Betriebszugehörigkeit: Definition und Berechnung
Ihr Arbeitgeber weigert sich, Ihnen eine längere Unterbrechung als Zeit der Betriebszugehörigkeit anzurechnen? Soll Ihr Abfindungsanspruch entsprechend gekürzt werden? Bei diesen und vielen weiteren Problemen aus dem Arbeitsrecht helfen Ihnen die selbstständigen Kooperationsanwälte der Deutschen Anwaltshotline am Telefon oder per E-Mail weiter. Schildern Sie Ihre Situation und halten Sie am besten Ihren Arbeitsvertrag bereit: Sie erhalten eine preisgünstige Beratung sowie rechtssichere Tipps für das Gespräch mit Ihrem Chef!
Wie berechnet sich die Betriebszugehörigkeit?
Grundsätzlich gilt: Unter Betriebszugehörigkeit versteht man den Zeitraum ab Beginn des Arbeitsverhältnisses bis zu dessen Ende. Das klingt zunächst recht logisch, doch kommt kaum ein Beschäftigungsverhältnis ohne die eine oder andere Unterbrechung aus. In einem solchen Fall kann die Berechnung der Betriebszugehörigkeit doch Fragen aufwerfen.
Als Faustregel können Sie sich merken: Gelten Sie weiterhin als Angestellter und ruht Ihr Arbeitsverhältnis nur, läuft auch die Betriebszugehörigkeit weiter. Das ist etwa bei Mutterschutz und Elternzeit, aber auch bei längeren Krankheiten, der Fall. Gehen Sie beispielsweise nach 1,5 Jahren im Betrieb für ein halbes Jahr in Elternzeit, beläuft sich Ihre Betriebszugehörigkeit nach Ablauf der Abwesenheit trotzdem auf zwei volle Jahre.
Auch wer in Teilzeit oder als Minijobber arbeitet, wird vom Gesetzgeber als vollwertiger Arbeitnehmer angesehen. Das bedeutet, dass die Betriebszugehörigkeit ganz normal läuft. Dasselbe gilt für die Zeit der Ausbildung: Konnten Sie Ihren Ausbilder von sich überzeugen und werden Sie im Anschluss an die Ausbildung fest angestellt, beginnen Sie Ihr eigentliches Arbeitsverhältnis unter Umständen schon mit mehreren Jahren der Betriebszugehörigkeit auf Ihrem Konto.
Nicht angerechnet werden hingegen:
- Zeiten als Zeitarbeitnehmer
- Zeiten als Praktikant
- Zeiten als freier Mitarbeiter
Gut zu wissen: Bei sogenannten Sabbaticals gibt es keine klare Regelung hinsichtlich der Betriebszugehörigkeit. Legen Sie ein Sabbatjahr – also eine längere unbezahlte Freistellung – ein, sollten Sie daher mit Ihrem Arbeitgeber vereinbaren, dass die Auszeit der Betriebszugehörigkeit angerechnet wird. Am besten halten Sie dies schriftlich fest.
Berechnung der Betriebszugehörigkeit bei tatsächlicher Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses
Sollten Sie Ihr Arbeitsverhältnis durch eine Kündigung beendet haben und später doch wieder zu Ihrem alten Arbeitgeber zurückkehren, muss im Einzelfall entschieden werden, ob die Beschäftigungszeiten einfach addiert werden oder ob Sie wieder bei Null anfangen.
Es gilt folgende Regelung: Die Beschäftigungszeiten werden zusammengezählt, wenn
- ein enger sachlicher Zusammenhang besteht und
- die Unterbrechung verhältnismäßig kurz war.
Ein „enger sachlicher Zusammenhang“ besteht dann, wenn Sie Ihre alte Position wieder aufnehmen oder Ihre neue Tätigkeit der früheren zumindest sehr ähnlich ist. Welcher Zeitraum als „verhältnismäßig kurz“ angesehen wird, ist nicht eindeutig definiert. In der Regel gilt eine Unterbrechung von weniger als sechs Monaten als kurz genug, um die Anrechnung der früheren Betriebszugehörigkeit zu rechtfertigen.
Lesen Sie hier einen Fall aus der E-Mail-Beratung: Betriebszugehörigkeit berechnen: Ab- oder aufrunden?
Vorsicht Rechtsmythos: Beschäftigungszeiten vor Vollendung des 25. Lebensjahres werden nicht angerechnet?
