Hochzeit, Umzug, Trauerfall: Wann gibt es Sonderurlaub?

Dringende Behördengänge, unvermeidbare Arzttermine oder die eigene Hochzeit – in diesen und vielen weiteren Situationen fragen sich Arbeitnehmer häufig, ob sie dafür wirklich einen der wertvollen Urlaubstage opfern müssen. Immerhin sehen nicht nur viele Tarifverträge, sondern auch das Gesetz einen Anspruch auf Sonderurlaub vor: Doch in welchen Fällen können Sie diesen eigentlich beantragen und wie lange darf er dauern?

Autor:  Redaktion DAHAG Rechtsservices AG.

Sonderurlaub: Das Wichtigste im Überblick

Sonderurlaub: Bezahlt oder nicht?

Es gibt zwei wichtige Paragrafen zum Sonderurlaub, die jeder Arbeitnehmer kennen sollte:

  • § 275 Abs. 3 BGB: Eine Leistung kann verweigert werden, wenn sie unzumutbar ist. Auf den Sonderurlaub bezogen heißt das, dass Sie die Arbeit bei außergewöhnlichen Belastungen – wie etwa dem Tod eines nahen Angehörigen oder der Geburt Ihres Kindes – durchaus verweigern dürfen. Berufen Sie sich nur auf diesen Paragraphen, handelt es sich um eine unbezahlte Freistellung.
  • § 616 BGB: Ihr Lohn muss weitergezahlt werden, wenn Sie für eine nicht erhebliche Zeit durch einen in Ihrer Person liegenden Grund und ohne Ihr Verschulden an der Arbeit gehindert werden.

Der Unterschied zwischen den beiden Gesetzen besteht darin, dass es sich bei § 275 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) lediglich um Ihr Recht handelt, als Schuldner eine Leistung zu verweigern, wenn diese tatsächlich unzumutbar ist. Dieses Recht kann vom Arbeitgeber nicht beschnitten werden: Verstirbt beispielsweise Ihre Mutter, können Sie sich auf diesen Paragrafen berufen und die Arbeit verweigern. Allerdings hat Ihr Arbeitgeber dann das Recht, die Lohnfortzahlung für den Zeitraum der Freistellung einzustellen.

Eine Art doppelten Boden stellt § 616 BGB dar. Dieser sieht folgendes vor:

„Der zur Dienstleistung Verpflichtete wird des Anspruchs auf die Vergütung nicht dadurch verlustig, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird.“

Das bedeutet nichts anderes, als dass Ihr Chef oder Ihre Chefin sich nicht weigern darf, Sie weiterhin zu bezahlen, wenn Sie für einen nicht erheblichen Zeitraum nicht zur Arbeit erscheinen. Der Grund muss dafür „in Ihrer Person liegen“. Das heißt, dass äußere Umstände hier nicht gelten: Stehen Sie also im Stau und schaffen es deshalb nicht zur Arbeit, dann greift der Paragraf nicht. Dasselbe gilt bei Naturkatastrophen oder sonstigen Gegebenheiten. Außerdem dürfen Sie diesen Grund nicht selbst verschuldet haben.

Tipp: Checken Sie erst Ihren Arbeitsvertrag!

Da in Deutschland allgemein Vertragsfreiheit herrscht, kann § 616 BGB durchaus vertraglich oder durch eine Betriebsvereinbarung konkretisiert, verändert oder sogar gänzlich ausgeschlossen werden. Eine entsprechende Klausel könnte etwa so lauten:

„Die Entgeltfortzahlung aufgrund vorübergehender Verhinderung ist ausgeschlossen.“

Bevor Sie bei Ihrem Chef oder Ihrer Chefin also den Wunsch nach bezahltem Sonderurlaub gemäß § 616 BGB äußern, sollten Sie Ihren Arbeitsvertrag überprüfen: Ist darin eine Arbeitsausfallklausel vereinbart, die die Vergütung in diesem Fall ausschließt, bleibt Ihnen in dringenden Fällen nur noch die unbezahlte Freistellung.

In welchen Fällen gibt es Sonderurlaub?

Der Gesetzestext hält sich vage und nennt keine expliziten Situationen, in welchen Arbeitnehmer*innen Sonderurlaub zusteht. Auch eine zeitliche Maximaldauer des Sonderurlaubs ist darin nicht festgelegt.

