Mietspiegel: So wehren Sie sich gegen Mieterhöhungen

Sie ziehen in eine neue Stadt und suchen eine Wohnung. Doch die Miete halten Sie für völlig überzogen. Oder: Ihr Vermieter stellt nach Jahren plötzlich eine Mieterhöhung in Aussicht, die sich gewaschen hat. Um zu entscheiden, ob Sie gegen die Forderungen vorgehen können oder nicht, hilft ein Blick in den Mietspiegel. Doch der kann kompliziert sein. Wir zeigen Ihnen, wie sie ihn richtig lesen – und wie Sie ihn nutzen, um sich gegen Mietwucher zu wehren.

Autor:  Redaktion DAHAG Rechtsservices AG.

Der Mietspiegel bietet eine Übersicht über die üblichen Mieten in einer Region. Dabei unterscheidet er nicht nur nach Wohnlage, sondern auch nach Baujahr, Größe und Ausstattung einer Wohnung. So können Mieter – aber auch Vermieter – relativ genau herausfinden, welcher Preis für die jeweilige Wohnung angemessen ist und welcher nicht.

Wo finde ich den Mietspiegel für meinen Wohnort?

Die schlechte Nachricht zuerst: Nicht jede Gemeinde hat einen Mietspiegel, denn es gibt keine gesetzliche Verpflichtung, einen Mietspiegel zu erstellen. In § 558c Absatz 4 des Bürgerlichen Gesetzbuches heißt es dazu: „Gemeinden sollen Mietspiegel erstellen, wenn hierfür ein Bedürfnis besteht und dies mit einem vertretbaren Aufwand möglich ist.“ Das lässt viel Spielraum und führt auch dazu, dass der Mietspiegel in unterschiedlichen Gemeinden unterschiedlich gestaltet ist. So kann er für eine Stadt insgesamt existieren, aber es können auch für einzelne Stadtteile separate Mietspiegel erstellt werden. Und auch wie viele Details ein Mietspiegel bei der Berechnung der ortsüblichen Vergleichsmieten berücksichtigt, ist den Gemeinden selbst überlassen.

Aber es gibt auch eine gute Nachricht: Wenn eine Gemeinde einen Mietspiegel erstellt oder erstellen lässt, muss sie ihn auch veröffentlichen.Wenn Sie also wissen wollen, wie es für Ihren Wohnort aussieht, suchen Sie auf der Internetseite Ihrer Kommune nach dem Mietspiegel oder fragen Sie direkt im Bürgerbüro danach.

Hilft mir der Mietspiegel, eine Mieterhöhung abzuwenden?

Das kommt darauf an. Zunächst einmal hilft Ihnen der Mietspiegel dabei, einzuschätzen, ob die Mieterhöhung zulässig ist oder nicht. Wenn Ihr Vermieter die Mieterhöhung mit den Vergleichsmieten aus dem Mietspiegel begründet, muss er Ihre Wohnung auch einer Kategorie des Mietspiegels zuordnen. Sie müssen dann also nur noch vergleichen, ob die Wohnung tatsächlich in Lage, Größe, Alter und Ausstattung dieser Kategorie entspricht – und ob Ihre Mieterhöhung sich mit den darin angegebenen Vergleichsmieten deckt.

Um herauszufinden, um welche Summe Ihr Vermieter die Miete erhöhen darf, kommt es auch darauf an, ob in Ihrer Wohngegend die Mietpreisbremse oder eine Kappungsgrenze gilt.

Aber Vorsicht: Vermieter können die Miete auch erhöhen, ohne sich auf die ortsüblichen Vergleichsmieten zu beziehen. Für diese Mieterhöhungen gelten andere Regeln. Details dazu finden Sie in unseren Beiträgen zu Indexmiete, zum Staffelmietvertrag und zu Mieterhöhung nach Modernisierung.

Was ist die ortsübliche Vergleichsmiete?

Die Preise, die im Mietspiegel für Wohnungen ausgewiesen sind, sind die sogenannten ortsüblichen Vergleichsmieten. Sie geben an, welche Mieten für Wohnungen einer bestimmten Wohngegend, eines Baujahres, einer Größe und einer bestimmten Ausstattung angemessen sind. Die ortsüblichen Vergleichsmieten sind die Grundlage, um zu entscheiden, ob eine Mieterhöhung zulässig ist oder nicht. Gibt es keinen Mietspiegel, um die Vergleichsmieten abzulesen, kann Ihr Vermieter Mietdatenbanken heranziehen, um die Mieterhöhung zu begründen. Sind auch diese nicht verfügbar, muss er im Zweifel ein Gutachten vorlegen, das die ortsübliche Vergleichsmiete zu Ihrer Wohnung belegt.

