Bürgergeldbescheid: Widerspruch beim Jobcenter einlegen

Am 01. Januar 2023 hat das Bürgergeld Hartz IV abgelöst, das bisherige Arbeitslosengeld II. Mit der Einführung wurde auch die Antragstellung vereinfacht. Doch selbst, wenn Sie alle Angaben und Nachweise vollständig und korrekt eingereicht haben, kann es passieren, dass Ihr Antrag abgelehnt oder nicht in der erwarteten Höhe bewilligt wird.

Prüfen Sie daher jeden Bescheid: Wenn Sie die Berechnung oder Ablehnung nicht nachvollziehen können und Ihren Anspruch für legitim erachten, können Sie Widerspruch einlegen.

Autor:  Redaktion DAHAG Rechtsservices AG.

Das Wichtigste im Überblick

Bürgergeld: Antrag abgelehnt oder zu geringe Leistungen?

Wenn alles glatt geht, erhalten Sie nach maximal 6 Monaten Bearbeitungszeit einen Bewilligungsbescheid, in dem das Jobcenter Ihnen die richtige Höhe des Bürgergeldes und die Dauer des Anspruchs mitteilt. Doch die Berechnungen sind kompliziert und nicht jeder Antrag wird korrekt bearbeitet oder bewilligt.

Das kann unterschiedliche Gründe haben:

  • Ihr Einkommen ist für das Bürgergeld zu hoch, beispielsweise Ihre Einnahmen aus nichtselbständiger oder selbständiger Tätigkeit, aus Vermietung und Verpachtung oder Unterhaltsleistungen.
  • Ihr Vermögen als leistungsberechtige Person ist erheblich, übersteigt also 40.000 Euro (15.000 Euro für jede weitere Person in der Bedarfsgemeinschaft).
  • Andere Sozialleistungen sind noch nicht ausgeschöpft, zum Beispiel Arbeitslosengeld I, Kindergeld, Krankengeld, Erwerbsminderungsrente, Wohngeld oder Elterngeld.
  • Das Jobcenter hat Ihre Angaben nicht korrekt übernommen oder Ihren Anspruch falsch berechnet.

Sie sind nicht dazu verpflichtet, mit dem Antrag bereits alle nötigen Dokumente einzureichen. Wichtig ist nur, dass Sie alle Anlagen und Nachweise so früh wie möglich nachreichen. Denn viele Anträge werden abgelehnt, weil Unterlagen fehlen.

Tipp: Falls Sie Ihren Antrag mit allen Dokumenten nicht ohnehin online abgeben, denken Sie daran, nur Kopien Ihrer Unterlagen einzureichen. Das Jobcenter schickt keine Dokumente zurück, sondern digitalisiert alles und vernichtet die Originale nach 8 Wochen.

Gut zu wissen:

Möglicherweise ist Ihr Einkommen für den Bezug von Bürgergeld zu hoch, aber zu niedrig, um daraus die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zu zahlen. Dann haben Sie in der Regel Anspruch auf Übernahme der Beiträge durch das Jobcenter beziehungsweise das Sozialamt.

Wiederspruch gegen Ablehnungsbescheid einlegen

Mitarbeiter der Jobcenter sind häufig einfach überlastet und das führt zu Fehlern bei der Berechnung der Leistungen. Auch die komplexen Vorgaben der Sozialgesetzgebung machen das Prozedere fehleranfällig und führen beispielsweise dazu, dass Sachbearbeiter es versäumen, entscheidende Angaben zu berücksichtigen. Zudem haben die Mitarbeiter der Jobcenter noch die Umstellung auf das Bürgergeld zu meistern.

Sie sollten den Ablehnungsbescheid also gründlich prüfen und gegebenenfalls Widerspruch einlegen, wenn Sie den Fehler beim Jobcenter sehen. Laut Veröffentlichungen der Agentur für Arbeit war in den letzten Jahren etwa ein Drittel der Widersprüche gegen Hartz IV Bescheide berechtigt und auch zahlreiche Klagen vor Sozialgerichten gingen zu Gunsten der Leistungsempfänger aus.

Mit dem Ablehnungsbescheid sollten Sie eine Rechtsbehelfsbelehrung erhalten. Darin steht, was Sie beachten müssen, falls Sie gegen den Bescheid vorgehen möchten. Fehlt die Rechtsbehelfsbelehrung oder enthält sie Fehler, ist der Bescheid trotzdem gültig, aber die Widerspruchsfrist verlängert sich auf ein Jahr.

