Besonderer Kündigungsschutz: Für wen gilt er?

Einige Personengruppen werden vom Gesetzgeber als erhöht schutzbedürftig eingestellt, weshalb für sie ein Sonderkündigungsschutz vorgesehen ist. Der Arbeitgeber darf das Arbeitsverhältnis in diesem Fall nur unter besonders strengen Voraussetzungen auflösen. Der besondere Kündigungsschutz gilt unter anderem für Schwerbehinderte, Schwangere, Mütter und Väter in Elternzeit, Auszubildende, Angestellte in Pflegezeit sowie Betriebsratsmitglieder.

Autor:  Redaktion DAHAG Rechtsservices AG.

Besonderer Kündigungsschutz: Die wichtigsten Infos

Wenn Sie unter besonderem Kündigungsschutz stehen, kann Ihnen nur unter erschwerten Bedingungen gekündigt werden.

Wird eine Kündigung trotz Sonderkündigungsschutz ausgesprochen, können Sie per Kündigungsschutzklage dagegen vorgehen.

Was ist der besondere Kündigungsschutz und für wen gilt er?

Steht jemand unter allgemeinem Kündigungsschutz, kann der Arbeitgeber nicht grundlos kündigen; nur eine betriebs-, personen- oder verhaltensbedingte Kündigung ist wirksam. Ein Beispiel: Kommt es wegen der Einführung neuer Maschinen dazu, dass Stellen abgebaut werden müssen, kann der Arbeitgeber den betroffenen Angestellten eine betriebsbedingte Kündigung aussprechen. Stehen diese allerdings unter besonderem Kündigungsschutz, ist die ordentliche Kündigung entweder ganz unmöglich oder nur unter ganz bestimmten Auflagen zulässig.

Der besondere Kündigungsschutz gilt für Personengruppen, die vom Gesetzgeber als besonders schutzwürdig angesehen werden. Dies kann durch ihre konkrete Lebenssituation – wie etwa bei Schwerbehinderten oder Schwangeren – bedingt sein oder durch ihre besondere Funktion im Betrieb. Letzteres gilt beispielsweise bei Betriebsratsmitgliedern oder Datenschutzbeauftragten.

Ein besonderer Kündigungsschutz gilt für folgende Personengruppen und Funktionsträger:

  • Schwerbehinderte und ihnen gleichgestellte Mitarbeiter
  • Schwangere
  • Mütter und Väter in Elternzeit
  • Auszubildende
  • Wehr- und Ersatzdienstleistende
  • Angestellte in Pflegezeit
  • Betriebsratsmitglieder und Mitglieder anderer Arbeitnehmervertretungen
  • Datenschutz-, Immissionsschutz und Störfallbeauftragte

Achtung! Wenn Sie unter besonderem Kündigungsschutz stehen und Ihnen gekündigt wurde, müssen Sie innerhalb von drei Wochen Kündigungsschutzklage einreichen, um gegen die Kündigung vorzugehen. Tun Sie dies nicht, gilt die Kündigung – trotz Sonderkündigungsschutz – als wirksam!

Mehr Infos zu relevanten Fristen, dem Ablauf eines Kündigungsschutzprozesses und den damit verbundenen Kosten erhalten Sie hier: Kündigungsschutzklage

Schwerbehinderte

Für Angestellte gilt besonderer Kündigungsschutz wenn ein Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 festgestellt wurde oder wenn sie infolge eines genehmigten Gleichstellungsantrages mit Schwerbehinderten gleichgesetzt wurden. Wie bei allen anderen Angestellten gilt bei Schwerbehinderten im Arbeitsrecht, dass der Kündigungsschutz erst ab einer Betriebszugehörigkeit von sechs Monaten eintritt. Zuvor kann der Arbeitgeber auch ohne Angabe von Gründen unter Einhaltung der Kündigungsfrist kündigen.

Gut zu wissen: Der Arbeitgeber muss grundsätzlich nicht über die Schwerbehinderung oder die Gleichstellung informiert werden. Wird gekündigt, ohne dass der Chef von der Behinderung weiß, muss dieser den Entscheidungen von Arbeitsgerichten zufolge innerhalb von drei Wochen darüber informiert werden. Zusätzlich dazu muss eine Kündigungsschutzklage eingereicht werden, um rechtlich gegen die Kündigung vorzugehen.

