Alles zum Abo-Vertrag: Vom Widerrufsjoker bis zum Sonderkündigungsrecht
Fast jeder besitzt irgendein Abonnement, sei es für einen Streaming-Dienst, die Tageszeitung, die Bahncard oder das örtliche Fitnessstudio. Während der Abonnementvertrag gerade bei attraktiven Probeangeboten meist schnell unterzeichnet ist, gilt es bei der Kündigung einiges zu beachten. Rechtzeitig zu kündigen ist dabei eines der obersten Gebote, wenn Sie nicht wollen, dass das Abo automatisch verlängert wird. In einigen Fällen können Sie jedoch auch von Ihrem Sonderkündigungsrecht Gebrauch machen und das Abo schon vor dessen Ablauf beenden.
Was ist ein Abonnement eigentlich?
Bei einem Abonnement handelt es sich um ein sogenanntes Dauerschuldverhältnis, da im Gegensatz zur einmaligen Leistung während der gesamten Laufzeit ständig neue Leistungen und Schutzpflichten entstehen. Ein solches Dauerschuldverhältnis ist beispielsweise die Mitgliedschaft in einem Fitnessstudio, einer Partnervermittlung oder ein Zeitschriften-Abo.
Die goldene Regel beim Abschluss eines Abos lautet: Lesen Sie das Kleingedruckte! Der Haken bei den AGB ist zwar schnell gesetzt, doch nur die Wenigsten haben diese auch wirklich gelesen. Dabei ist darin zum Beispiel geregelt, wie lange genau Sie sich vertraglich binden, welche Kündigungsfrist Sie einhalten müssen und welche Möglichkeiten der Abo-Kündigung Sie haben. Auch können darin beispielsweise mögliche Preiserhöhungen festgehalten sein.
Wichtig: In den AGB vereinbarte Vertragsklauseln, die den wirtschaftlichen Interessen der Verbraucher widersprechen, sind grundsätzlich unwirksam (zum Beispiel Abtretungsausschlüsse von Geldansprüchen, die Verbraucher gegen das Unternehmen formulieren).
Nutzen Sie Ihr Widerrufsrecht!
Wenn Sie Ihr Abo telefonisch oder online abgeschlossen haben, handelt es sich dabei um ein sogenanntes Fernabsatzgeschäft (§ 312c BGB). Sie haben in diesem Fall ein 14-tägiges Widerrufsrecht. Die Zwei-Wochen-Frist beginnt, wenn die Leistung zum ersten Mal erbracht wurde. Handelt es sich also beispielsweise um ein Zeitschriften-Abo, können Sie dieses innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt der ersten Ausgabe widerrufen.
Ausnahme: Lieferverträge für Strom und Gas, die ausschließlich per Telefon abgeschlossen werden, sind seit Juli 2021 rechtlich unwirksam. Damit ein Vertrag zustande kommt, muss er in Textform (zum Beispiel per E-Mail, SMS, Brief oder Fax) vorliegen – ebenso muss die Kündigung solcher Verträge in Textform erfolgen. Darüber hinaus werden Firmen künftig dazu angehalten, die Einwilligung der Verbraucher zur Telefonwerbung zu dokumentieren.
Vorsicht, Abofalle!
Dieses Recht ist vor allem dann hilfreich, wenn Sie in eine der Abofallen im Internet getappt sind und so einen Vertrag über ein Abo abgeschlossen haben, obwohl Sie sich dessen gar nicht bewusst waren. Wenn Sie eine ominöse Rechnung für ein Internet-Abo erhalten, raten Verbraucherschutzverbände dazu, zunächst zu widersprechen, den Vertrag überhaupt eingegangen zu sein. Tun Sie dies am besten schriftlich per Einschreiben mit Rückschein. In dem Fall muss der Anbieter selbst nachweisen, dass der Vertrag zustande gekommen ist. Sollte ihm dies gelingen, müssen Sie den Vertrag fristgerecht innerhalb von 14 Tagen widerrufen. Am besten leiten Sie Widerspruch und Widerruf gleichzeitig in die Wege, um Fristen zu wahren und so auf der sicheren Seite zu sein.
