Ruhendes Arbeitsverhältnis: Definition und Rechtstipps

Elternzeit, eine unbezahlte Auszeit oder ein Streik: Es gibt viele Gründe dafür, ein bestehendes Arbeitsverhältnis zu pausieren. Doch worauf gilt es bei einem ruhenden Arbeitsverhältnis zu achten: Was passiert mit meinem Urlaubsanspruch? Kann ich gekündigt werden? Welchen Pflichten muss ich als Arbeitnehmer weiterhin nachkommen?

Autor:  Redaktion DAHAG Rechtsservices AG.

Was gilt bei einem ruhenden Arbeitsverhältnis?

Was ist ein ruhendes Arbeitsverhältnis?

Bei einem ruhenden Arbeitsverhältnis entfallen die Hauptpflichten aus dem Arbeitsvertrag auf bestimmte Zeit. In anderen Worten: Sie als Arbeitnehmer erbringen keine Leistung mehr und Ihr Arbeitgeber überweist Ihnen im Gegenzug dafür keinen Lohn mehr.

Die Nebenpflichten bleiben jedoch für beide Parteien bestehen. Das heißt, als Arbeitnehmer sind Sie unter anderem weiterhin an Ihre Treuepflicht und an das Wettbewerbsverbot gebunden, während Ihr Arbeitgeber nach wie vor seiner Fürsorgepflicht nachgehen muss.

Das Arbeitsverhältnis kann sowohl beidseitig als auch einseitig ruhend gestellt werden. So können Arbeitnehmer und Arbeitgeber beispielsweise unbezahlten Sonderurlaub oder ein Sabbatjahr aushandeln. Einseitig kann das Arbeitsverhältnis durch die Teilnahme an einem Streik oder durch die Suspendierung des Arbeitnehmers pausiert werden.

Auch gesetzliche Regelungen können das Ruhen eines Arbeitsverhältnisses nach sich ziehen. Die häufigsten Beispiele dafür sind die Elternzeit und die Teilnahme am Wehr- oder Zivildienst.

Ruht das Arbeitsverhältnis auch bei einer Erkrankung?

Bei einer Erkrankung handelt es sich nicht um ein ruhendes Arbeitsverhältnis. Zwar verrichten Sie als Arbeitnehmer keine Arbeit mehr, doch ist Ihr Arbeitgeber an die Bestimmungen aus dem Entgeltfortzahlungsgesetz gebunden und muss Ihnen daher weiterhin Lohn bezahlen. Selbst wenn nach sechs Wochen die Krankenkasse die Krankenkasse einspringt und Krankengeld zahlt, ruht das Arbeitsverhältnis nicht.

Sollten Sie jedoch eine befristete Erwerbsminderungsrente beziehen, kann es sein, dass vertragliche Bestimmungen Ihr Arbeitsverhältnis zum Ruhen bringen. So ist es beispielsweise im Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst vorgesehen (§ 33 Abs. 2 Sätze 5 und 6 TVöD).

Habe ich bei ruhend gestellten Arbeitsverhältnissen Anspruch auf Urlaub?

Das Bundesurlaubsgesetz setzt für das Entstehen des Urlaubsanspruchs lediglich zwei Bedingungen voraus:

  1. Der volle Urlaubsanspruch entsteht erst nach einer Wartezeit von sechs Monaten.
  2. Ein Urlaubsanspruch entsteht dann, wenn ein Beschäftigungsverhältnis besteht.

Da das Gesetz nicht unterscheidet, ob das zuvor erwähnte Beschäftigungsverhältnis aktiv ist oder nicht, ergibt sich auch bei ruhenden Arbeitsverhältnissen ein Urlaubsanspruch. Für Sie als Arbeitnehmer bedeutet das: Wenn Ihr Chef Sie beispielsweise unbezahlt freistellt oder gar suspendiert, sammeln Sie weiterhin Urlaubstage an. Der Grund dafür ist, dass Angestellte in einem ruhenden Arbeitsverhältnis nicht schlechter behandelt werden dürfen als „normale“ Angestellte.

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg stärkte die Rechte von Angestellten mit ruhenden Arbeitsverträgen weiter und stellte sie mit Langzeiterkrankten gleich. Demnach verfällt der Urlaubsanspruch nicht etwa zum 31. März des Folgejahres, sondern erst 15 Monate nach Ablauf des Jahres, in dem der Urlaub erworben wurde (Urteil vom 20. Juni 2017, Az. 11 Sa 2068/16).

Ein Beispiel: Sie möchten sich eine Auszeit nehmen und vereinbaren mit Ihrem Chef die unbezahlte Freistellung vom 1. Oktober 2021 bis zum 1. Januar 2024. Aus dem Jahr 2021 haben Sie einen Resturlaub von 13 Tagen. Dieser verfällt erst 15 Monate nach Ablauf des Jahres 2021, also zum 31. März 2023. In den Jahren 2022 und 2023 erwerben Sie trotz unbezahlter Freistellung Ihren vollen vertraglich vereinbarten Urlaubsanspruch von jeweils 25 Tagen pro Jahr. Die 25 Tage aus dem Jahr 2022 verfallen zum 31. März 2024, die Urlaubstage aus dem Jahr 2023 können Sie bis zum 31. März 2025 nehmen. Sollte das Arbeitsverhältnis in der Zwischenzeit beendet werden und ist es Ihnen daher nicht mehr möglich Ihren Urlaub in Form von Freizeit zu nehmen, haben Sie einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung, also die Auszahlung Ihrer verbleibenden Urlaubstage.