Zahlen Sie im Moment für Ihre Wohnung weniger als die ortsübliche Vergleichsmiete, kann Ihr Vermieter Ihre Miete bis zur Vergleichsmiete erhöhen, wenn:

  • die Miete zum Zeitpunkt, ab dem die höhere Miete gelten soll, seit mindestens 15 Monate unverändert ist und
  • seit dem letzten „Mieterhöhungsverlangen“ mindestens ein Jahr vergangen ist.

Ein Beispiel: Es ist Dezember. Ihr Vermieter hat vor einem Jahr, also im Dezember des Vorjahres, schriftlich mitgeteilt, dass Ihre Miete zum 1.5. dieses Jahres steigt. Das letzte Mieterhöhungsverlangen des Vermieters liegt also ein Jahr zurück, die letzte Mieterhöhung sieben Monate. Der Vermieter kann jetzt keine weitere Mieterhöhung geltend machen, weil die oben genannten Fristen aus § 558 BGB nicht erfüllt sind.

Ein halbes Jahr später: Es ist Juni. Die letzte Mieterhöhung liegt nun 13 Monate zurück, das letzte Mieterhöhungsverlangen 16 Monate. Kündigt der Vermieter jetzt eine weitere Mieterhöhung an, ist das erlaubt, weil die Fristen nun gewahrt sind.


Was ist die Kappungsgrenze?

Hat Ihr Vermieter die Miete einmal auf die ortsübliche Vergleichsmiete angehoben, gilt für weitere Mieterhöhungen die sogenannte Kappungsgrenze(§ 558 Absatz 3 BGB). Der Vermieter darf die Miete zwar auch danach weiter erhöhen – aber nicht um unendliche Beträge. Konkret heißt es im Gesetz: „Bei Erhöhungen nach Absatz 1 darf sich die Miete innerhalb von drei Jahren […] nicht um mehr als 20 vom Hundert erhöhen (Kappungsgrenze).“ Das bedeutet also: Hat ihr Vermieter die Miete auf die ortsübliche Vergleichsmiete angehoben, darf er in den drei Jahren danach die Miete nur noch um insgesamt 20 Prozent erhöhen.

Noch weniger Spielraum hat er in Gemeinden, in denen Wohnraum knapp ist. Hier können die Bundesländer per Verordnung festlegen, dass die Mieten in diesen drei Jahren um maximal 15 Prozent steigen dürfen.

Was ist die Mietpreisbremse?

In Gebieten mit einem besonders angespannten Wohnungsmarkt geht der Gesetzgeber sogar noch einen Schritt weiter: Hier greift die Mietpreisbremse. Jedenfalls theoretisch. In einigen Bundesländern ist die Mietpreisbremse wegen Formfehlern schon wieder gekippt worden. Theoretisch aber gilt: Wo die Mietpreisbremse greift, dürfen Vermieter die Mieten nicht nach freiem Ermessen erhöhen. Bei Wiedervermietung einer Wohnung darf die neue Miete maximal 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen.Auch hier spielt der Mietspiegel eine wichtige Rolle, weil er in der Regel herangezogen wird, um diese Vergleichsmiete zu ermitteln.

Mehr zur Mietpreisbremse, wann sie greift, wann nicht und wie Sie sie nutzen können, um Ihre Miete zu senken, lesen Sie hier: Mietpreisbremse: Was gilt jetzt für mich?

Kann ich mich auf den Mietspiegel berufen, wenn ich gegen meinen Vermieter klagen will?

Grundsätzlich wird der Mietspiegel bei einem Rechtsstreit meistens herangezogen, wenn es um strittige Mieterhöhungen geht. Zur juristischen Grundlage für ein Gerichtsurteil wird er aber nur dann, wenn es sich um einen sogenannten qualifizierten Mietspiegel handelt. Ein einfacher Mietspiegel dagegen kann Ihrem Anwalt dienen, um Ihre Forderungen zu begründen. Für das Gericht hat er aber keine Beweiskraft.

Der Unterschied zwischen einem einfachen und einem qualifizierten Mietspiegel ist ähnlich wie der zwischen einem einfachen und einem qualifizierten Arbeitszeugnis: Die einfache Version enthält nur die Basisdaten, die qualifizierte gibt Auskunft über wichtige Details.