Viele Arbeitnehmer*innen sind sich entsprechend unsicher, ob sich das Gespräch mit dem Chef oder der Chefin überhaupt lohnt. Ein guter Anhaltspunkt ist in solchen Fällen ist § 29 TVöD, der den Sonderurlaubsanspruch von Angestellten im öffentlichen Dienst festlegt. Hier sind ganz klare Fälle definiert, in denen sich die über den Tarifvertrag Angestellten bezahlt freinehmen können.

Sonderurlaubsanspruch im öffentlichen Dienst

Grund Dauer
Geburt des Kindes (nur bei Ehefrau oder Lebenspartnerin im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes) 1 Arbeitstag
Tod des Ehepartners, des Lebenspartners im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes, eines Kindes oder eines Elternteils 2 Arbeitstage
Umzug aus dienstlichen oder betrieblichen Gründen an einen anderen Ort 1 Arbeitstag
25-jähriges bzw. 40-jähriges Arbeitsjubiläum 1 Arbeitstag
Schwere Erkrankung eines Angehörigen, der im selben Haushalt wohnt 1 Arbeitstag (pro Kalenderjahr)
Schwere Erkrankung eines Kindes (unter 12 Jahre), wenn im aktuellen Kalenderjahr kein Anspruch nach § 45 SGB V besteht oder bestanden hat Bis zu 4 Arbeitstage (pro Kalenderjahr)
Schwere Erkrankung einer Betreuungsperson, wenn Beschäftigte deshalb die Betreuung ihres Kindes (unter 8 Jahre oder dauernd pflegebedürftig) übernehmen muss Bis zu 4 Arbeitstage (pro Kalenderjahr)
Ärztliche Behandlung, die nur während der Arbeitszeit erfolgen kann Dauer des Termins inkl. Wegezeiten
Sonstige dringende Fälle Bis zu 3 Arbeitstage (liegt im Ermessen des Arbeitgebers)

Achtung: Die folgenden Einzelregelungen gelten nur dann, wenn der Arbeitsvertrag die Vergütung bei personenbedingten Arbeitsausfällen ohne Eigenverschulden nicht gänzlich ausschließt. Sind Sie sich unsicher, ob das auf Sie zutrifft oder ob in Ihrem individuellen Fall tatsächlich ein Anspruch auf bezahlten Sonderurlaub besteht, helfen Ihnen die selbstständigen Kooperationsanwält*innen der DAHAG weiter. In der Regel lässt sich telefonisch innerhalb weniger Minuten klären, ob sich ein Gespräch mit dem Chef lohnt oder nicht. Der Anwalt oder die Anwältin informiert Sie dabei nicht nur über Ihre Erfolgsaussichten, sondern gibt Ihnen auch hilfreiche Tipps für die Konfrontation mit Ihrem Arbeitgeber.

  • Sonderurlaub bei Umzug

    Ein Umzug ist mit viel Stress verbunden, weshalb zahlreiche Arbeitnehmer dafür weder Ihr wohlverdientes Wochenende noch einen Urlaubstag opfern wollen. Noch ärgerlicher wird es, wenn man betrieblich versetzt wird und gar nicht aus freien Stücke umzieht. In diesem Fall sollten Sie das Gespräch mit Ihrem Chef suchen und direkt nachhaken, ob ein Sonderurlaubsanspruch bei Umzug besteht.

  • Sonderurlaub bei der Geburt des Kindes

    Werdende Mütter genießen 6 Wochen vor der Geburt den Mutterschutz und müssen sich entsprechend nicht um den Antrag auf Sonderurlaub kümmern. Anders sieht es hingegen bei den Vätern aus, die das freudige Ereignis in der Regel auch miterleben wollen. Zwar dürften die meisten Chef*innen Verständnis dafür haben, dass man sich aus diesem Anlass freinehmen will, doch kann es zu Streitigkeiten kommen, wenn es darum geht, ob der Sonderurlaub auch bezahlt wird. Auch unterscheidet nicht nur der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst hier zwischen ehelichen und unehelichen Kindern – zahlreiche Präzedenzfälle sehen den bezahlten Sonderurlaub bei Geburt nur dann als gerechtfertigt, wenn die Ehefrau und nicht nur die Lebensgefährtin in den Wehen liegt. Mehr zu den genauen Regelungen und wichtige Fallbeispiele finden Sie auf der Seite Sonderurlaub bei der Geburt des Kindes.

