x 3 / 65
65 = 5 Tage x 13 Wochen
Urlaubsabgeltung =
Monatsgehalt x 3 / 65 x verbleibende Urlaubstage
Beachten Sie, dass die Formel sich auf eine Fünf-Tage-Woche bezieht. Bei einer Vier-Tage-Woche müssen Sie Ihr dreifaches Monatsgehalt einfach durch 52 teilen, bei einer Drei-Tage-Woche durch 39 und bei einer Zwei-Tage-Woche durch 26.
Die Berechnung der Urlaubsabgeltung bei Teilzeitbeschäftigungen erfolgt auf ähnliche Art und Weise. Zu beachten ist lediglich, dass die Anzahl der tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden nicht ausschlaggebend ist. Lediglich die Anzahl der wöchentlichen Arbeitstage ist relevant. Arbeiten Sie beispielsweise in Teilzeit an drei Tagen pro Woche, teilen Sie Ihr dreifaches Monatsgehalt einfach durch 39 (3 Tage x 13 Wochen). Arbeiten Sie an fünf Tagen pro Woche aber jeweils nur den halben Tag können Sie ganz einfach auf die oben aufgeführte Formel zurückgreifen und einfach durch 65 teilen. Einen Unterschied zu Vollzeitbeschäftigten gibt es hier nicht.
Rechenbeispiel:
Ein Angestellter (Fünf-Tage-Woche) unterschreibt einen Aufhebungsvertrag, der das Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung beendet. Zu diesem Zeitpunkt hat er noch 14 Urlaubstage übrig. Da er diese nicht mehr nehmen kann, will er seinen Anspruch auf Urlaubsabgeltung durchsetzen. Der Angestellte bezieht ein Bruttogehalt von 2.600 Euro monatlich. Zuschüsse oder Provisionen gibt es nicht. Die Höhe der Urlaubsabgeltung beträgt:
2.600 Euro x 3 / 65 x 14 = 1.680 Euro
Die Berechnung auf Grundlage der letzten drei Monatsgehälter ist gerade bei einer variablen Vergütung sinnvoll. Auch Zulagen, die in direktem Zusammenhang mit der Arbeitsleistung stehen, fließen in die Berechnung mit ein. Dazu zählen beispielsweise Schmutz-, Gefahren, Nacht- und Auslandszulagen sowie Zuschläge für Bereitschaftsdienst oder Rufbereitschaft. Auch Sachbezüge können geltend gemacht werden.
Was nicht mit in die Berechnung einfließt, sind hingegen einmalige Zahlungen wie etwa Weihnachtsgeld oder das 13. Monatsgehalt. Auch Umsatz- und Gewinnbeteiligungen oder Trinkgelder können Sie bei der Berechnung Ihrer Urlaubsabgeltung nicht mit heranziehen.
Gut zu wissen: Urlaub wird auch bei vorzeitigem Ruhestand vergütet
Wer seinen verbleibenden Urlaub nicht nehmen konnte, dem steht in der Regel eine Urlaubsabgeltung zu. Der Europäische Gerichtshof entschied: Das gilt auch, wenn der oder die Arbeitnehmer:in in den vorzeitigen Ruhestand geht. Nur, wenn der Urlaub aus freien Stücken nicht genommen wird und der Arbeitgeber auf den Verfall des Urlaubs hingewiesen hat, verfällt der Urlaubsanspruch. (EuGH, Urteil vom 18.01.2024, Az. C-218/22)
Gibt es eine Urlaubsabgeltung bei Arbeitsunfähigkeit?
Einen wichtigen Sonderfall bei der Urlaubsabgeltung stellt die Arbeitsunfähigkeit dar. Das BUrlG sieht hier keine gesonderten Regelungen vor, doch sorgt ein Blick auf europarechtliche Urteile für Klarheit.
Demnach sind Arbeitnehmer, die aufgrund einer längeren Krankheit aus dem Beschäftigungsverhältnis ausscheiden, nicht zu benachteiligen. Sie haben also auch einen Anspruch darauf, Ihre verbleibenden Urlaubstage ausbezahlt zu bekommen. Dabei betont der Europäische Gerichtshof allerdings, dass Urlaubsansprüche nicht unbegrenzt angesammelt werden können. Wer beispielsweise drei Jahre lang krank ist, kann von seinem Arbeitgeber bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht verlangen, dass dieser den gesamten Urlaub der vergangenen drei Jahre ausbezahlen muss. Der Europäische Gerichtshof setzt hier eine Frist von 15 Monaten (EuGH Urteil vom 22.11.2011 / C-214/10): Exakt 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres verfallen die Ansprüche. Das bedeutet, dass bei Langzeiterkrankungen ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung nur für die letzten 15 Monate besteht.