Der einfache Mietspiegel fasst also wirklich nur die ortsüblichen Vergleichsmieten zusammen. Es gibt keine gesetzlichen Vorgaben, wie ein einfacher Mietspiegel aussehen muss. Das ist bei einem qualifizierten Mietspiegel anders. Hier heißt es in § 558 d BGB, dass er zum einen nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen angefertigt, alle zwei Jahren der Marktentwicklung angepasst und nach vier Jahren komplett neu erstellt werden muss. Durch diese Bedingungen gilt es bei einem qualifizierten Mietspiegel als sicher, dass er jederzeit die tatsächlichen ortsüblichen Vergleichsmieten abbildet. Deshalb hat er auch bei einem Rechtsstreit juristische Beweiskraft.

Wie liest man einen Mietspiegel?

Die meisten Mietspiegel teilen sich in drei Teile. Lassen Sie sich vom Umfang nicht abschrecken. Den ersten Teil können Sie in der Regel überspringen. Hier finden Sie alle Informationen zum Geltungsbereich und der wissenschaftlichen Methodik, mit der der Mietspiegel erstellt wurde.

Wichtig für Sie sind der zweite Teil und der Anhang:

Im Hauptteil des Mietspiegels finden Sie die Grundpreise für Wohnungen. Dabei sind die Tabellen in der Regel aufgeteilt in Wohnfläche und Baujahr. Um herauszufinden, ob Ihre Miete angemessen ist, müssen Sie also wissen, wann das Haus gebaut wurde, in dem sich die Wohnung befindet. Die Wohnfläche entnehmen Sie Ihrem Mietvertrag. Manche Mietspiegel berücksichtigen zusätzlich schon beim Grundpreis die Wohnlage und grundlegende Ausstattungsmerkmale wie die Heizungsart.

Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten, wie der Grundpreis angegeben sein kann: Entweder als eine konkrete Summe – das ist dann der Durchschnittswert für Wohnungen dieser Art. Alternativ kann der Grundpreis als Spanne angegeben sein – dann finden Sie hier zum einen die niedrigste Miete, die für eine solche Wohnung anfallen kann, und den maximalen Betrag. Häufig wird der durchschnittliche Preis als Mittelwert zusätzlich angegeben.

Im dritten Teil des Mietspiegels werden alle Faktoren aufgelistet, die die Miete erhöhen oder mindern könnten. Das sind besondere Ausstattungsmerkmale oder die Wohnlage. Wenn Sie eine Wohnung mieten, die zum Beispiel über ein frisch saniertes Badezimmer verfügt, wird die ortsübliche Vergleichsmiete höher ausfallen als bei einer Wohnung mit altem Bad. Auch eine vorhandene Einbauküche oder eine moderne Heizungsanlage können den Wohnwert und damit die Miete erhöhen.

Auch hier gibt es zwei Möglichkeiten, wie die Zu- und Abschläge angegeben sein können: Entweder finden Sie konkrete Euro-Beträge, die Sie einfach auf den Grundpreis anrechnen können. Oder der Mietspiegel arbeitet mit einem Punktesystem. Dabei ist jedem Ausstattungsmerkmal eine Punktzahl oder eine Bewertung zugeordnet. Wie die Punkte in Euro umgerechnet werden, finden Sie entweder im ersten Teil oder im Anhang des Mietspiegels. Manchmal werden sie auch gar nicht umgerechnet, sondern dienen nur als Orientierung. Das ist oft der Fall, wenn der Grundpreis mit Preisspannen angegeben wird: Haben Sie im dritten Teil des Mietspiegels für Ihre Wohnung mehr Pluspunkte gefunden, wird sich die Miete eher am Maximalbetrag der Grundpreisspanne orientieren. Gibt es mehr Minuspunkte, also Faktoren, die den Wohnwert mindern, ist eine angemessene Miete eher im unteren Bereich der Spanne anzusiedeln.

Mietspiegel mit Preisspannen bieten mehr Flexibilität, machen es Ihnen aber schwerer, einzuschätzen, ob die geforderte Miete noch angemessen ist oder schon als Mietwucher gilt. Auf die Jahre gerechnet, kann es dabei um sehr viel Geld gehen. Nutzen Sie daher, die Möglichkeit, sich vorab Expertenrat einzuholen: Besonders bequem geht das über die E-Mail- oder Telefonberatung der Deutschen Anwaltshotline.


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