Dank Gleitzeit flexibel arbeiten: Gesetzliche Regelungen & Vorteile

Kommen und Gehen – wann immer Sie wollen: So attraktiv das klingt, so einfach ist es im Arbeitsleben dann doch nicht. Gleitzeit bietet immerhin rund 25 Prozent der Arbeitnehmer in Deutschland ein hohes Maß an Flexibilität bei der Einteilung Ihrer Arbeitszeit. Lesen Sie hier alles, was sie über das Arbeitszeitmodell Gleitzeit wissen müssen – Varianten, Arbeitszeiterfassung und Risiken.

Autor:  Redaktion DAHAG Rechtsservices AG.

Gleitzeit: Das Wichtigste im Überblick

Was ist Gleitzeit?

Die Gleitzeit – auch gleitende Arbeitszeit – ist ein Arbeitszeitmodell, das die Flexibilisierung und Individualisierung der Arbeitszeit möglich macht. Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes ist „die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen“ (§ 2 Abs. 1 ArbZG). Das Gesetz regelt die maximal zulässige Arbeitszeit der Arbeitnehmer, aber nicht, wann und wie diese Zeit genau abzuleisten ist. Diese Regelung wird im Arbeitsvertrag getroffen. Ohne Gleitzeit bedeutet das, dass exakte Zeiten angegeben sind, zu denen Sie Ihre Arbeit beginnen und beenden sollen.

Wenn Ihr Arbeitsvertrag jedoch eine Gleitzeit vorsieht, können Sie den Beginn und das Ende Ihrer Arbeit selbst bestimmen. Das bietet Ihnen natürlich einige Vorteile gegenüber einem starren Arbeitszeitmodell. Arzttermine vor der Arbeit, Behördengänge oder auch eine Verabredung zum Frühstück – das alles ist möglich. Darüber hinaus sind Sie nicht so sehr vom Verkehr abhängig und können Stoßzeiten entgehen oder sich entspannt zurücklehnen, falls Ihr Zug Verspätung hat.

Welche Arten von Gleitzeit gibt es?

Gleitzeit ist nicht gleich Gleitzeit. Je nachdem, was in Ihrem Arbeitsvertrag geregelt ist, haben Sie nur ein geringes Maß an Flexibilität oder aber ganz freie Hand, was die Gestaltung Ihrer Arbeitszeit angeht. Man unterscheidet zuerst zwischen einfacher Gleitzeit und qualifizierter Gleitzeit.

  • Einfache Gleitzeit bedeutet, dass die Dauer Ihres Arbeitstages immer gleich ist. Sie können lediglich entscheiden, wann Sie ihren Arbeitstag beginnen – das Ende des Arbeitstages hängt dann dementsprechend davon ab. Frei nach dem Motto: Wer früher kommt, kann früher gehen!
  • Qualifizierte Gleitzeit bietet Ihnen noch mehr Flexibilität, weil Sie nicht nur den Beginn, sondern auch die Dauer Ihrer täglichen Arbeitszeit selbst bestimmen können. Sie müssen Sich dabei lediglich an eine wöchentlich, monatlich oder jährlich vereinbarte Gesamtarbeitszeit halten. Bei diesem Modell ist es daher auch möglich, Plus- oder Minusstunden aufzubauen. Eine Erfassung durch ein elektronisches Zeiterfassungssystem oder die Dokumentation der bereits geleisteten Stunden auf einem Arbeitszeitkonto ist daher sehr empfehlenswert.

Neben der Unterscheidung zwischen einfacher und qualifizierter Gleitzeit, gibt es noch verschiedene Varianten des Gleitzeitmodells, die sich hauptsächlich in der Frage unterscheiden, ob es einen bestimmten Zeitraum gibt, zu dem alle Mitarbeiter*innen anwesend sein müssen oder nicht.

Gleitzeit mit Kernarbeitszeit

Unter Kernarbeitszeit – oder nur Kernzeit – versteht man einen Zeitraum, in dem für alle Mitarbeiter*innen eines Unternehmens Anwesenheitspflicht herrscht. Vor und nach der Kernzeit gibt es eine Gleitspanne, in der Sie selbst entscheiden können, wann Sie kommen und bei qualifizierter Gleitzeit auch, wann Sie wieder gehen.

Ein Beispiel: In einer Agentur mit der Betriebszeit von 7:30 Uhr bis 18 Uhr haben alle Mitarbeiter Gleitzeit. Die Kernzeit, in der alle Mitarbeiter anwesend sein müssen, ist von 10:30 Uhr bis 15:30 Uhr. Das bedeutet, dass von 7:30 Uhr bis 10:30 Uhr eine Gleitspanne ist, innerhalb der die Mitarbeiter entscheiden können, wann Sie Ihre Arbeit aufnehmen. Ihren Feierabend können sie zwischen 15:30 und 18 Uhr flexibel bestimmen.