Wer einen Blick in das Bürgerliche Gesetzbuch – genauer gesagt § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB – wirft, stolpert dort über folgenden Satz:
„Bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer werden Zeiten, die vor Vollendung des 25. Lebensjahres des Arbeitnehmers liegen, nicht berücksichtigt.“
Diesen Paragraf können Sie getrost überlesen, denn er wurde schon vor längerer Zeit aufgrund von Altersdiskriminierung vom Europäischen Gerichtshof kassiert (EuGH-Urteil vom 19. Januar 2010, Az. C-555/07). Das Bundesarbeitsgericht bestätigte die Entscheidung kurze Zeit später in zwei Urteilen (Az. 2 AZR 714/08 und 2 AZR 456/09). Das bedeutet: Obwohl der Gesetzestext noch etwas anderes behauptet, werden auch Zeiten vor Vollendung des 25. Lebensjahres des Arbeitnehmers bei der Berechnung der Betriebszugehörigkeit berücksichtigt.
Auswirkungen der Betriebszugehörigkeit auf Kündigungsschutz, Kündigungsfristen und Abfindungshöhe
Sie haben nun Ihre eigene Betriebszugehörigkeit berechnet, aber fragen sich noch, weshalb es wichtig ist, die genaue Anzahl der Jahre zu kennen? Die Antwort ist einfach: Gerade wenn es um Kündigungen geht, hat die Betriebszugehörigkeit ungeahnte Auswirkungen.
Kündigungsfrist
Das Gesetz sieht Kündigungsfristen vor, die sich an der Beschäftigungsdauer orientieren. So können Arbeitnehmer, die weniger als zwei Jahre im Betrieb tätig waren, gemäß § 622 BGB innerhalb von vier Wochen zum 15. oder zum Ende des Kalendermonats gekündigt werden. Sind Sie hingegen schon mehr als zwei Jahre im Unternehmen, können Sie innerhalb eines Monats und nur zum Monatsende gekündigt werden. Bei einer Betriebszugehörigkeit von 15 Jahren, haben Sie nach einer Kündigung ein halbes Jahr Zeit, sich nach einer neuen Stelle umzusehen.
Mehr Informationen:Kündigungsfristen im Arbeitsrecht
Kündigungsschutz
Der allgemeine Kündigungsschutz setzt nach einer Betriebszugehörigkeit von sechs Monaten ein. Dann gilt, dass eine ordentliche Kündigung nicht mehr einfach so ausgesprochen werden kann, sondern nur noch betriebs-, personen- oder verhaltensbedingt möglich ist.
Gerade bei einer betriebsbedingten Kündigung können Sie davon profitieren, wenn Sie schon viele Jahre im selben Betrieb angestellt waren. Sollte die Einsparung von Arbeitskräften unumgänglich sein, ist Ihr Arbeitgeber nämlich dazu verpflichtet, sich an die Regeln der Sozialauswahl zu halten. Dabei entscheiden Kriterien wie Unterhaltspflichten, Alter und etwaige Behinderungen darüber, welche Arbeitnehmer entlassen werden und welche weiterhin beschäftigt sind. Auch die Dauer der Betriebszugehörigkeit ist eines der gesetzlich vorgegebenen Kriterien der Sozialauswahl. In der Praxis bedeutet das: Müssen Arbeitnehmer betriebsbedingt entlassen werden, haben Kollegen, die erst vor Kurzem eingestellt wurden, einen klaren Nachteil.
Abfindung
Bei einer betriebsbedingten Kündigung und auch bei Aufhebungsverträgen erhält der Arbeitnehmer häufig eine Abfindung als Kompensation für den Verlust des Arbeitsplatzes. Beim ersten Fall ist die Höhe der Abfindung in § 1a Abs. 2 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) klar geregelt: Sie beträgt einen halben Bruttomonatslohn pro Beschäftigungsjahr. Beim Aufhebungsvertrag ist die Abfindung zwar meist Verhandlungssache, doch orientieren sich viele Arbeitgeber an der oben genannten Regelung und nutzen dieselbe Faustformel zur Berechnung der Abfindung. Sie sehen also: Je länger Sie im Betrieb tätig waren, desto mehr Geld bekommen Sie im Falle einer Kündigung oder einer einvernehmlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses.