Lohntarif: Wo Sie Ihr Tarifgehalt finden und wie Sie sich gegen Lohndumping wehren können

Fällt Ihr Arbeitsverhältnis unter einen Tarifvertrag, haben Sie auch Anspruch auf den Tariflohn beziehungsweise das Tarifgehalt. Wie hoch das konkret sein muss, ist in Tariftabellen festgehalten, die zum Vergütungstarifvertrag gehören.

Autor:  Redaktion DAHAG Rechtsservices AG.

So finden Sie den Tariflohn, der Ihnen zusteht:

1. Finden Sie den für Sie geltenden Vergütungstarifvertrag.

2. Finden Sie Ihre Vergütungsgruppe.

3. Finden Sie Ihre Tarifstufe.

4. Finden Sie heraus, ob Ihnen Zuschläge zustehen.

Stellen Sie sich vor, Sie suchen einen neuen Job. Sie haben eine Stellenausschreibung gefunden, die Sie anspricht, doch vom Gehalt steht darin nichts. Nur von einer leistungsgerechten Entlohnung ist die Rede und – unten, ganz am Ende, so dass Sie es fast übersehen hätten – steht der Hinweis, dass die Stelle einem Tarifvertrag unterliegt. Die Mühe, eine Bewerbung zu verfassen, wollen Sie sich aber nur machen, wenn der Job auch finanziell interessant ist. Wer will sich schließlich schon verschlechtern? Nun ist guter Rat teuer.

Wie finden Sie also heraus, wie viel Sie verdienen würden, wenn Sie die Stelle bekämen? Ganz einfach: Sie brauchen den geltenden Vergütungstarifvertrag! Der kann je nach Branche und Unternehmen auch anders heißen, zum Beispiel Gehalts-, Lohn- oder Entgelttarifvertrag. Gemeint ist aber immer dasselbe, nämlich das Vertragswerk, in dem festgehalten ist, welche Vergütungsgruppen und Tarifstufen es gibt, wer wann in welche davon eingruppiert wird und wie hoch diese jeweils dotiert sind.

Welcher Tariflohn gilt für mich?

Auf den ersten Blick wirken die Vergütungstarifverträge unübersichtlich und verwirrend. Erst recht, wenn es um Branchen geht, in denen viele unterschiedliche Vergütungsstufen und Modelle zur Eingruppierung existieren - denn dann ist das Tarifwerk voller unterschiedlicher Tabellen. Um sich zurecht zu finden, gehen Sie am besten Schritt für Schritt vor:

1. Finden Sie heraus, welcher Vergütungstarifvertrag für Sie gilt.

Gilt ein Tarifvertrag für Ihr Arbeitsverhältnis, ist das meist auch im Arbeitsvertrag vermerkt. Eine sogenannte Bezugnahmeklausel weist dann darauf hin, dass die Regeln des Tarifvertrags – zum Beispiel hinsichtlich der Vergütung – auf Ihr Arbeitsverhältnis angewandt werden.

Aber auch wenn im Arbeitsvertrag nichts dazu vereinbart ist, kann für Sie ein Tarifvertrag gelten.

Sind Sie Mitglied in einer Gewerkschaft, genügt in der Regel eine E-Mail oder ein Anruf bei der für Sie zuständigen Geschäftsstelle, um diese Frage zu beantworten. Gewerkschaften handeln die Tarifverträge mit Vertretern der Arbeitgeber aus. Das bedeutet, dass sie immer auch das aktuelle Tarifwerkvorliegen haben. Als Mitglied können Sie Einsicht oder sogar eine Kopie davon bei der Gewerkschaft beantragen.

Auch Ihr Arbeitgeber muss Ihnen Auskunft geben, ob er einem Tarifvertrag unterliegt und ob dieser auch auf Ihr Arbeitsverhältnis angewandt wird. Außerdem muss er den Vertrag zur Einsicht im Betrieb auslegen.

Unterliegt Ihr Arbeitsverhältnis einem Tarifvertrag, der für allgemeingültigerklärt wurde, finden Sie diesen auch im Tarifregister des Bundesarbeitsministeriums. Allgemeingültige Tarifverträge sind auch für die Arbeitgeber bindend, die kein Mitglied der Arbeitgeberverbände und damit nicht tarifgebunden sind. Gehören sie zu der Branche, für die der Tarifvertrag gilt, müssen sie alle Arbeitsverhältnisse danach ausrichten.

2. Suchen Sie die korrekte Vergütungsgruppe!

Die meisten Lohntarifverträge sehen sogenannte Vergütungsgruppen vor. Je nach Qualifikation des Mitarbeiters und nach dem Profil der ausgeübten Tätigkeit werden Sie in eine dieser Gruppen eingeordnet, sobald Sie den Job antreten. Dabei ist die niedrigste Vergütungsgruppe für einfache Hilfsarbeiten vorgesehen, die höchsten entsprechend für anspruchsvolle Tätigkeiten bis zur Führungskraft.

Haben Sie die Vergütungsgruppe gefunden, die für Sie gilt, können Sie in den Tariftabellen Ihr Grundgehalt ablesen.

Wichtig: Viele Tarifverträge sehen noch immer unterschiedliche Tariflöhne für Beschäftigte im Osten und im Westen Deutschlands vor. Zwar sollen die Tarifentgelte langfristig angepasst und vereinheitlicht werden, aber noch gibt es in vielen Branchen Unterschiede und sogenannte Osttarife. Achten Sie also darauf, dass Sie in der richtigen Tabelle nach der für Sie geltenden Vergütungsgruppe suchen.