Widerspruch einlegen - so gehen Sie vor:

  • Verfassen Sie den Widerspruch schriftlich und schicken ihn ans Jobcenter, am besten per Einschreiben oder online über die eServices der Bundesagentur für Arbeit. Alternativ können Sie ihn auch zur Niederschrift einreichen: Das bedeutet, Sie sprechen persönlich bei der Behörde vor und lassen Ihren Widerspruch dort schriftlich festhalten.
  • Egal auf welchen Weg Sie das Schreiben einreichen: Vergessen Sie Ihre Unterschrift nicht. Sie müssen den Widerspruch in Schriftform einreichen. Das bedeutet: Sie müssen entweder einen Brief oder eine spezielle digitale Nachricht verschicken. Eine einfache E-Mail reicht nicht. Sie muss eine qualifizierte digitale Signatur enthalten oder als De-Mail verschickt werden.
  • Wenn Sie Widerspruch einlegen, können Sie eine Begründung mitliefern, sind dazu allerdings nicht verpflichtet.
  • Heben Sie einen Beleg des Widerspruchs auf.
  • Beachten die Widerspruchsfrist von einem Monat nach Erhalt des Bescheids: Schicken Sie Ihren Widerspruch rechtzeitig ab, so dass er innerhalb der Frist beim Jobcenter ankommt.
  • Schicken Sie den Widerspruch an die Stelle (Ansprechpartner und Adresse), die in der Rechtsbehelfsbelehrung genannt wird. In der Regel handelt es sich um dieselbe Stelle, die den Bescheid verschickt hat. Manchmal ist allerdings auch eine andere Abteilung für die Bearbeitung von Widersprüchen zuständig.

Nach fristgerechtem Eingang Ihres Widerspruchs überprüft die Behörde zunächst, ob der Widerspruch zulässig, rechtmäßig und zweckmäßig ist. Erhalten Sie (teilweise) Recht, wird Ihnen die Behörde einen Abhilfe- oder Teilabhilfebescheid schicken.

Wenn Sie den Widerspruch zurückziehen möchten, weil Sie beispielsweise einen Fehler gemacht haben, oder aus anderen Gründen (die Sie nicht nennen müssen), gilt derselbe Weg wie für den Widerspruch an sich: Schriftlich und am besten per Einschreiben.

Klage vor dem Sozialgericht

Gibt das Jobcenter Ihrem Widerspruch nicht statt, erhalten Sie einen Widerspruchsbescheid, gegen den Sie innerhalb eines Monats Klage vor dem Sozialgericht erheben können. Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem Sie den Bescheid erhalten haben.

Auch ohne oder nur mit geringem Einkommen steht Ihnen der Weg vor Gericht offen. Beratungshilfe können Sie bereits für Rechtsberatung und Rechtsvertretung außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens beantragen. Rät der Rechtsanwalt oder die Rechtsanwältin Ihnen zur Klage vor dem Sozialgericht, können Sie Prozesskostenhilfe in Anspruch nehmen.

Gut zu wissen:

Selbst wenn Ihr Antrag auf Bürgergeld endgültig abgelehnt wurde, kann es sein, dass Sie zumindest Anspruch auf Wohngeld haben! Bürgergeld wird erst bewilligt, wenn andere Sozialleistungen ausgeschöpft sind. Das heißt, wenn die Hilfebedürftigkeit durch Wohngeld abgewendet werden kann, steht die Beantragung von Bürgergeld an zweiter Stelle (§7 Wohngeldgesetz).

Widerspruch gegen vorläufigen Bewilligungsbescheid

Wurde Ihr Antrag auf Bürgergeld bewilligt, erhalten Sie einen entsprechenden Bescheid über die Höhe des Regelsatzes. Taucht irgendwo im Bescheid der Begriff „vorläufig“ auf, sollten Sie aufpassen.