  • Sonderurlaub zur Hochzeit

    Viele Arbeitnehmer sehen den Sonderurlaub zur Hochzeit als eine Art Geschenk ihres Chefs oder Ihrer Chefin an – doch ist der Arbeitgeber eigentlich rechtlich dazu verpflichtet, Ihnen für die Eheschließung bezahlten Urlaub zu gewähren? Und gilt dieser nur am Tag der eigentlichen Hochzeit oder auch am Folgetag? Nähere Informationen und die aktuelle Rechtslage finden Sie hier: Sonderurlaub zur Hochzeit.

  • Sonderurlaub im Trauerfall

    Wenn nahe Angehörige versterben, nehmen sich viele Arbeitnehmer einfach normal Urlaub, ohne dabei von Ihrem Recht auf Sonderurlaub Gebrauch zu machen. Während § 29 TVöD für Angestellte im öffentlichen Dienst ganz klar regelt, in welchen Fällen es bezahlten Sonderurlaub gibt und wie lange dieser dauert, kann es bei Angestellten mit normalem Arbeitsvertrag ganz anders aussehen. Doch was ist zu tun, wenn der Jahresurlaub bereits verbraucht ist und dann ein Trauerfall eintritt? Wichtige Rechtsgrundlagen sowie Tipps für das Gespräch mit dem Chef finden Sie hier: Sonderurlaub im Trauerfall.

  • Sonderurlaub bei wichtigen Arztterminen

    Angestellte haben dann ein Recht auf bezahlte Freistellung, wenn der Arzttermin unvermeidbar und nur während der Arbeitszeit möglich ist. Allerdings darf sich in diesem Fall nicht der ganze Tag freigenommen werden, sondern nur der nötige Zeitraum, der erforderlich ist, um den Termin wahrzunehmen sowie die Wegezeiten.

    Bei Operationen gilt übrigens, dass diese nur dann einen Sonderurlaub rechtfertigen, wenn diese zur Erbringung der Arbeitsleistung erforderlich sind. Entscheiden Sie sich beispielsweise für eine Schönheitsoperation oder für die operative Behebung Ihrer Kurzsichtigkeit, können Sie den Anspruch nicht geltend machen.

    Bei unvermeidbaren Operationen – beispielsweise wenn Sie sich den Arm gebrochen haben – müssen Sie selbstverständlich keinen Urlaub beantragen. In diesem Fall greift wie bei Krankheiten das Entgeltfortzahlungsgesetz.

  • Sonderurlaub für Bewerbungsgespräche

    Wer viele Bewerbungsgespräche hat, wird wissen: Es kann durchaus nervenzehrend sein, die vielen Termine wahrzunehmen, denn diese fallen in der Regel mit der eigenen Arbeitszeit zusammen. Angestellte, die sich heimlich um einen neuen Job bewerben, haben dabei das Nachsehen und müssen sich wohl oder übel freinehmen.

    Ist das alte Arbeitsverhältnis allerdings beendet, liegt es auch im Interesse des Gesetzgebers, dass Sie möglichst schnell wieder eine neue Anstellung finden. Um Ihnen dies zu erleichtern, sieht das Gesetz einen Anspruch auf bezahlte Freistellung für Bewerbungsgespräche vor. Allerdings gilt hier, dass die Termine nicht mit den betrieblichen Interessen Ihres aktuellen Arbeitgebers kollidieren dürfen. Ist also gerade viel los und sind Sie unabdingbar, könnte der Antrag auf die kurzzeitige Freistellung durchaus abgelehnt werden.

  • Sonderurlaub bei Gerichtsterminen

    Es muss Ihnen als Arbeitnehmer ermöglicht werden, einen Gerichtstermin wahrzunehmen, wenn sich das Verfahren um Sie selbst dreht und wenn vom Gericht das persönliche Erscheinen angeordnet wurde. Es gilt allerdings, dass der Zeitraum des Sonderurlaubs angemessen sein muss. Müssen Sie für den Prozess in eine andere Stadt reisen, sollten Sie also versuchen, die An- und Abreise auf denselben Tag zu legen. Nur in wenigen Fällen – also wenn der Ort der Verhandlung sehr weit entfernt ist – können Sie mehrere Tage Urlaub einreichen.