Gut zu wissen: Vererbbare Urlaubsansprüche
Der Europäische Gerichtshof entschied in diesem Zusammenhang auch, dass ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung vererbbar ist. Wenn ein Arbeitnehmer also stirbt und noch ein Recht auf die finanzielle Auszahlung seines Urlaubs hat, können dessen Erben diesen Anspruch geltend machen (EuGH Urteil vom 12.6.2014, C-118 / 13).
FAQ: Die wichtigsten Fragen zur Urlaubsabgeltung
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Muss die Urlaubsabgeltung versteuert werden und gibt es Sozialabgaben?
Ja, die Urlaubsabgeltung stellt ein sozialversicherungspflichtiges Einkommen dar. Auch Steuern werden hier fällig.
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Hat die Urlaubsabgeltung Auswirkungen auf das Arbeitslosengeld?
Ja. Laut § 157 Abs. 2 SGB III wird der Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Anzahl der Urlaubstage gekürzt, für die der Arbeitnehmer eine Urlaubsabgeltung erhält oder diese zu beanspruchen hat. Allerdings ist dabei zu beachten, dass der Anspruch lediglich ruht; es handelt sich nicht um eine Sperrfrist. Das bedeutet, dass der Zeitraum des Bezugs lediglich nach hinten verschoben wird.
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Ich wurde unter Anrechnung meiner Urlaubsansprüche freigestellt: Verfällt die Urlaubsabgeltung dann?
Hier kommt es auf den genauen Wortlaut der Freistellung an. Wurden Sie widerruflich unter Anrechnung Ihrer Resturlaubsansprüche freigestellt, besteht Ihr Recht auf Urlaubsabgeltung weiter. Das liegt daran, dass Sie während der Freistellung jederzeit damit rechnen müssten, wieder zur Arbeit erscheinen zu müssen. Dementsprechend können Sie keinen wirklich Urlaub machen – oder gar verreisen – weshalb das Gesetz diese Situation nicht als Erholungsurlaub anerkennt. Ihr Urlaubsanspruch bleibt durch die widerrufliche Freistellung also unangetastet.
Anders sieht dies bei einer unwiderruflichen Freistellung unter Anrechnung der Urlaubsansprüche aus. Hier müssen Sie in keinem Fall wieder zur Arbeit erscheinen, weshalb die Regelung wirksam sein kann.
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Sind Ausschlussfristen bei der Urlaubsabgeltung wirksam?
Ihr Arbeitgeber hat das Recht, vertraglich sogenannte Ausschlussfristen festzuhalten. Haben Sie diesen beim Unterzeichnen des Vertrags zugestimmt, sind sie in der Regel auch wirksam.
Es kann also vereinbart worden sein, dass gegenseitige Ansprüche nach einem gewissen Zeitraum verfallen. Meist beläuft sich dieser auf zwei bis drei Monate. Machen Sie Ihren Anspruch auf Urlaubsabgeltung dann nicht ab Fälligkeit binnen der angegebenen Frist geltend, verfällt dieser. Es empfiehlt sich in jedem Fall, möglich schnell zu handeln.
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Verstößt die Ausschlussfrist nicht gegen die „Unabdingbarkeit“ der gesetzlichen Regelung?
§ 13 Abs. 1 Satz 3 BurlG besagt, dass „von den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht zuungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden kann.“ Das heißt, dass Arbeits- und Tarifverträge keine Regelungen treffen dürfen, die den Arbeitnehmer in Sachen Urlaub schlechter stellen als es das Bundesurlaubsgesetz vorsieht. So kann der Mindesturlaub beispielsweise durchaus angehoben, aber nicht unterschritten werden.
Eine Ausschlussfrist bezüglich der Urlaubsabgeltung wird allerdings nicht als ein solcher Nachteil angesehen. Immerhin geht es dabei nur um eine rein finanzielle Forderung; der Erholungsurlaub der Arbeitnehmer, der per Gesetz geschützt ist, wird davon nicht berührt.
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Ich habe einem Angestellten aufgrund eines groben Verstoßes fristlos gekündigt: Muss ich den Resturlaub trotzdem ausbezahlen?
Ja. Auch wer einen groben Verstoß – wie etwa Diebstahl oder die Weitergabe von Betriebsgeheimnissen – begangen hat, hat einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung. Die fristlose Kündigung beendet das Arbeitsverhältnis lediglich mit sofortiger Wirkung, soll aber keine eigentliche Strafmaßnahme darstellen. Urlaubsansprüche bleiben also unangetastet.