Nach einer Betriebszugehörigkeit von sechs Monaten greift der Sonderkündigungsschutz. Demnach kann schwerbehinderten Angestellten gemäß § 85 SGB IX nur mit Zustimmung des Integrationsamts gekündigt werden.

Die Zustimmung des Integrationsamts bedeutet allerdings nicht, dass die Kündigung automatisch wirksam ist. Das Integrationsamt prüft die Kündigung lediglich anhand sozialrechtlicher Aspekte; ob sie auch arbeitsrechtlich wirksam ist, kann nur das Arbeitsgericht entscheiden. Daher sollten schwerbehinderte Arbeitnehmer nicht nur per Kündigungsschutzklage gegen die Kündigung an sich vorgehen, sondern auch per Widerruf oder gegebenenfalls Klage zum Verwaltungsgericht die Zustimmung des Integrationsamts anfechten. Kann nämlich nachgewiesen werden, dass die Zustimmung unwirksam ist, ist kein Gang vor das Arbeitsgericht mehr nötig. Ist die Zustimmung unwirksam, ist automatisch auch die Kündigung unwirksam.

Schwangere

Im Gegensatz zum allgemeinen Kündigungsschutz, der erst ab einer Betriebszugehörigkeit von sechs Monaten und nur bei Betrieben mit über zehn Mitarbeitern greift, sind an das Kündigungsverbot von schwangeren Angestellten keine derartigen Voraussetzungen geknüpft. Selbst wenn Sie Ihrem aktuellen Job erst seit zwei Wochen nachgehen und dann schwanger werden, greift gemäß § 9 MuSchG der Sonderkündigungsschutz.

Der besondere Kündigungsschutz gilt ab Beginn der Schwangerschaft bis vier Monate nach der Entbindung. Dabei müssen Sie Ihren Arbeitgeber nicht über die Schwangerschaft informieren, um sich auf den Kündigungsschutz berufen zu können. Wenn Ihnen gekündigt wird, ohne dass Ihr Chef von Ihrer Schwangerschaft weiß, müssen Sie diesen innerhalb von zwei Wochen nach Kündigungszugang darüber informieren und binnen drei Wochen Kündigungsschutzklage einreichen. Tun Sie dies nicht, ist die Kündigung wirksam.

Lesen Sie hier mehr dazu: Kündigung Mutterschutz

Will Ihr Arbeitgeber Ihnen trotz Schwangerschaft kündigen, muss dafür eine grobe Pflichtverletzung Ihrerseits vorliegen. Dabei kann es sich beispielsweise um Diebstahl oder um Handgreiflichkeiten handeln. Ein solches Fehlverhalten kann eine außerordentliche, verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen. Dafür ist allerdings die Zustimmung der für den Arbeitsschutz zuständigen obersten Landesbehörde nötig.

Lesen Sie hier, welche Voraussetzungen an eine fristlose Kündigung geknüpft sind.

Mütter und Väter in Elternzeit

Der besondere Kündigungsschutz entsteht mit Beantragung der Elternzeit, frühestens aber acht Wochen vor deren Beginn. Auch wer seine Arbeit nicht ganz aufgibt und stattdessen Elternteilzeit beantragt, genießt den Sonderkündigungsschutz.

Wie bei schwangeren Angestellten gilt auch hier, dass die außerordentliche, verhaltensbedingte Kündigung bei groben Pflichtverletzungen zwar möglich ist, doch nur bei vorheriger Zustimmung der obersten Landesbehörde.

Auszubildende

Bei Auszubildenden gilt eine gesetzlich vorgeschriebene Probezeit, die mindestens einen Monat betragen muss und höchstens vier Monate dauern darf. Diese dient dazu, dass Ausbilder und Azubi Zeit haben, sich gegenseitig kennenzulernen. Erkennt der Ausbildungsbetrieb, dass der Azubi nicht gut genug geeignet ist, kann diesem während der Probezeit jederzeit gekündigt werden.