Bescheide werden in der Regel vorläufig bewilligt, weil entweder der Anspruch an sich oder die Höhe der Leistungen noch nicht endgültig feststehen. Gründe dafür können sein:

  • unregelmäßiges Einkommen (zum Beispiel bei Aufstockern, deren Lohn für den Lebensunterhalt nicht ausreicht und die ihn durch Bürgergeld ergänzen)
  • sich verändernde Betriebskosten für Ihre Wohnung
  • sich verändernde Unterhaltszahlungen

Der vorläufige Bescheid gemäß § 41a SGB II ist mit Vorsicht zu genießen, weil Sie am Ende des Bewilligungszeitraumes Nachweise über die tatsächlichen Werte nachreichen müssen und die Leistungen noch einmal neu berechnet werden. Hat Ihnen das Jobcenter zu viel ausbezahlt, kann es die Überzahlungen zurückfordern.

Die Unterlagen mit den tatsächlichen Werten müssen Sie am Ende des Bewilligungszeitraums innerhalb eines vorgegebenen Zeitraums abgeben und diese Frist, in der Regel ein Monat, sollten Sie unbedingt einhalten. Fehlen beispielsweise Einkommensnachweise, kann das Jobcenter Ihren Leistungsanspruch für die gesamte Zeit aufheben und alle Leistungen inklusive der Krankenversicherung zurückfordern.

Beantragen Sie nicht bereits vorher eine Festsetzung, wird ein vorläufiger Bescheid in der Regel ein Jahr nach Ende des Bewilligungszeitraums automatisch rechtskräftig. Ein Widerspruch gegen den vorläufigen Bescheid ist unter anderem dann sinnvoll, wenn das Jobcenter das zukünftige Einkommen zu hoch einschätzt.

Auch endgültig bewilligte Anträge können fehlerhaft sein und Sie sollten prüfen, ob die zugesagten Leistungen mit Ihren Ansprüchen übereinstimmen. Falls nicht, können Sie ein Widerspruchsverfahren auf dem gleichen Weg anstoßen, wie bei einem Ablehnungsbescheid.

Widerspruch gegen Rückforderung

Nicht nur bei Ihrem Erstantrag auf Bewilligung von Bürgergeld erhalten Sie einen (positiven) Bescheid. Auch wenn sich an Ihrer Lebenssituation etwas ändert, das die Höhe der Leistungen beeinflusst, bekommen Sie eine entsprechende Mitteilung vom Jobcenter. Das kann der Fall sein, wenn Ihr Einkommen steigt oder falls Ihr Partner oder Ihre Partnerin bei Ihnen einzieht. Dadurch gründen Sie eine Bedarfsgemeinschaft, die Ihren Regelsatz mindert.

Über solche Veränderungen Ihrer Lebenssituation müssen Sie das Jobcenter umgehend informieren, um Überzahlungen zu vermeiden. Falls das Jobcenter irrtümlich Leistungen zurückfordert, die Ihnen zugestanden haben, können Sie gegen die Rückforderung Widerspruch einlegen.

Beschwerde über das Jobcenter

Auf der einen Seite sitzen Sachbearbeiter der Jobcenter, die häufig stark überlastet sind. Andererseits geht es für Leistungsempfänger um existentielle Fragen und Probleme. Gelegentlich führt das zu unterschiedlichen Auffassungen oder Konflikten, die über einen Widerspruch nicht zu regeln sind. Eine Anlaufstelle für Beschwerden ist das Kundenreaktionsmanagement Ihres zuständigen Jobcenters oder auf übergeordneter Ebene die Bundesagentur für Arbeit.

Möglicherweise kann das Jobcenter Ihnen auch nicht bei allen Problemen zur Seite stehen, die Sie aufgrund von Arbeitslosigkeit bewältigen müssen. Dann bringt eine Beschwerde über die Beratungsleistung der Jobcenter Sie nicht weiter, vielleicht aber eine unabhängige (soziale) Beratungsstelle.

Tipp: Wenn Ihr Bewilligungsantrag abgelehnt wurde und Sie dem Bescheid widersprechen möchten, sich aber keinen Anwalt leisten können, gibt es trotzdem Möglichkeiten. Sie können Beratungshilfe beantragen und sich von einem Anwalt zu Ihren Chancen und der richtigen Vorgehensweise für den Widerspruch beraten lassen. Falls es zu einem Gerichtsverfahren kommt, können Sie Prozesskostenhilfe beantragen. Sollte das Amtsgericht den Antrag auf Beratungshilfe ablehnen, können Sie über die telefonischeRechtsberatung der Deutschen Anwaltshotline eine kostengünstige Ersteinschätzung Ihres Falls bekommen.


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