Die Kernarbeitszeit soll ermöglichen, dass innerhalb einer bestimmten Zeit alle Mitarbeiter*innen anwesend sind und daher gemeinsame Projekte verwirklicht oder Meetings abgehalten werden können.

Gleitzeit ohne Kernarbeitszeit

Dieses Modell eignet sich besonders für Unternehmen, in denen die Angestellten relativ autonom arbeiten können und sich nur wenig untereinander oder mit Kunden abstimmen müssen. Bei einer Gleitzeit ohne Kernarbeitszeit können Sie ganz frei entscheiden, wann Sie zur Arbeit kommen möchten und wann Sie wieder gehen wollen.

Für Teilzeitkräfte hat dies den Vorteil, dass sie Ihre Arbeitszeit ausschließlich auf den Vormittag legen oder aber auch nur abends arbeiten können. Normalerweise gibt es aber auch hier eine Betriebszeit (z.B. von 7 Uhr bis 19 Uhr) innerhalb der Sie ihre Arbeitszeit ableisten müssen. In den frühen Morgenstunden oder spät nachts zu arbeiten ist in den meisten Fällen nicht möglich.

Gleitzeit mit Funktionszeit

Die Funktionszeit ist der Kernzeit nicht unähnlich, allerdings besteht bei ihr nicht für alle Mitarbeiter*innen Anwesenheitspflicht. Sie soll gewährleisten, dass ausgewählte Bereiche des Unternehmens innerhalb einer bestimmten Zeit funktionsfähig sind. Das kann zum Beispiel bedeuten, dass eine bestimmte Abteilung innerhalb einer Zeitspanne unbedingt erreichbar sein muss.

Dieses Modell eignet sich, wenn die Abteilungen unabhängig voneinander arbeiten oder wenn sich die Kolleg*innen innerhalb einer Abteilung fachlich gegenseitig vertreten können und es daher ausreicht, wenn lediglich eine gewisse Anzahl der Mitarbeiter*innen innerhalb der Funktionszeit anwesend ist. In diesem Fall hängen Ihre Arbeitszeiten also vor allem von den Absprachen mit Kollegen ab.

Wie wird Gleitzeit im Unternehmen vereinbart?

Sofern ein Betriebsrat existiert, muss dieser gemäß § 87 Nr. 2 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) über die Einführung der gleitenden Arbeitszeit in einem Betrieb mitbestimmen. In Absprache zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat kann eine Gleitzeitvereinbarung getroffen werden. In dieser werden dann die Regelungen über die Gleitzeit festgehalten, die für die Mitarbeiter*innen in dem Unternehmen verbindlich gelten sollen. Das sind beispielweise Regelungen zu der Art der Gleitzeit, der wöchentlichen oder täglichen Arbeitszeit, der Kernarbeitszeit oder aber darüber, wie mit Überstunden umgegangen werden soll.

Gut zu wissen: Gleitzeitvereinbarung unterschreiben

Die Gleitzeitvereinbarung muss sowohl vom Arbeitgeber als auch vom Betriebsrat unterschrieben werden, bevor sie in Kraft tritt.

Plus- und Minusstunden: Risiken des Gleitzeitmodells

Die qualifizierte Gleitzeit bietet Ihnen zwar viele Vorteile bezüglich Ihrer Arbeitszeiteinteilung, sie birgt aber auch Risiken. Wenn Sie kommen und gehen, wann Sie wollen, kann es schnell passieren, dass Sie den Überblick über Ihre geleisteten Arbeitsstunden verlieren. Aus diesem Grund ist es dringend notwendig, dass Sie sich Ihre Arbeitszeiten notieren. Das Arbeitszeitkontokann Ihnen dabei als Steuerungselement dienen, um Ihre geleisteten Arbeitsstunden im Blick zu behalten. Das Gleitzeitmodell bietet in der Regel die Möglichkeit, Plus- oder Minusstunden aufzubauen.

Das bedeutet folgendes: Wenn Ihre Arbeit es erfordert, dass Sie in einer Woche oder einem Monat mehr arbeiten, als es in Ihrem Arbeitsvertrag vorgesehen ist, können diese Stunden als Plusstunden auf das Arbeitszeitkonto eingetragen werden. Sie bekommen deshalb aber nicht mehr Lohn oder Gehalt gezahlt als für die im Arbeitsvertrag geregelte Arbeitszeit, sondern können diese Plusstunden zu einem anderen Zeitpunkt abfeiern, wenn mal nicht so viel zu tun ist.