3. Finden Sie Ihre Tarifstufe!

Das Grundgehalt ist Ihre Lohnbasis. Meist erhalten Sie am Ende aber mehr Gehalt, als die Vergütungsgruppe vorsieht. Das hängt zum Beispiel mit den Tarifstufen zusammen. Diese sehen Gehaltssteigerungen vor, die Sie automatisch erhalten, je länger Sie im Betrieb beschäftigt sind.

Je nach Tarifvertrag können Sie unter Umständen schon bei Jobantritt in eine etwas höhere Tarifstufe eingruppiert werden – nämlich dann, wenn nicht die Betriebszugehörigkeit Grundlage für die Einstufung ist, sondern Ihre Berufserfahrung. In diesem Fall werden auch die Zeiten zur Berechnung herangezogen, die Sie bei anderen Arbeitgebern angesammelt haben. Viele Tarifverträge rechnen betriebsfremde Berufserfahrung aber nicht oder nur teilweise an. In diesem Fall beginnen Sie in einer der niedrigsten Tarifstufen, steigen mit den Jahren aber automatisch auf.

Wie viele Tarifstufen es gibt, nach wie vielen Jahren Sie in die nächst höhere aufsteigen und wie hoch die Gehaltssteigerungen sind, lesen Sie in dem für Sie geltenden Lohntarifvertrag nach.

4. Finden Sie heraus, welche Zuschläge Sie bekommen!

Je nach Beruf und Branche können Sie zusätzlich mit Zuschlägen rechnen. So gibt es beispielsweise in der Leiharbeit Branchenzuschläge, mit denen auch Zeitarbeiter annähernd den Tariflohn der Stammbelegschaft erreichen sollen. Auch Feiertags-, Nacht-, Schichtzuschläge oder zum Beispiel Gefahrenzulagen können Ihr Grundgehalt aufstocken.

Finden Sie dazu keine Angaben im Vergütungstarifvertrag, heißt das nicht unbedingt, dass keine Zuschläge gezahlt werden. Es lohnt sich, in diesem Fall auch einen Blick in den Manteltarifvertrag zu werfen, der für Ihr Arbeitsverhältnis gilt. Der regelt die allgemeinen Arbeitsbedingungen abseits des konkreten Gehalts und enthält häufig die grundlegenden Vereinbarungen zu den Zuschlägen.

 

Darf mein Arbeitgeber mir weniger Gehalt zahlen, als im Tarifvertrag vereinbart ist?

Nein. Zwar sorgt die sogenannte Vertragsfreiheit eigentlich dafür, dass jeder Arbeitnehmer sein Gehalt individuell mit dem Arbeitgeber verhandeln kann (oder muss), gilt aber ein Tarifvertrag für das Arbeitsverhältnis, ist der Tariflohn bindend und darf nicht unterschritten werden.

Darf mein Arbeitgeber mir mehr Gehalt zahlen, als im Tarifvertrag vereinbart ist?

Ja. Der Tariflohn ist nur eine Untergrenze. Der Arbeitgeber darf Ihnen also nicht weniger zahlen, als im Tarifvertrag vereinbart ist. Zu Ihren Gunsten darf er davon aber abweichen.

Aber Vorsicht: Mehr Gehalt geht häufig auch mit anderen Aufgaben und mehr Verantwortung einher. Das kann dafür sorgen, dass Sie dem Tarifvertrag nicht mehr unterliegen, sondern ein sogenannter außertariflicher Mitarbeiter sind. Dieser Status bringt aber nicht nur Vorteile. Worauf Sie achten müssen, wenn Ihr Arbeitgeber Ihnen anbietet, Sie in ein außertarifliches Beschäftigungsverhältnis zu übernehmen, lesen Sie ausführlich auf unserer Seite Außertarif: Worauf AT-Angestellte achten sollten.

Was ist das Entgeltrahmenabkommen (ERA)?

Während Ihrer Recherche zum für Sie geltenden Lohntarifvertrag stoßen Sie möglicherweise auch auf das „Entgeltrahmenabkommen“ (ERA). Vor allem in der Metall- und Elektroindustrie sollten Sie den Begriff kennen. Das ERA haben die IG Metall und der Arbeitgeberverband Gesamtmetall ausgehandelt, um darin die Unterschiede in der Bezahlung von Arbeitern und Angestellten abzuschaffen. Es ist seit 2003 in Kraft und gilt nach einer Übergangsfrist seit 2009 für fast alle tarifgebundenen Unternehmen in der Metall- und Elektroindustrie.

Kleiner Rückblick: Historisch betrachtet waren Arbeitnehmer früher entweder Angestellte oder Arbeiter. Erstere arbeiteten eher im Büro, in der Verwaltung und bezogen ein Gehalt, letztere waren in Dienstleistung und Produktion tätig und bekamen Lohn. Entsprechend gab es lange einen separaten Lohn- und einen Gehaltstarifvertrag mit teilweise gravierenden Unterschieden in der Bezahlung der entsprechenden Mitarbeiter.

Da inzwischen auch der Gesetzgeber keine Unterscheidung mehr vorsah und es auch nur noch eine Rentenversicherung gab statt unterschiedliche für Arbeiter und für Angestellte, mussten sich auch Industrie und Wirtschaft anpassen. Das ERA ist die Grundlage für Vergütungstarifverträge, die in der Metall- und Elektroindustrie, aber nicht deutschlandweit abgeschlossen werden. Stattdessen gibt es 11 unterschiedliche, regionale Tarifwerke. Wollen Sie einen Job in diesen Branchen antreten, achten Sie also darauf, den richtigen Tarifvertrag zu suchen.


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