Doch Vorsicht: Das Gesetz schützt lediglich Ihren gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch (20 Tage im Jahr bei einer 5-Tage-Woche). Alles was darüber hinausgeht – also arbeits- oder tarifvertraglich vereinbarter Mehrurlaub – kann bei ruhenden Arbeitsverhältnissen gekürzt werden, wenn dies zuvor vertraglich vereinbart wurde. Werfen Sie am besten einen Blick in Ihren Arbeits- oder Tarifvertrag, um nachzusehen, ob die Urlaubskürzung darin vorgesehen ist.

Es gibt zwei Ausnahmen, die es Arbeitgebern erlauben, den Urlaubsanspruch bei ruhenden Arbeitsverhältnissen zu kürzen: die Elternzeit und den Wehrdienst. Gemäß § 17 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) und § 4 des Arbeitsplatzschutzgesetzes (ArbPlSchG) können Arbeitgeber den Urlaubsanspruch von Angestellten um je ein Zwölftel für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit oder des Wehrdienstes kürzen.

Kündigung eines ruhenden Arbeitsverhältnisses

Auch ein ruhendes Arbeitsverhältnis kann gekündigt werden, entschied das Bundesarbeitsgericht im Jahr 2010 (Az. 2 AZR 493/09). Dabei müssen sich Arbeitgeber an dieselben Regeln und Konditionen halten wie bei aktiven Arbeitsverhältnissen. Das bedeutet: Besteht Kündigungsschutz, ist die ordentliche und fristgemäße Kündigung nur aus betriebs-, personen- oder verhaltensbedingten Gründen möglich. Bei gravierenden Pflichtverstößen – beispielsweise wenn der Angestellte im ruhenden Arbeitsverhältnis sensible Betriebsinterna an Konkurrenzunternehmen weitergibt – kann auch eine fristlose Kündigung ausgesprochen werden.

Das BAG begründete sein Urteil damit, dass es Arbeitgeber nicht zugemutet werden kann, so lange mit der Kündigung zu warten bis das Arbeitsverhältnis nicht mehr ruht – zumal der Kündigungsgrund bis dahin wieder entfallen sein könnte. Auch gilt: Ein Angestellter mit ruhendem Arbeitsverhältnis darf zwar nicht schlechter behandelt werden als ein normaler Angestellter – aber eben auch nicht besser. Es gilt der Grundsatz der Gleichbehandlung.

Selbstverständlich heißt es aber: Was für Ihren Arbeitgeber gilt, gilt auch für Sie! Kurzum: Sind Sie mit dem Arbeitsverhältnis unzufrieden, können Sie es auch im ruhenden Zustand durch eine Kündigung beenden.

Ruhendes Arbeitsverhältnis: Erhalte ich weiterhin Vergütung?

Der Kerngedanke des ruhenden Arbeitsvertrages besteht darin, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung einstellt und der Arbeitgeber dafür keinen Lohn mehr zahlen muss. Somit steht Ihnen bei einem Sabbatjahr, einem Streik, einer Suspendierung oder anderen Formen des ruhenden Arbeitsverhältnisses keine Vergütung zu.

Etwas komplizierter wird es hingegen, wenn es um Sonderzahlungen wie Weihnachtsgeld oder Boni geht. Hier muss zwischen zwei Fällen unterschieden werden:

  1. Die Sonderzahlung stellt ein zusätzliches Arbeitsentgelt dar: In diesem Fall haben Sie keinen Anspruch auf die Zahlung.
  2. Die Sonderzahlung stellt eine Belohnung für Betriebstreue dar: Trotz ruhendem Arbeitsverhältnis gelten Sie weiterhin als Angestellter, weshalb Sie in diesem Fall einen Anspruch auf den Treue-Bonus haben.

Sollten Sie sich unsicher sein, was in Ihrem Fall zutrifft, werfen Sie am besten einen Blick in Ihren Arbeitsvertrag. Dort steht häufig, wie die Sonderzahlung zu interpretieren ist. Ist dies nicht der Fall, kann auch der Gang zum Betriebsrat für Aufklärung sorgen.

Gut zu wissen: Gehalt an Betriebsjahre geknüpft

Die Dauer des ruhenden Arbeitsverhältnisses zählt zu Ihrer Betriebszugehörigkeit dazu: Ist Ihr Gehalt also an die Jahre im Betrieb geknüpft, kann Ihr Arbeitgeber dieses nicht kürzen und darauf verweisen, dass Ihre Pause nicht angerechnet wird.


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