Andersherum verhält es sich mit Minusstunden. Wenn Sie in einem Monat weniger gearbeitet haben, als es Ihr Arbeitsvertrag vorsieht, bekommen Sie trotzdem Ihr normales Gehalt, sammeln aber Minusstunden auf Ihrem Arbeitszeitkonto, die Sie einfach später wieder aufarbeiten können. Auf diese Weise bleibt Ihr Gehalt immer gleich, auch wenn Sie mal mehr oder weniger gearbeitet haben.

Am einfachsten ist die Führung eines Arbeitszeitkontos, wenn die Zeiten elektronisch erfasst werden. In vielen Betrieben erfolgt die Erfassung der Arbeitszeit aber auch auf Vertrauensbasis. Dennoch sollten Sie immer darauf achten, dass nicht nur Sie, sondern auch Ihr Chef einen Überblick über Ihr aktuelles Arbeitszeitkonto hat.

Was passiert mit meinen Plus- oder Minusstunden, wenn ich aus dem Unternehmen ausscheide?

Bei der flexiblen Gestaltung der Arbeitszeit und dem Führen eines Arbeitszeitkontos, ist es nicht ungewöhnlich, dass Ihr Arbeitszeitkonto über Plus – oder Minusstunden verfügt, wenn Sie das Unternehmen verlassen. Die meisten Arbeits-, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen enthalten eine Klausel zu Überstunden. Plusstunden, die bei Gleitzeit entstanden sind, sind im Prinzip genau dasselbe und dementsprechend auch wie Überstunden zu behandeln. Daher sollten Sie bei einer Kündigung zuerst in Ihrem Arbeitsvertrag nachsehen, welche Regelung dazu vorgesehen ist.

Lesen Sie hier:Was passiert mit meinen Überstunden nach einer Kündigung?

Zusammengefasst sind Plusstunden bei einer Kündigung auszubezahlen oder als extra Urlaubstage abzubummeln. Auf jeden Fall müssen Sie ausgeglichen werden. Es wäre daher zwar logisch, mit Minusstunden anders herum zu verfahren, aber genau das ist falsch. Wenn Sie Minusstunden auf Ihrem Arbeitszeitkonto haben, dürfen diese in keinem Fall mit Ihrem Urlaub verrechnet werden. Der soll Ihnen nämlich zur Erholung dienen und die Minusstunden von Ihm abzuziehen, würde dem entgegen gehen und somit einen Verstoß gegen das Bundesurlaubsgesetz darstellen.

Ebenso wenig darf Ihr Arbeitgeber Ihnen die Minusstunden von Ihrem letzten Gehalt abziehen. Das geht nur, wenn Sie selbst Schuld daran tragen, dass Sie Minusstunden aufgebaut haben, zum Beispiel weil Sie keine Lust hatten zu arbeiten. Das fiele allerdings unter Arbeitsverweigerung. Nur wenn Sie auch deswegen eine Kündigung erhalten haben, ist es rechtens, wenn Ihr Arbeitgeber Ihnen die Minusstunden vom letzten Gehalt abzieht – sonst nicht.


Fall aus unserer Online-Rechtsberatung:Verrechnung von ungewollten Minusstunden


Ihr Arbeitgeber muss nämlich dafür sorgen, dass genug Arbeit vorhanden ist, um Sie im vollen Umfang beschäftigen zu können und nicht nur für einen Teil der in Ihrem Arbeitsvertrag festgelegten Arbeitsstunden. Gibt es nicht genug Arbeit für Sie, stehen Sie ihm ja trotzdem die volle Zeit zur Verfügung und es darf nicht zu Ihren Lasten gehen, wenn nicht genug Arbeit für Sie da ist. Das fällt unter das unternehmerische Risiko, das aber nur Ihr Chef zu tragen hat – Sie nicht!

 

Gut zu wissen: Sonderregelungen bei negativem Arbeitskonto

Innerhalb der Kündigungsfrist darf Ihr Arbeitgeber aber sehr wohl von Ihnen verlangen, die Minusstunden aufzuarbeiten, bis Sie das Unternehmen endgültig verlassen. Ebenso ist es möglich, in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung gesonderte Regelungen zu einem negativen Arbeitszeitkonto zu vereinbaren und zum Beispiel eine Höchstgrenze für Minusstunden zu setzen. Aus diesem Grund sollten Sie immer zuerst in Ihrem Arbeitsvertrag nachlesen, welche Regelung für Sie gilt.


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