Ist die Probezeit abgelaufen, steht der Auszubildende unter besonderem Kündigungsschutz gemäß § 22 Abs. 2 BBiG. Dann ist nur eine fristlose, außerordentliche Kündigung möglich. Dies gilt allerdings nur für den Arbeitgeber: Der Auszubildende hat auch nach abgelaufener Probezeit noch die Möglichkeit, das Ausbildungsverhältnis vorzeitig zu kündigen.

Wehr- und Ersatzdienstleistende

Bei Wehr- und Ersatzdienstleistenden ist die ordentliche Kündigung grundsätzlich ausgeschlossen. Das Kündigungsverbot gilt ab Zustellung des Einberufungsbescheids bis zum Ende des Grundwehrdienstes sowie während einer Wehrübung.

Angestellte in Pflegezeit

Angestellte in Pflegezeit, sollen sich in Ruhe um ihre Angehörigen kümmern können, ohne dass sie sich um ihren Job sorgen müssen. Aufgrund dessen sieht § 5 PflegeZG einen besonderen Kündigungsschutz vor.

Das Kündigungsverbot greift ab dem Zeitpunkt, zu dem die Pflegezeit angekündigt wird. Eine Obergrenze sieht das Gesetz in diesem Fall nicht vor. Wenn Sie also bereits wissen, dass Sie sich in sechs Monaten von der Arbeit freistellen lassen oder die Arbeitszeit reduzieren, um einen nahen Angehörigen zu pflegen, sollten Sie dies Ihrem Chef unverzüglich mitteilen: Der Sonderkündigungsschutz greift dann auch schon in den sechs Monaten vor Eintreten der Pflegezeit.

Obwohl die ordentliche Kündigung während der Pflegezeit ausgeschlossen ist, kann bei groben Pflichtverletzungen eine fristlose, außerordentliche Kündigung ausgesprochen werden. Hierzu ist allerdings die Zustimmung der obersten Landesbehörde nötig.

Betriebsratsmitglieder und Mitglieder anderer Arbeitnehmervertretungen

Betriebsratsmitglieder und Mitglieder anderer Arbeitnehmervertretungen – wie etwa der Jugend- oder Auszubildendenvertretung – stehen aufgrund ihrer Funktion unter besonderem Kündigungsschutz. Der Grund dafür ist, dass Auseinandersetzungen mit dem Arbeitgeber nahezu vorprogrammiert sind. Weil der Gesetzgeber möchte, dass sich die Mitglieder von Arbeitnehmervertretungen auf ihre Arbeit konzentrieren sollen, ohne ständig eine Kündigung fürchten zu müssen, ist die fristgerechte, ordentliche Kündigung gemäß § 15 KSchG nicht möglich. Eine Ausnahme greift nur dann, wenn der gesamte Betrieb stillgelegt wird.

Betriebsratsmitglieder und andere Arbeitnehmervertreter können nicht ordentlich gekündigt werden. Lediglich eine fristlose, außerordentliche Kündigung ist möglich, wenn es zu gravierenden Pflichtverstößen kam. Hierzu ist allerdings die Zustimmung des Betriebsrats nötig, die innerhalb von drei Tagen erteilt oder verweigert werden muss. Bleibt eine klare Entscheidung aus, gilt die Zustimmung als verweigert. In einem solchen Fall kann der Arbeitgeber sich nur noch an das zuständige Arbeitsgericht wenden, um eine Zustimmung zur Kündigung auch ohne Betriebsrat durchzusetzen.

In den Genuss von besonderem Kündigungsschutz kommen nicht nur Amtsinhaber selbst, sondern auch deren Stellvertreter sowie Wahlbewerber und Wahlvorstände.

Der Sonderkündigungsschutz greift während der Amtszeit sowie als „nachwirkender Kündigungsschutz“ auch noch bis ein Jahr nach Niederlegung des Amts. Bei Wahlbewerbern verkürzt sich der nachwirkende Kündigungsschutz auf sechs Monate.

Funktionsträger (Datenschutzbeauftragte etc.)

Auch Funktionsträger wie Datenschutz-, Immissionsschutz und Störfallbeauftragte stehen unter Sonderkündigungsschutz. Eine ordentliche Kündigung ist für die Dauer der Berufung bis ein Jahr nach Abberufung nicht zulässig.


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