Ihr Ass im Ärmel: Der Widerrufsjoker
Vielleicht haben Sie schon einmal vom sogenannten Widerrufsjoker gehört? Es handelt sich dabei um eine Art verbraucherfreundliches Schlupfloch, mit dem Sie dem unliebsamen Abo unter Umständen doch noch entkommen können. Die Widerrufsfrist beginnt nur, wenn Sie zuvor ausreichend über Ihr Widerrufsrecht informiert wurden. Ist dies nicht geschehen, kann die Frist nicht ablaufen und Sie genießen ein verlängertes Widerrufsrecht. Die Maximaldauer ist dabei auf ein Jahr und zwei Wochen beschränkt. Das bedeutet, dass Sie den Vertrag auch nach den 14 Tagen noch widerrufen können.
Allerdings ist dies in der Realität nicht so einfach nachzuweisen: Haben Sie beispielsweise die AGB per E-Mail erhalten und diese einfach nicht gelesen, ist das Ihr eigenes Verschulden. Sie wurden dann ausreichend informiert.
Sonderkündigungsrecht bei Abo-Verträgen
Es gibt einige Ausnahmen, wie Sie das ordnungsgemäß abgeschlossene Abonnement auch vor dessen Ablauf kündigen können. Grundsätzlich besteht ein Sonderkündigungsrecht dann, wenn sich die Rahmenbedingungen geändert haben (§ 313, 314 BGB). Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn Ihr Fitnessstudio, das bei Vertragsabschluss nur für Damen vorgesehen war, jetzt auch Männern zugänglich ist. Auch eine Preiserhöhung kann die außerordentliche Kündigung rechtfertigen.
Wegweisende Urteile:
Urteil des BGH vom 4. Mai 2016 (Az.: XII ZR 62/15): Der berufsbedingte Umzug rechtfertigt die außerordentliche Kündigung einer Mitgliedschaft im Fitnessstudio nicht.
Urteil des Amtsgerichts Köln vom 27. Januar 2016 (Az.: 142 C 408/15): Bei Umzug kann der Telefonvertrag mit einer Frist von drei Monaten außerordentlich gekündigt werden – allerdings nur dann, wenn der jetzige Anbieter am neuen Wohnort keinen Anschluss anbieten kann.
Urteil des BGH vom 5. Juli 2017 (Az.: VIII ZR 163/16): Auch wenn der Strompreis lediglich aufgrund von Steuern, Abgaben und Umlagen erhöht wird, steht Kunden ein Sonderkündigungsrecht zu. Das Sonderkündigungsrecht darf Kunden in diesem Fall auch vertraglich nicht genommen werden.
Mein Abo wurde automatisch verlängert: Was kann ich tun?
Wer kennt es nicht: Das Abo, das man eigentlich nur testen wollte, dann aber vergessen hat, rechtzeitig zu kündigen, verlängert sich automatisch um ein weiteres Jahr. Das ist jedoch inzwischen nicht mehr so einfach möglich. Dank des Gesetz für faire Verbraucherverträge haben Verbraucher die Möglichkeit, bei automatischen Vertragsverlängerungen monatlich zu kündigen. Seit März 2022 sind bei vielen Verträgen stillschweigende Vertragsverlängerungen nur noch zulässig, wenn sich der Vertrag auf unbestimmte Zeit verlängert und die Verbraucher:innen eine Kündigungsfrist von höchstens einem Monat erhalten. Dementsprechend können Sie nach Ablauf der ersten Vertragslaufzeit spätestens einen Monat nach Zugang Ihrer Kündigung aus dem Vertrag heraus.
Vorsicht: Dies gilt in der Regel nicht für Altverträge, die Sie in der Vergangenheit abgeschlossen haben.
Bei Telekommunikationsverträgen gilt das bereits seit dem 1. Dezember 2021 (sowohl für Alt- als auch für Neuverträge).
Gut zu wissen: Kündigungsbutton ist Pflicht
Online-Anbieter sind seit 1. Juli 2022 dazu verpflichtet, einen Kündigungsbutton auf ihrer Website einzufügen, wenn ein Vertragsabschluss über die Website möglich ist. Damit sollen Verbraucher besser vor Dauerschuldverhältnissen geschützt werden. Erfüllt der Anbieter diese Vorgabe nicht, können Sie einen Vertrag jederzeit und ohne Einhaltung der Kündigungsfrist kündigen.