Cannabis auf Rezept: Was gilt es als Patient zu beachten?
Cannabis wird in Deutschland seit 2017 unter bestimmten Voraussetzungen als Arzneimittel verwendet. Aufgrund seiner Wirkstoffe, insbesondere Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD), kann es bei der Behandlung verschiedener Erkrankungen eingesetzt werden. Doch welche Bedingungen müssen erfüllt sein, damit eine Verschreibung von medizinischem Cannabis möglich ist? Was sollten Patientinnen und Patienten wissen, und welche Rechte und Pflichten haben sie im Umgang mit medizinischem Cannabis? Dieser Ratgeber klärt auf.
Was Patient:innen wissen sollten
- Medikamenten-Toleranz: Patient:innen können mit der Zeit eine Toleranz gegenüber den Wirkstoffen entwickeln, was eine Anpassung der Dosis erfordert.
- Verkehrstüchtigkeit: Während der Einnahme von Cannabis sollten Patient:innen nicht am Straßenverkehr teilnehmen, wenn die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigt ist. Mehr dazu finden Sie in unserem Ratgeber „Cannabis am Steuer“
- Arbeitsschutz: Arbeitgeber müssen nicht über die Therapie informiert werden, es sei denn, die Arbeitssicherheit ist gefährdet. Mehr dazu finden Sie in unserem Ratgeber „Kiffen am Arbeitsplatz“
Was ist medizinisches Cannabis?
Medizinisches Cannabis bezeichnet Cannabispflanzen oder -extrakte, die zur Behandlung bestimmter Symptome und Krankheiten eingesetzt werden. Dabei kommen die Wirkstoffe THC und CBD zum Einsatz, die schmerzlindernde, entzündungshemmende und entspannende Eigenschaften haben können. Die Anwendung erfolgt meist in Form von getrockneten Blüten, Extrakten oder Medikamenten in standardisierter Qualität (z.B. Dronabinol, Nabilon).
Gesetzliche Grundlagen
Der Einsatz von Cannabis als Medizin war bis April 2024 im deutschen Betäubungsmittelgesetz (BtMG) geregelt. Bislang war es Ärzten nur erlaubt, Cannabis auf einem sogenannten Betäubungsmittelrezept zu verschreiben. Seit der Teil-Legalisierung von Cannabis unterliegt die Verordnung von Cannabisarzneimitteln nicht mehr dem BtMG. Somit ist für eine Verschreibung nurmehr ein „normales“ Rezept vonnöten. Eine Ausnahme ist das Medikament Nabilon, welches auch weiterhin unter das BtMG fällt. Die Verschreibung von Cannabis darf jedoch nach wie vor nur unter strengen Voraussetzungen erfolgen:
- Krankheitsschwere: Es muss eine schwerwiegende Erkrankung vorliegen, die erhebliche Beeinträchtigungen des Lebens oder der Gesundheit mit sich bringt (z.B.chronische Schmerzen, Multiple Sklerose, Übelkeit nach Chemotherapie).
- Fehlen alternativer Therapien: Eine Therapie mit Cannabis darf nur in Erwägung gezogen werden, wenn andere medizinische Behandlungen nicht ausreichend wirken oder mit starken Nebenwirkungen verbunden sind.
- Individuelle Erfolgsaussichten: Der Arzt muss davon ausgehen, dass Cannabis die Symptome der Erkrankung wirksam lindern kann.
- Vorrang von Fertigarzneimitteln: Die Verschreibung von Blüten und Extrakten ist zu begründen. Grundsätzlich sollen cannabishaltige Fertigarzneimittel vorgezogen werden.
Die Behandlung mit Cannabis kann grundsätzlich von jedem Arzt (außer Zahn- und Tierärzten) verordnet werden. Die Kostenübernahme durch die Krankenkasse ist möglich, bedarf jedoch einer vorherigen Genehmigung.
Häufige Anwendungsgebiete
Cannabis wird zur Linderung von Symptomen bei einer Vielzahl schwerer Erkrankungen eingesetzt. Zu den häufigsten Anwendungsgebieten gehören:
- Chronische Schmerzen (z.B. durch Nervenschäden oder Krebs)
- Multiple Sklerose (zur Linderung von Muskelspastiken)
- Epilepsie (insbesondere bei therapieresistenten Formen)
- Übelkeit und Erbrechen (z.B. als Folge einer Chemotherapie)
- Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust (bei Krebspatienten oder Menschen mit HIV/AIDS)
Verschreibungsverfahren und Kostenübernahme
Verschreibung durch den Arzt
Ärztinnen und Ärzte dürfen Cannabis verschreiben, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind. Die Verschreibung erfolgt ab sofort in Form eines elektronischen Rezepts.
Antrag auf Kostenübernahme
Grundsätzlich müssen Krankenkassen die erstmalige Verordnung von Cannabis prüfen. Patient:innen müssen also einen Antrag auf Kostenübernahme bei ihrer Krankenkasse stellen, der vor Beginn der Therapie genehmigt werden muss. Die Krankenkasse kann die Genehmigung in Ausnahmefällen ablehnen, muss dies aber schriftlich begründen.
Apothekenabgabe
Medizinisches Cannabis darf nur in Apotheken abgegeben werden. Patient:innen müssen sich bei der Einnahme strikt an die Anweisungen ihres Arztes halten.
Risiken und Nebenwirkungen
Obwohl Cannabis vielen Patientinnen und Patienten hilft, ist es nicht frei von Risiken. Mögliche Nebenwirkungen sind:
- Psychische Beeinträchtigungen: Zum Beispiel Müdigkeit, Konzentrationsschwäche, Stimmungsschwankung, Schwindel, Angstzustände, Halluzinationen.
- Herz-Kreislauf-Probleme: Beispielsweise Herzrasen, plötzlicher Blutdruckabfall, Herzbeschwerden.
- Abhängigkeitspotenzial: Nach langfristigem oder unsachgemäßem Gebrauch können bei plötzlichem Absetzen Entzugserscheinungen auftreten. Außerdem können Patient:innen eine Toleranz gegenüber vielen in Cannabis enthaltenen Wirkstoffen aufbauen.
Es ist wichtig, regelmäßig mit dem behandelnden Arzt oder der Ärztin über den Verlauf der Therapie zu sprechen, um die Dosierung optimal anzupassen und Nebenwirkungen zu minimieren.
Handlungsempfehlungen für Patienten
- Arztgespräch vorbereiten: Führen Sie ein Symptomtagebuch und notieren Sie alle bisherigen Therapien und deren Wirkungen. Dies erleichtert dem/der Arzt/Ärztin die Einschätzung, ob Cannabis für Sie geeignet ist.
- Genehmigungsverfahren: Informieren Sie sich frühzeitig über die Anforderungen Ihrer Krankenkasse und reichen Sie alle erforderlichen Unterlagen vollständig ein.
- Langfristige Planung: Besprechen Sie mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin die Erfolgsaussichten und mögliche Alternativen, falls die Therapie nicht die gewünschten Ergebnisse erzielt.