    Gut zu wissen: Wenn Sie als Zeuge geladen sind, muss der Urlaub ebenfalls gewährt werden. Erhalten Sie dafür allerdings eine Zeugenentschädigung, muss der Arbeitgeber Sie nicht für den verpassten Arbeitstag bezahlen.

  • Sonderurlaub bei einem kranken Kind

    Wenn Sie einen Anruf aus der Schule oder dem Kindergarten erhalten, weil Ihr Kind plötzlich erkrankt ist, können Sie Ihren Arbeitsplatz unter bestimmten Umständen ohne Gehaltseinbußen verlassen. Sieht Ihr Arbeits- oder Tarifvertrag nicht vor, dass die Entgeltfortzahlung bei vorübergehender Verhinderung ausgeschlossen ist, greift § 616 BGB. Um den Sonderurlaubsanspruch geltend zu machen, müssen Sie in der Regel ein ärztliches Attest vorlegen. Auch muss das Kind in Ihrem Haushalt leben und die Betreuung durch nahe Verwandte muss unmöglich sein. Der TVöD sieht einen bezahlten Sonderurlaubsanspruch von 5 Tagen vor, um das kranke Kind zu pflegen.

    Bekomme ich Krankengeld, wenn mein Kind krank ist?

    Erhalten Sie keinen bezahlten Sonderurlaub nach § 616 BGB, so können Sie sich als gesetzlich Versicherte*r für eine bestimmte Anzahl an Tagen unter Bezug von Kinderkrankengeld freistellen lassen. Sie erhalten dann zwar für diese Tage nicht Ihren vollen Lohn, aber eben Krankengeld (meist etwa 70% des regelmäßigen Arbeitseinkommens). Der gesetzliche Anspruch darauf ist in § 45 Abs. 3 SGB V verankert, in dem auch die genauen Bedingungen für die Freistellung festgelegt sind:

    • Das kranke Kind darf das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.
    • Die Betreuung und Pflege durch eine andere im Haushalt lebende Person muss ausgeschlossen sein.
    • Ein Arzt muss bescheinigt haben, dass das Kind betreut werden muss.

    Pro Jahr können Sie sich nach dieser Regelung 10 Tage pro Kind und insgesamt maximal 25 Arbeitstage mit Anspruch auf Krankengeld freistellen lassen. Bei Alleinerziehenden verdoppelt sich der Anspruch.

FAQ zum Sonderurlaub: Wichtige Fragen und Antworten

Kann ich bezahlten Sonderurlaub auch später nehmen oder verschieben?

Stünde Ihnen bezahlter Sonderurlaub zu und fällt der Anlass jedoch auf einen Sonntag, so können Sie sich nicht einfach am darauffolgenden Montag freinehmen. Ihr Anspruch auf Sonderurlaub verfällt in diesem Fall. Dasselbe gilt, wenn das Ereignis, das einen bezahlten Sonderurlaub rechtfertigen würde, auf Ihren normalen Erholungsurlaub fällt. Eine Art Wiedergutmachung, die es etwa dann gibt, wenn Sie im Urlaub erkranken, gibt es hier nicht.

Habe ich auch bei flexiblen Arbeitszeiten oder Gleitzeit Anspruch auf Sonderurlaub?

Schwierig wird der Antrag auf Sonderurlaub bei Beschäftigten mit flexiblen Arbeitszeiten oder Gleitzeit. Hier ein Beispiel: Ein wichtiger Arztbesuch steht an und der einzig verfügbare Termin ist 8 Uhr morgens. Üblicherweise arbeiten Sie um 8 Uhr morgens schon, doch weil Sie Gleitzeit haben, startet die Kernarbeitszeit erst um 10 Uhr. Sie können an diesem Tag also keinen Anspruch auf Sonderurlaub geltend machen und einfach zur üblichen Zeit Feierabend machen, obwohl Sie später gekommen sind. Die verpasste Zeit müssen Sie nacharbeiten.

Muss ich den Grund für den Sonderurlaub nachweisen?

Wenn Sie Sonderurlaub beantragen wollen, kann der Arbeitgeber durchaus einen geeigneten Nachweis von Ihnen verlangen. Dabei kann es sich beispielsweise um die Urkunde vom Standesamt handeln, wenn Sie sich für die eigene Hochzeit freigenommen haben.


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